11.9.2015 - Main-Post

In Würzburg endet der Gesprächsprozess der Bischöfe: Eine erste Bilanz

or fünf Jahren starteten die deutschen Bischöfe den überdiözesanen Gesprächsprozess „Im Heute glauben“. In Würzburg wird er an diesem Freitag und Samstag offiziell beendet unter dem Titel: „Wo Gott ist, da ist Zukunft“. Innerhalb der Diözese Würzburg jedoch ist der Dialog mit den Gläubigen nicht vorbei. „Wir treffen uns im nächsten Jahr und legen fest, wo wir weitere Schwerpunkte setzen“, sagt Generalvikar Thomas Keßler und betont: „Das ist unser Doppelpunkt.“ Keßler spielt damit auf eine Aussage von Osnabrücks Bischof Franz-Josef Bode im Vorfeld des Abschlusstreffens an. Bode, Mitglied der bischöflichen Steuerungsgruppe des Gesprächsprozesses, möchte ebenfalls in Würzburg einen Doppelpunkt setzen – also keinen Schlusspunkt. Dennoch wird in Würzburg Bilanz gezogen und laut Programm ein Abschlussbericht verfasst.

Die vorläufige Bilanz von Generalvikar Keßler für die Diözese Würzburg lautet: „Es war kein einfacher Weg.“ Sein Fazit fällt positiv aus: „Es ist in die Gemeinden Bewegung hineingekommen.“

Das sieht auch Monika Albert so. Sie ist die Leiterin der Projektstelle Dialogprozess im Bistum Würzburg und war von Anfang an dabei. Sie erinnert sich, dass es bei den Gläubigen anfangs höchst unterschiedliche Erwartungen gab. „Die einen meinten, es sei doch alles schon gesagt worden, was das überhaupt solle“, so Albert. Dies sei eine Reaktion auf den ersten Dialogprozess „Wege suchen im Gespräch“ in den 1990er Jahren gewesen, der von Bischof Paul-Werner Scheele ins Leben gerufen wurde. „Damals sind viele gute Papiere entstanden, aber es ist viel auf der Papierebene geblieben.“ Auf der anderen Seite erlebte Monika Albert eine große Zustimmung von Menschen, die ihr zum Start des Dialogprozesses gesagt haben: „Endlich, wir machen mit!“

Innenblick statt Außenblick

Es gab für die Dialogprozessbeauftragte auch eine große Überraschung: Den Gläubigen im Bistum Würzburg war ein „Innenblick“ wichtig, zum Beispiel über die Frage: „Wie kommen wir mit Menschen über unseren Glauben ins Gespräch?“ Auch die immer weniger besuchten Gottesdienste und kleiner werdenden Gemeinden seien Problempunkte, die bis heute stark bewegen.

„Die Kirche hat nicht mehr die Stellung, die sie noch in den 1990er Jahren hatte. Das bereitet den Menschen große Sorgen“, fasst Monika Albert zusammen. Dagegen seien „die großen Themen wie Zölibat, Stellung der Frau in der Kirche oder Sexualmoral“ nicht an erster Stelle gestanden. Dieser „Außenblick“ ist laut Monika Albert zwar versucht worden, aber nicht gelungen. Insgesamt betrachtet ist die Dialogprozessbeauftragte jedoch zufrieden: „Wir hatten im Vergleich zu anderen Diözesen eine große Beteiligung.“

Experimentierfeld Liturgie

Von guten Erfahrungen berichtet Monika Albert bei den innerhalb der Diözese angestoßenen Projekten, etwa die Erprobung ergänzender Formen von Gemeindeleitung. Auch beim „Experimentierfeld“ Liturgie habe sie viel Bereitschaft, sogar Begeisterung bei einigen erlebt. Anlass ist die immer weniger werdende Zahl der Priester. Mit „Liturgiekarten“ sollen in den Gemeinden nicht Priester ersetzt, aber die Möglichkeit gegeben werden, selbst Gottesdienste zu gestalten, zum Beispiel an Ostern und Weihnachten, bald auch für Pfingsten. Wer die „Vollform“ eines Gottesdienstes möchte, der fährt laut Monika Albert dorthin, wo die Messe gefeiert wird.

Auch Beerdigungen sind ihren Ausführungen zufolge schon seit einiger Zeit mit eigens ausgebildeten Gottesdienstbeauftragten möglich. „Wenn Gläubigen etwas zugetraut wird, dann motiviert das!“ Die Dialogprozessbeauftragte spricht von „einer ganz anderen Dynamik“, die seither in den Gemeinden zu spüren sei, von „einer anderen Form der Teilnahme“, wenn es nicht mehr nur heißt: „Der Pfarrer dort oben, wir da unten.“

Dieses sich-auf-einer-Ebene-Befinden, diese Erfahrung hat auch Generalvikar Keßler bei den vielen gemeinsamen Diskussionen auf den jährlichen Gesprächsforen gemacht, ebenso „dass wir uns nicht nur mit uns selbst beschäftigen, sondern dass wir miteinander den Auftrag haben, das Evangelium zu verkünden. Bischöfe saßen dort mit anderen Teilnehmern an einem Tisch. „Gott sei Dank gab es kein Podium – oben die Bischöfe und unten das staunende Volk Gottes.“ Dieses verstärkte Miteinander sei für ihn eine bleibende Hausaufgabe.

Anerkennungskultur

Für Monika Albert und Thomas Keßler müssen diese Experimentierfelder noch weitergehen – nicht enden. „Diese Anerkennungskultur“ wird laut Albert ja erst nach und nach „eingeübt“. Sie spricht von einem „Gestaltwandel“ in der Kirche. Die Anfänge seien gemacht, „aber noch ist es ein vorsichtiges miteinander-Umgehen“ von Haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitern. Und was der Dialogprozessbeauftragten noch am Herzen liegt, ist das „heikle“ Thema „Frauen in der Kirche“. Auch da müsste es noch weitergehen.

Für die Kirchenvolksbewegung „Wir sind Kirche“ müsste der Dialog nicht nur weitergehen, es müsste erst mal richtig anfangen. Sie hat im Vorfeld des Würzburger Abschlussforums auf ihrer Internetseite einen Brief an die Teilnehmer veröffentlicht. „Leider“ sei von einer Mehrheit der Bischöfe der anfangs ins Auge gefasste Dialogprozess „sehr bald zu einem unverbindlichen Gesprächsprozess herabgestuft worden, ein Prozess, der nur der 'Vergewisserung‘ diente und deshalb bislang nur vereinzelt zu vorweisbaren Ergebnissen geführt hat“.

Generalvikar Thomas Keßler sieht dies erwartungsgemäß anders: „Ich glaube nicht, dass die Bischöfe frei nach dem Motto gearbeitet haben: Wir beschäftigen die Gläubigen mal und dann sind sie wieder ruhig.“ Thomas Keßler spricht vielmehr von einer Gesprächskultur, die ein Stück weit gewachsen sei. „Das war keine Beruhigungspille“, so Keßler. Einschränkend meint er allerdings: „Die große Intention, mit dem Dialogprozess nach dem Missbrauchsdrama wieder Vertrauen bei den Gläubigen zu schaffen, das war zu hoch angesetzt, utopisch.“ Es bleibt also noch viel Gesprächsbedarf.

http://www.mainpost.de/regional/wuerzburg/Abschlussberichte-Bischoefe-Generalvikare-Glaeubige-Liturgie;art735,8904686

Zuletzt geändert am 11­.09.2015