23.04.2005 - ZEIT online, dpa

Papst trifft erstmals Presse in Rom

Der neue Papst Benedikt XVI. hat bei seinem ersten Zusammentreffen mit der internationalen Presse die Medienvertreter zu Verantwortungsbewusstsein und Achtung der Menschenwürde aufgerufen

Außerdem stellte er einen »offenen Dialog« mit den Journalisten in Aussicht. Deren Ziel müsse immer die »aufrichtige Suche nach der Wahrheit sein«, sagte der Papst am Samstag bei einer Audienz für 4000 Menschen im Vatikan. Fragen an den Papst waren nicht zugelassen. Joseph Ratzinger sprach neben italienisch auch deutsch, englisch und französisch. Zu seiner feierlichen Amtseinführung am Sonntag wurden mehr als 500 000 Menschen und Staatsgäste aus aller Welt erwartet.

So lange sich die Medien ihrer ethischen Verantwortung bewusst seien und die Würde des Menschen achteten, könnten sie einen »bedeutenden Dienst an der Gesellschaft leisten«, sagte Ratzinger, immer wieder von Beifall unterbrochen. Der 78-Jährige präsentierte sich bei der Audienz - vier Tage nach seiner Wahl zum Pontifex - frisch und gelöst. Ausdrücklich nannte er Johannes Paul II., der als »Medienpapst« Geschichte gemacht hatte, sein Vorbild. »Ohne jeden Zweifel war er der große Architekt dieses Dialogs«, sagte Benedikt.

»Die Möglichkeiten, die sich uns durch die modernen Mittel sozialer Kommunikation geöffnet haben, sind in der Tat wunderbar und außergewöhnlich!«, sagte der Pontifex. Er betonte aber: »Damit die sozialen Kommunikationsmittel einen positiven Dienst am Gemeinwohl leisten können, braucht es den verantwortlichen Beitrag aller und jedes einzelnen.« Alle im Medienbereich Tätigen hätten eine besondere ethische Verantwortung »hinsichtlich der aufrichtigen Suche nach der Wahrheit sowie des Schutzes der zentralen Stellung und der Würde der menschlichen Person.«

Die Audienzhalle war auch mit Vatikanmitarbeitern und Schülern gefüllt. Von dort erschallte immer wieder der rhythmische Ruf: »Be- ne-de-tto«. Flankiert von zwei Schweizer Gardisten mit Hellebarden nahm Benedikt XVI. auf einer Art weißem Thronsessel Platz, den schon sein Vorgänger bei den wöchentlichen Audienzen benutzt hatte. Ratzinger war anzusehen, dass ihm der spontane Jubel gefiel.

Unterdessen gehen die Spekulationen über die Besetzung von Ämtern im Vatikan weiter. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Karl Kardinal Lehmann, hat im WDR-Fernsehen Berichte zurückgewiesen, er werde an die Kurie nach Rom berufen. »Das gehört zu den vielen Enten und Spekulationen dieser Tage, die nicht aufhören. Ich weiß von nichts, ich lese das nur in der Zeitung«, sagte Lehmann einem Kamerateam des Westdeutschen Rundfunks in Rom. Das Interview sollte am Samstagabend im WDR gesendet werden.

Die »Bild«-Zeitung (Samstag) hatte berichtet, dass Lehmann wahrscheinlich als Kurienkardinal nach Rom gehen werde. Das Blatt berief sich dabei auf Kirchenkreise. Bis Montag wolle der Mainzer Bischof entscheiden, ob er dem Ruf nach Rom folge. Der 68-Jährige Lehmann galt bisher innerhalb der katholischen Kirche als Reformer und Kritiker Ratzingers.

Zur Amtseinführung des Papstes am Sonntag auf dem Petersplatz sind in Rom massive Sicherheitsvorkehrungen angeordnet. Der Luftraum über dem Vatikan ist gesperrt, Abwehrraketen sind in Stellung gebracht, Aufklärungsflugzeuge im Einsatz. Allein 100 000 Menschen aus Deutschland werden zu der Zeremonie erwartet. Während der über zweistündigen Messe werden Benedikt XVI. die Insignien der päpstlichen Macht überreicht - das Pallium und der Fischerring.

Unter den 200 Staatsgästen aus aller Welt sind auch Bundespräsident Horst Köhler, Bundeskanzler Gerhard Schröder und Spaniens König Juan Carlos. Der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber reist mit einer 120-köpfigen Delegation an. Der Bruder von US-Präsident George W. Bush, der Gouverneur von Florida, Jeb Bush wird die US-Delegation leiten. Jeb Bush ist Katholik, während sein Bruder George Methodist ist.

Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel hält die große Anteilnahme an der Wahl des neuen Papstes für eine Aufforderung, sich stärker auf christliche Werte zu besinnen. Grund für die wachsende »Sehnsucht nach Maßstäben und Werten« sei das Zusammentreffen verschiedener Kulturen im Zuge der Globalisierung, sagte sie in einem Gespräch mit der »Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung«.

Papst Benedikt XVI. muss die katholische Kirche nach Ansicht der Reformbewegung »Wir sind Kirche« mehr für Frauen öffnen. Dies könne »schrittweise« geschehen, etwa indem Frauen Diakoninnen werden dürften, sagte Sprecher Christian Weisner in einem dpa-Gespräch in Hannover. »Wenn die katholische Kirche von heute auf morgen, ohne Vorbereitung, Priesterinnen am Altar zuließe, könnte dies im Extremfall sogar zu einer Kirchenspaltung führen. Aber der bisherige Ausschluss der Frauen von jeglicher Weihe, das ist biblisch nicht begründbar.«

Zuletzt geändert am 14­.12.2006