16.1.2014 - DIE ZEIT

»Wir zahlen die Zeche«

Warum informiert die Kirchenführung die Kirchenbasis nicht? Ein Einspruch gegen das Schweigen der Bischöfe

VON CHRISTIAN WEISNER

Beim Druck des neuen Gotteslobes auf zu dünnem Papier haben die deutschen Bischöfe nur vier Millionen Euro in den Sand gesetzt. Es ist kaum nachzuvollziehen, wie es dazu kommen konnte, dass eine Teilauflage eingestampft werden musste. Viel zu spät merkte man: Das verwendete Papier war so dünn, dass die Druckfarbe der Rückseiten durchschimmerte.

Nach der Pleite des Weltbild-Konzerns könnten es zweistellige Millionenbeträge sein, die die Kirche abschreiben muss. Uns Kirchensteuerzahlern tut es weh, mitansehen zu müssen, wie »laienhaft« unsere Bischöfe mit den Kirchensteuermitteln umgehen. Wir zahlen die Zeche. Aber die Kirchenbasis war in keiner Weise eingebunden, als die Bischöfe am letzten Donnerstag das Urteil über den Weltbild-Konzern fällten. Sie fühlen sich uns gegenüber zu keiner Rechenschaft verpflichtet. Transparente Kirchenfinanzen bleiben trotz der Versprechen nach der Limburger Affäre ein Fremdwort.

Angesichts des zu befürchtenden großen Arbeitsplatzverlustes sieht die Initiative »Wir sind Kirche« die Insolvenz des Weltbild-Verlages als ein verschlepptes Ende mit Schrecken. Wir haben den Eindruck, dass auch interne Differenzen zwischen den bischöflichen Gesellschaftern dazu führten, dass vorliegende Sanierungskonzepte nicht konsequent umgesetzt wurden und die geplante Umwandlung von Weltbild in eine Stiftung nicht gelang. Wenn ich zurückblicke, sehe ich eine lange Kette vertaner Chancen kirchlicher Medienpolitik: vom schnellen Einstampfen der kritischen Wochenzeitung Publik im Jahr 1971 über das Ende des Rheinischen Merkurs (der in der ZEIT aufgegangen ist), den Flickenteppich der Bistumszeitungen, die vergeblichen Pläne für einen katholischen Fernsehsender bis zur Weltbild-Insolvenz.

Ist es möglich, dass die moralisierende Debatte über pornografische Angebote in der immer beliebiger gewordenen Produktpalette von Weltbild konservativen Klerikern nur dazu diente, den kirchlichen Medienkonzern zu zerschlagen? Und bei aller grundsätzlichen Problematik kirchlichen Wirtschaftens: Warum gelang es trotz erheblicher finanzieller Unterstützung nicht, ein Wirtschaftsunternehmen nach ethischen Grundsätzen zu führen?

Immerhin hält Weltbild einen Marktanteil von etwa 20 Prozent im Buchhandelsgeschäft, ist die Nummer zwei nach Amazon und hätte ein positives Gegenmodell zu rein profitorientierten Geschäftsmodellen sein können. Ich finde es beschämend, dass die deutschen Bischöfe immer wieder für negative Schlagzeilen sorgen. Im Fall Limburg war es noch das Fehlverhalten eines einzelnen Bischofs. Jetzt werden die guten Nachrichten aus Rom über Papst Franziskus wieder durch schlechte Nachrichten aus der deutschen Provinz zunichtegemacht. Am Ende sind es doch Krokodilstränen, wenn die Kirchenführung verlauten lässt, dass man es nicht mehr verantworten könne, Kirchensteuermittel zu investieren. »Wir sind Kirche« fordert eine vollständige Transparenz der gesamten Kirchenfinanzen.

Der Autor ist einer der Sprecher der reformerischen katholischen Basisorganisation »Wir sind Kirche«

Zuletzt geändert am 16­.01.2014