26.3.2014 - spiegel.de

Rücktritt von Tebartz-van Elst: Ein Gebet zum Abschied

Von Frank Patalong

Er hatte bis zuletzt mächtige Fürsprecher im Vatikan. Doch eine Rückkehr von Franz-Peter Tebartz-van Elst in das Bistum Limburg war wohl auch für den Papst undenkbar geworden. Er hat den Rücktritt des Bischofs abgesegnet. Und begründet dies mit der Situation vor Ort.

Papst Franziskus kam am Mittwoch bei seiner Generalaudienz auf das Priesteramt zu sprechen: "Jene, die geweiht werden, sind an die Spitze der Gemeinde gestellt", sagte er. Und weiter: "Durch die Weihe widmet der Geweihte sich selbst vollständig seiner Gemeinschaft und liebt sie aus ganzem Herzen: Sie ist seine Familie. Das aber, ohne der Versuchung nachzugeben, sie als ein Eigentum zu betrachten, einen persönlichen Besitz!"

Zum Abschluss der Audienz rief Franziskus zum Gebet für jene geweihten Männer der Kirche auf, die in Schwierigkeiten seien oder "den Wert und die Frische ihrer Berufung" neu entdecken müssten.

Das Thema wird er kaum zufällig gewählt haben. Ebenfalls am Mittwoch verkündete der Heilige Stuhl, dass der Papst ein Rücktrittsgesuch von Franz-Peter Tebartz-van Elst angenommen habe. Nach Angaben des Vatikan hatte der Bischof dies bereits am 20. Oktober angeboten. In demselben Monat war Tebartz-van Elst suspendiert worden - nun ist er ein Bischof ohne Bistum.

Der Papst hatte dem wegen seines Führungsstils und des Bauskandals um die Renovierung des Limburger Bischofssitzes heftig umstrittenen Kirchenmann im Oktober eine Auszeit verordnet. Die folgenden Monate nutzten sowohl die Deutsche Bischofskonferenz als auch der Vatikan selbst für eine gründliche Prüfung des Falls.

Die erhebliche Entfremdung zwischen dem Bischof und seiner Gemeinde ist schon lange deutlich, in Limburg kam es immer wieder zu Protesten. Der Vatikan erklärte am Mittwoch, die Diözese sei durch den Skandal in eine Situation gekommen, die eine weitere "fruchtbare Ausübung" des bischöflichen Amts durch Tebartz-van Elst verhindere. Deshalb habe Franziskus den Amtsverzicht angenommen.

Bis zur Regelung der Nachfolge soll der Paderborner Weihbischof Manfred Grothe als Apostolischer Administrator die Geschäfte in Limburg führen. Tebartz-van Elst solle "zu gegebener Zeit" eine andere Aufgabe bekommen.

Die Entscheidung beendet innerkirchlichen Disput

Bis zuletzt hatten auch im Vatikan noch mächtige Fürsprecher für Tebartz-van Elst getrommelt: Neben dem Papst-Sekretär Georg Gänswein zählt dazu vor allem Kardinal Gerhard Müller, der Präfekt der Glaubenskongregation. Der stellte Tebartz-van Elst kürzlich als Opfer einer Rufmordkampagne dar: "Da gibt es offenbar Lust auf Menschenjagd", sagte er in einem Zeitungsinterview. Und: "So etwas hatten wir in Deutschland früher schon mal in einer ganz dunklen Epoche."

Der kaum kaschierte Nazi-Vergleich weckte Empörung in und außerhalb der Kirche.

Strikt gegen eine Rückkehr des Bischofs sprachen sich hingegen unter anderem die Vertreter des Limburger Priesterrats und die Laienorganisation "Wir sind Kirche" aus. Aber auch bei Amtskollegen wurde die Distanz deutlich: "Ich halte eine Rückkehr für nicht realistisch", sagte noch kurz vor der päpstlichen Entscheidung Rottenburgs Bischof Gebhard Fürst.

Der populäre Limburger Pfarrer Hubertus Janssen betonte den grundsätzlichen Charakter der Affäre: "Am Beispiel Limburg wird deutlich, dass es falsch ist, das Heil in einer hierarchischen, klerikalen Restauration zu suchen."

Ein Bauskandal, der zur Kirchenkrise wurde

Die Affäre, die als Bauskandal um verschleierte, überzogene Renovierungskosten für die Residenz des Limburger Bischofs begann, gewann im Herbst 2013 für viele Kirchenmitglieder etwas Grundsätzliches. Tebartz-van Elst stand bald stellvertretend für eine so basisferne wie reiche Kirche ohne jede Sensibilität für die Empfindlichkeiten und Bedürfnisse ihrer Mitglieder.

Bestärkt wurde das noch durch die Amtsführung des als stramm konservativ geltenden Bischofs und seinen Umgang mit dem Skandal. Nicht nur im Bistum wurde der "Tebartz-Effekt" messbar - mit teilweise sprunghaft angestiegenen Kirchenaustritten.

Bereits in den Jahren davor war Tebartz-van Elst als standesbewusster, autokratisch regierender Bischof aufgefallen. Es passte in die Zeit des deutschen Papstes Benedikt XVI., nicht aber zu der Kirche, wie sie sich der neue Papst Franziskus offenbar vorstellt. Plötzlich wirkte ein "Prunkbischof" wie ein Widerspruch zum neuen katholischen Zeitgeist einer Kirche, die die Armen wieder verstärkt in den Fokus rücken soll. Und Tebartz-van Elst galt schon vor Aufdeckung des Bauskandals als belastet - es war nicht die einzige Affäre um den Bischof.

Beim Lügen ertappt

Als der SPIEGEL im August 2012 fast beiläufig berichtete, Tebartz-van Elst sei in der ersten Klasse nach Indien geflogen, bestritt der Bischof das mit einer Falschaussage, die er später zugeben musste. Ein Verfahren gegen ihn wurde im November 2013 gegen Zahlung einer Geldauflage von 20.000 Euro eingestellt. Bei einer öffentlich geäußerten Lüge ertappt worden zu sein, trug zur Diskreditierung des Bischofs bei.

Viele hatten auch deshalb schon im Oktober 2013, als Tebartz-van Elst in Rom das Gespräch mit Franziskus suchte, ein Machtwort des Papstes erhofft und erwartet. Es blieb aus, Papst Franziskus verordnete dem Bischof zunächst eine Auszeit, die er nicht in seinem Bistum verbringen sollte. Tebartz-van Elst zog ins Kloster Metten in Bayern.

Parallel begann die kircheninterne Prüfung der Vorgänge, die zum Bauskandal von Limburg geführt hatten. Schnell wurde klar, dass die ursprünglich mit 2,5 Millionen Euro veranschlagte Renovierung wohl rund 31 Millionen Euro gekostet hatte.

Das Abzweigen der Mittel aus einer Art Schattenhaushalt, der den wahren Wohlstand des Bistums verschleierte, wurde für viele zum eigentlichen Skandal. Weil in vielen Bistümern ähnliche Strukturen existieren, geriet die katholische Kirche in Deutschland als Ganzes unter Druck, ihr Vermögen offenzulegen - ein Prozess, der noch lang nicht abgeschlossen ist.

Maßgeblicher für die Prüfung des Bauskandals durch die Deutsche Bischofskonferenz war die Frage, ob Tebartz-van Elst sich an diesen Mitteln in regelwidriger Weise bedient hatte. Am 3. März 2014 übergab die Bischofskonferenz dem Papst ihren Bericht. Er soll am Mittwochnachmittag veröffentlicht werden.

Zuletzt geändert am 27­.03.2014