April 2015 - Kirche In (Kolumne „Unzensiert“)

Öffnet die Schubladen!

Es hat große Erwartungen im Kirchenvolk geweckt, dass Papst Franziskus vor Beginn der ersten Familien-Synode dafür gesorgt hat, dass nicht, wie sonst üblich, nur die Bischöfe, sondern das ganze Gottesvolk befragt worden ist. Statt Entscheidungen „von oben“ zu fällen, wählt Franziskus bewusst den synodalen Weg. Das zeigten auch die lebhaften Debatten innerhalb und außerhalb der Synodenaula bei der ersten Sitzungsperiode im Oktober 2014 in Rom.

Aber ist es jetzt mit der Öffnung der amtskirchlichen Scheuklappen schon wieder vorbei? Der neuerliche Fragebogen für die zweite Synode im Oktober 2015 hat viele irritiert und frustriert. Wozu überhaupt ein neuer Fragebogen und dazu noch mit so sperrigen, lebensfremden Fragen?

Eigentlich hatten die Bischöfe ja schon am Ende der ersten Synode den Auftrag mit auf den Weg bekommen, in den Ortskirchen konkrete Lösungsvorschläge für die zweite Familien-Synode zu entwickeln, und zwar mit „allen Gliedern der Teilkirchen“, wie es ausdrücklich im Vorbereitungspapier „Lineamenta“ für die kommende Synode heißt. Doch die deutschen Bischöfe haben Monate ungenutzt verstreichen lassen. Erst Anfang Februar ließen sie in einer übereilten Aktion den sperrigen zweiten Fragebogen aus Rom mit viel zu kurzen Rückmeldefristen ins Internet stellen. Auch die Gremien und theologischen Fakultäten wurden erst dann eingebunden. Wirkliche Beteiligung sähe anders aus.

Doch wenn schon nicht der „sensus fidelium“ gefragt ist, wie es die Theologenkommission der Glaubenskongregation in Rom kurz vor Synodenbeginn klargestellt hat, sollten sich die Bischöfe wenigstens an ihre eigenen Synodenbeschlüsse erinnern, diese aus den Schubladen holen und jetzt nach Rom schicken. Die Pastoral geschiedener Wiederverheirateter war bereits Ende der 1970-er Jahre eines der drängendsten Probleme auf der Würzburger Synode, der Dresdner Synode sowie auf den darauf folgenden Diözesansynoden und diözesanen Konsultationsprozessen. Doch kam ein Votum an den Vatikan oder an die Bischofskonferenz zustande, erfolgte damals in der Regel keine Antwort oder ein negativer Bescheid. Das sollte sich jetzt unter Franziskus ändern: „Löscht den Geist nicht aus!“

Christian Weisner
Wir sind Kirche Deutschland
www.wir-sind-kirche.de

Zuletzt geändert am 18­.03.2015