11.10.2013 - t-online.de

"Klassischer Fall von multiplem Organversagen"

Der Druck auf den umstrittenen Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst wächst. Limburg sei ein "klassischer Fall von multiplem Organversagen", sagt Sigrid Grabmeier von der katholische Reformbewegung "Wir sind Kirche" zu t-online.de.

Der Bischof müsse den Weg frei machen und der Papst ihm dabei helfen. Auch Vertreter anderer Laienorganisationen fordern Konsequenzen aus dem Fall.

Tebartz-van Elst steht in der Kritik, weil die Kosten für den Bau seines Bischofssitzes auf mindestens 31 Millionen Euro angestiegen sind. Die Staatsanwaltschaft Limburg prüft wegen der Kostenexplosion Vorwürfe der Untreue.

Am Donnerstag beantragte zudem die Staatsanwaltschaft Hamburg einen Strafbefehl gegen den katholischen Geistlichen wegen eidesstattlicher Falschaussage. Dabei geht es um Angaben des Bischofs im September 2012 zu einem Flug nach Indien.

Kritiker "weggebissen"

Bischof Tebartz-van Elst gebe sich als alleinherrschender Monarch, der nicht an Ratschläge gebunden sei, so Grabmeier. In der Vergangenheit habe er immer wieder Signale gesendet, die dies belegten. Kritik an seinem Gebaren habe er nicht angenommen, auch wohlmeinende Kritiker "weggebissen".

Nun habe Tebartz-van Elst schließlich völlig das Augenmaß verloren, so sei es zu den "schlimmen Auswüchsen" gekommen. Dies sei "umso schädlicher", als die katholische Kirche mit Amtsantritt des neuen Papstes Franziskus gerade angefangen habe, wieder Vertrauen zu genießen.

Die Frage sei: Will man, dass Bischöfe alles weiter so machen, wie sie wollen?

"Lehrstück für alle Bistümer"

"Limburg ist ein Lehrstück für alle Bistümer," sagte Grabmeier. Hier müsse es dringend neue, transparentere Regeln geben. So seien etwa die Kirchensteuergremien als Kontrollmechanismen zu schwach. Defizitär sei auch die Verwaltung der Finanzen des bischöflichen Stuhls. Diese erscheine bislang eine "Spielwiese des Bischofs", das müsse sich ändern. Dergleichen müssten die Ausgleichszahlungen des Staates an die Kirche abgeschafft werden.

Die katholische Kirche solle sich nun nicht zu lange mit Schuldzuweisungen aufhalten, rät Grabmeier. Limburg müsse nun erst einmal zur Ruhe kommen. Fehleranalyse und eine ordentliche Aufarbeitung des Falles seien nun wichtiger.

"Der Limburger Fall hat viele Wunden aufgerissen, auch bei Gläubigen, Pfarrern und Laienorganisationen," so Grabmeier. Die Kirche müsse nun Wege der Heilung, der Auseinandersetzung suchen.


ZdK-Präsident Glück: "Schwere Vertrauenskrise"

Ähnlich sieht das der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Alois Glück: "Es sind rasche Entscheidungen notwendig", sagte Glück dem "Kölner Stadt-Anzeiger". "Es darf keine lange Hängepartie werden." Das Ganze sei eine "schwere Belastung für die katholische Kirche in ganz Deutschland, " so Glück. Letztlich liege die Entscheidung in Rom.

Noch dramatischer als die dramatischen Kostensteigerungen sei die schwere Vertrauenskrise, die jetzt entstanden sei, sagte Glück. Daraus entstehe die Verpflichtung, rasch eine Klärung zu erreichen.

Thierse fordert Rücktritt

Das ZdK-Mitglied Wolfgang Thierse (SPD) äußerte sich noch deutlicher. Das Vertrauen der Gläubigen sei offensichtlich so schwer erschüttert, dass Tebartz-van Elst um der Kirche willen persönliche Konsequenzen ziehen sollte, sagte der Vizepräsident des Bundestags der Zeitung "Die Welt".

Die Kirchenbeauftragte der SPD-Bundestagsfraktion, Kerstin Griese, warf dem Bischof vor, er habe sich "völlig von der Basis der Kirche entfernt und Misstrauen gesät". Das Problem sollte spätestens nach dem Besuch von Erzbischof Robert Zollitsch in Rom gelöst werden, forderte Griese im "Tagesspiegel".

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz will kommende Woche mit Papst Franziskus über den Fall des Limburger Bischofs beraten.

AFP, cra

http://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/gesellschaft/id_65936190/franz-peter-tebartz-van-elst-klassischer-fall-von-organversagen-.html

Zuletzt geändert am 11­.10.2013