8.4.2016 - Tagesschau

Reaktionen auf Schreiben des Papstes "Es ist eine Freude"

Bischöfe, Theologen und katholische Laien haben positiv auf das Schreiben von Papst Franziskus reagiert. Es sei "eine Freude, wie der Papst über Ehe und Familie schreibt", urteilte etwa der Wiener Erzbischof Schönborn.

Aus Sicht der deutschen Bischöfe hat das päpstliche Schreiben "Amoris Laetitia" weitreichende Konsequenzen für den Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen in der katholischen Kirche. Seelsorger müssten nun in jedem einzelnen Fall die besondere Lebenssituation der Betroffenen betrachten und könnten dann über eine Zulassung zur Kommunion entscheiden, teilte die Deutsche Bischofskonferenz mit. Nur so ließe sich klären, "ob und wie in ihrer Situation Schuld vorliegt, die einem Empfang der Eucharistie entgegensteht". Der Tenor des päpstlichen Schreibens sei, niemand dürfe "ausgeschlossen werden von der Barmherzigkeit Gottes".

Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken bewertet das Schreiben als eine Chance auf Annäherung zwischen Gläubigen und Kirche. Das Wichtigste an dem Papier sei, "dass die offensichtliche Diskrepanz zwischen dem Handeln der Gläubigen in Fragen der Ehe, Partnerschaft und Sexualität und der kirchlichen Lehrverkündigung durch diesen Text abgemildert und verändert wird", sagte der Präsident des Zentralkomitees, Thomas Sternberg. Der Papst betone, dass die Nächstenliebe die wichtigste Regel für Christen sei. "Damit ist eine Position gesetzt, hinter die keine Pastoralordnung, welcher Diözese auch immer, mehr zurück kann", sagte Sternberg.

"Es ist eine Freude, was der Papst schreibt"

Der Wiener Erzbischof Christoph Schönborn sprach von einem "wunderschönen Text", der darauf abziele, alle Gläubigen - nicht nur Verheiratete - einzuschließen. "Etwas in der Sprache der Kirche hat sich verändert", sagte Schönborn. Franziskus habe einen Ton gewählt, der voller Achtung und Respekt für alle Menschen sei. "Es ist eine Freude, wie der Papst über Ehe und Familie schreibt", sagte Schönborn. Ähnlich äußerte sich der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick. Die Katholiken "dürfen Papst Franziskus sehr dankbar sein für dieses umfangreiche und theologisch, pastoral und spirituell sehr tiefgehende Schreiben", sagte Schick.

"Homosexuelle könnten mehr erwartet haben"

"Das ist wirklich ein Epochenwandel", sagte der Sprecher der Reformbewegung "Wir sind Kirche", Christian Weisner. Die Veränderungen seien tiefgreifend und auf Dauer angesetzt, "ein Mentalitätswechsel". Der Papst zeige damit, "dass die Kirche auf die Menschen zugeht und nicht nur Verbotsschilder aufstellt". Homosexuelle könnten vom Schreiben des Papstes aber mehr erwartet haben, sagte Weisner, "weil sie nur in indirekter Weise erwähnt werden und homosexuelle Lebensgemeinschaften leider nicht anerkannt sind".

Einen Schritt zu einer grundlegenden Reform der katholischen Kirche sieht der Theologe Wolfgang Beinert in dem Dokument. Die Fassade bleibe, aber es entstehe etwas ganz Neues. "Es ist ein wirkliches Reformschreiben", sagte Beinert, ein Schüler von Benedikt XVI. Wer erwartet habe, dass sich das Kirchenrecht ändere, der werde schwer enttäuscht sein. Aber Franziskus betone das Gewissen der einzelnen Gläubigen und verändere damit vieles, urteilt Beinert.

http://www.tagesschau.de/ausland/papst-liebe-reaktionen-101.html

Zuletzt geändert am 08­.04.2016