März 2016 - Kirche In (Kolumne „Unzensiert“)

Für eine Kirche der Solidarität

„Die Kirche ist den Opfern jeder Gesellschaftsordnung in unbedingter Weise verpflichtet, auch wenn sie nicht der christlichen Gemeinde zugehören.“ Dieser Satz von Dietrich Bonhoeffer aus dem Aufsatz „Die Kirche vor der Judenfrage“ von 1933 gewinnt vor dem Hintergrund der chauvinistischen Hetzattacken sich als christlich bezeichnender rechter Politiker und Politikerinnen neue, brennende Aktualität.

Insbesondere die evangelische Kirche hatte sich im 3. Reich vor den nationalsozialistischen Karren spannen lassen, aber auch Katholikinnen und Katholiken sind auf diesen aufgesprungen. Es war einfach, die Juden für die Kreuzigung Jesu knapp 2000 Jahre vorher verantwortlich zu machen. Heute geht es nicht mehr um Juden, heute geht es um eine umfassende Fremdenfeindlichkeit, einen Generalverdacht gegen Menschen auf der Flucht, die Zuflucht in Europa und Deutschland suchen, gegen den Islam an sich oder gegen Homosexuelle. Die Propagandamaschinerie läuft wie ehedem: es wird erfunden, gehetzt, gezündelt und in Brand gesteckt.

Fundamentalistisch-katholische Gruppen sind eifrig mit dabei! Wie die Publizistin Liane Bednarz in einer Studie für die Konrad-Adenauer-Stiftung nachwies, werden schon seit Jahren Allianzen geschmiedet. Im sich bisher sehr papsttreu gebenden „Forum Deutscher Katholiken“ sind einige dieser Gruppen vertreten. Die Papsteuphorie ist dort in Teilen angesichts des neuen Kurses von Papst Franziskus verflogen: zu wenig Prunk, zu wenig klerikale Selbstverliebtheit, zu viel Barmherzigkeit und zu viel Demut.

Nicht nur der Staat, auch unsere Kirche steht vor Herausforderungen, diesen Entwicklungen am „Rechten Rand“ zu begegnen. Erzbischof Stefan Burger von Freiburg und Bischof Dr. Friedhelm Hofmann von Würzburg haben bald Gelegenheit dazu: Sie werden beim Kongress des Forums „Freude am Glauben“ im April in Aschaffenburg dabei sei. In früheren Jahren konnte man bei teilnehmenden Bischöfen immer von Sympathie gegenüber den Anliegen der Veranstaltenden ausgehen. Ich wünsche mir jedoch, im Sinne des Satzes von Dietrich Bonhoeffer, dass Burger und Hofmann, das was auf der Seite der deutschen Bischofskonferenz zu lesen ist, uneingeschränkt und deutlich vertreten: „In der öffentlichen Debatte versteht sich die Kirche als Anwältin der Flüchtlinge und Schutzbedürftigen. Die kirchlichen Verantwortungsträger setzen klare Zeichen für die Solidarität mit Flüchtlingen sowie gegen fremdenfeindliche Tendenzen und weisen beharrlich auf Missstände in der gegenwärtigen Asyl- und Flüchtlingspolitik hin.“

Sigrid Grabmeier
Wir sind Kirche Deutschland

Zuletzt geändert am 09­.03.2016