16.2.2016 - Badische Zeitung

Kirche soll Flüchtlinge aufnehmen

Forderungen der katholischen Reformbewegung zur Vollversammlung der Bischöfe in Schöntal.

STUTTGART (dpa). Die Reformbewegung "Wir sind Kirche" hat von den katholischen Bischöfen mehr Engagement für Flüchtlinge gefordert. Es gebe etwa Priesterseminare, Klöster und andere Räumlichkeiten, in denen Zuwanderer unterkommen könnten, sagte Christian Weisner von "Wir sind Kirche". In der aktuellen Wanderungsbewegung müsse die katholische Kirche mit ihrer weltweiten Vernetzung noch viel mehr leisten als bisher. "Jede Gemeinde sollte eine Familie adoptieren, so wie es Papst Franziskus vorgeschlagen hat", sagte Weisner.

Die deutschen Bischöfe kamen am Montag im hohenlohischen Kloster Schöntal zu ihrer viertägigen Frühjahrsvollversammlung zusammen. Sie soll an diesem Mittwoch ein Leitbild für die katholische Flüchtlingsarbeit verabschieden. Etliche Diözesen, darunter das Bistum Rottenburg-Stuttgart als Gastgeber des Treffens, hatten angesichts sprudelnder Kirchensteuereinnahmen einen Ausbau der Flüchtlingsarbeit angekündigt.

Besonders die Kirchen seien in der Lage und Verantwortung, mit ihrer immer noch starken Bindekraft den Zuwanderern aus Konfliktherden eine Hoffnung zu geben, meinte Weisner. "Das Christentum ist eine Religion des Handelns, der Nächstenliebe", sagte er. In der aktuellen Notlage sei es notwendig, dass die Religionen zusammenarbeiten. Auch im Islam gelte das Gebot der Barmherzigkeit.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, hat die Berliner Regierungskoalition zum Zusammenhalt in der Flüchtlingskrise aufgerufen. Es gelte, gerade in "stürmischen Zeiten" zusammenzustehen und nicht gegeneinander zu arbeiten, sagte Marx in Kloster Schöntal. Die Kirche habe die große Hoffnung, dass die Politik eine Lösung finden werde. Niemand dürfe zurückgeschickt werden in eine Situation der Gewalt und der Verfolgung, mahnte Marx, der Erzbischof von München und Freising ist. Es müsse darum gehen, Fluchtursachen zu bekämpfen und den Menschen dort eine Zukunft zu geben, wo ihre Kultur und ihre Sprache zu Hause sind. Aufgabe der Kirche sei es, für Besonnenheit und "nüchterne und engagierte Nächstenliebe" einzutreten. Zugleich warnte Marx mit Blick auf fremdenfeindliche Bewegungen vor einer Polarisierung der Gesellschaft. Es gebe immer noch auch ein großes Engagement der Menschen, Notleidenden zu helfen. "Man kann immer noch mehr machen", sagte Marx zu den Forderungen der Reformbewegung. Allerdings sei in den vergangenen Monaten bereits sehr viel passiert. "Man sollte nicht in einen Anklagemodus verfallen", mahnte er.

Die Bischöfe und Weihbischöfe kommen jährlich zweimal zu Vollversammlungen zusammen. Beim Treffen im Kloster Schöntal nordöstlich von Heilbronn wollen die Geistlichen unter anderem über Fragen der Priesterausbildung und der Ökumene mit Blick auf das Reformationsgedenken 2017 beraten.

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Zuletzt geändert am 16­.02.2016