27.9.2013 - Gießener Anzeiger

Deutsche Bischöfe wollen Seelsorge ausweiten

Fulda (dpa) - Als Reaktion auf den jüngsten Papst-Aufruf wollen sich die katholischen Bischöfe in Deutschland mehr um die Seelsorge kümmern. Es sei wichtig, missionarisch auf die Menschen an den Rändern der Gesellschaft zuzugehen, als pilgernde und hörende Kirche, sagte Erzbischof Robert Zollitsch am Freitag in Fulda zum Abschluss der Herbstvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz. «Papst Franziskus hat uns mit seinen Aussagen sehr inspiriert.» Die deutschen Bischöfe seien ihm zutiefst dankbar für die richtungweisenden Äußerungen.

Der Pontifex hatte vor kurzem gesagt, die Kirche dürfe sich nicht länger als Moralinstanz auf heikle Fragen der Schwulen-Ehe, von Scheidung, Abtreibung oder Verhütung fixieren. Sie solle sich vielmehr allen Menschen zuwenden und Wunden heilen. Zollitsch betonte aber, dass sich die Kirche darüber hinaus weiterhin mit der bei vielen umstrittenen Sexualmoral befassen werde. Dies seien existenzielle Themen in der Gesellschaft.

In einigen drängenden Fragen, die den Gesprächsprozess betreffen, konnte die Bischofskonferenz noch keine Lösungen oder nur geringe Fortschritte vermelden. Mit dem Dialogprozess reagiert die Kirche auf die Krisen der vergangenen Jahre. Er wurde 2010 auf den Weg gebracht und ist bis 2015 geplant. Dabei soll die Kirchenspitze mit der -basis über wichtige gesellschaftliche Fragen ins Gespräch kommen.

So gibt es noch keine Lösung, wie die Kirche mit Menschen umgeht, die nach einer Scheidung wieder geheiratet haben. In Gottesdiensten etwa sind diese vom Abendmahl ausgeschlossen. Zollitsch sagte, eine Arbeitsgruppe werde im kommenden Jahr einen ersten Bericht zu dem Thema vorlegen. «Er wird einen ungeschminkten Blick auf die Realitäten enthalten und die Not zur Sprache bringen.» Es gehe um theologisch kniffelige Fragen.

Klarheit gibt es auch in der Frage des kirchlichen Arbeitsrechts noch nicht. Menschen, die für katholische Einrichtungen arbeiten und nach einer Scheidung eine zweite Ehe eingehen wollen, müssen mit der Entlassung rechnen. Nach katholischer Auffassung ist die Ehe unauflöslich, eine Heirat nach einer Scheidung nicht möglich. Der Kirche, die Barmherzigkeit predigt, war gerade im Umgang mit eigenen Beschäftigten ein unbarmherziger Kurs angelastet worden.

Zollitsch sagte dazu, man arbeite unter Mitwirkung vieler betroffener Dienstgeber, vor allem des Deutschen Caritasverbandes, an der Fortschreibung der kirchlichen Loyalitätsverpflichtungen. «Es ist zu klären, in welchem Sinn die persönliche Lebensführung im Bereich der Ehe maßgeblich ist für die kirchliche Beschäftigung und für die Identität katholischer Einrichtungen.»

In Fulda hatten die Bischöfe ihren Willen bekräftigt, mehr Führungspositionen mit Frauen zu besetzen. Eine feste Quote lehnen sie jedoch ab. Bischof Franz-Josef Bode, Vorsitzender der Pastoral-Kommission, schwebt jedoch ein Frauen-Anteil von einem Drittel in Führungspositionen vor.

Die Laienorganisation «Wir sind Kirche» kritisierte den stockenden Dialogprozess. «Bundesweit sind in den einzelnen Diözesen immer noch viel zu wenig konkrete Konsequenzen erkennbar», sagte Christian Weisner vom Bundesteam der Kirchen-Kritiker. Einige Bistümer würden sich nur wenig bis gar nicht an dem Dialogprozess mit dem Kirchenvolk beteiligen. Der Gesprächsprozess sei «dilettantisch angelegt und dümpelt vor sich».

http://www.giessener-anzeiger.de/nachrichten/politik/hessen/13481402.htm

Zuletzt geändert am 27­.09.2013