16.9.2016 - http://www.mittelhessen.de

Diese Aufgaben warten auf den Bischof

Von Mika Beuster

KIRCHE Von Altlasten wie dem Diözesanen Zentrum über Finanzstrukturen bis hin zu Gottesdienstformen

Limburg Endlich hat Limburg wieder einen Bischof: Am Sonntag, 18. September, wird Georg Bätzing ins neue Amt eingeführt. Für über 630 000 Katholiken im Bistum endet damit eine lange Zeit des Wartens. Welche Aufgaben warten auf den neuen Bischof? Ein Überblick:

Altlasten

Der künftige Bischof hatte bei einem Besuche im Bistum Limburg bereits ein vorläufiges Urteil über seine künftige berufliche Heimat gefällt: „Hier ist Leben und Bewegung drin“. Bätzing ist derzeit in Trier tätig, wo er seit 2012 als Generalvikar im dortigen Bistum wirkt. Seit Bätzing vom Limburger Domkapitel gewählt und von Papst Franziskus als Nachfolger des zurückgetretenen Franz-Peter Tebartz-van Elst benannt wurde, bereitet sich der Geistliche auf etliche Aufgaben vor. Am drängendsten sind vor allem die Altlasten, die ihm sein Vorgänger hinterlassen hat.

Eine wichtige Entscheidung hat Bätzing derweil schon vor seinem offiziellen Amtsantritt gefällt: Der Oberhirte des Bistums wird nicht in das umstrittene Bischofshaus ziehen, sondern eine im Vergleich bescheidene Wohnung am Rande der Altstadt beziehen, die bislang dem Weihbischof als Unterkunft diente. Offiziell heißt das Bischofshaus zwar Diözesanes Zentrum, der umstrittene Altbischof Tebartz-van Elst hatte aber die Kosten auch durch individuelle Wünsche auf über 30 Millionen Euro an Kirchengeldern anschwellen lassen. Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung schrieb spöttisch: „Die neue Residenz mit ihrer großkotzig Bescheidenheit simulierenden Sparkassen-Ästhetik ist wie für die Ewigkeit in den Felsen über der Lahn gefräst.“ Das Bistum wird die Räume nun für Veranstaltungen nutzen, die Bischofswohnung wird für die Verwaltung des aus allen Nähten platzenden Diözesanmuseums verwendet werden.

Vertrauen schaffen

„Jesus Christus, Heiland und Erlöser. Impulse auf dem Weg der Erlösung“ lautet ein Buch, das Bätzing 2011 veröffentlicht hat. Auf so etwas wie Erlösung warten auch viele Katholiken im Bistum Limburg. Die dunklen Wolken der skandalträchtigen Amtszeit Tebartz-van Elsts liegen noch über dem Bistum. Deutschlandweit war es in die Schlagzeilen gekommen, nicht nur wegen des 30-Millionen-Bauvorhabens, sondern auch wegen eines First-Class-Flugs in indische Slums und einem Strafbefehl gegen Tebartz-van Elst für eine Falschaussage.

Der vom Vatikan bestellte Apostolische Administrator Manfred Grothe hat seit dem Rückritt Tebartz-van Elsts 2013 einiges an Aufräumarbeit geleistet. Hier kann der neue Bischof Bätzing anknüpfen. Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) wünschte Bätzing „viel Kraft und Gottes Segen“ für das neue Amt. Die Organisation „Wir sind Kirche“ äußerte die Hoffnung auf einen „kooperativen Leitungsstil“. Im Bistum scheint man also offen für einen Wandel.

Profil entwickeln

Der neue Bischof wird einen eigenen Stil finden müssen. Während der Zeit Tebartz-van Elsts wurde oft von seinen Kritikern an die Amtszeit dessen Vorgängers, Bischof Franz Kamphaus, erinnert. Der als bescheiden auftretende Geistliche beeindruckt noch bis heute viele Gläubige im Bistum. Von liberalen Katholiken wird ihm seine Haltung zur Schwangerschaftskonfliktberatung hoch angerechnet, er stellte sich gegen die offizielle Haltung des Vatikan. Doch auch zu Zeiten Kamphaus’ wurden umstrittene Entscheidungen getroffen. Freunde Tebartz-van Elsts machen darauf aufmerksam, dass wichtige Strukturreformen zwar von Tebartz-van Elst umgesetzt wurden, sie aber unter seinem Vorgänger beschlossen worden seien – Tebartz-van Elst hingegen die negativen Schlagzeilen geerntet habe.

Strukturreform

Etwa 635 000 Katholiken leben im Gebiet des Bistums Limburg. Oft ist die katholische Kirche „Juniorpartner“, wie Bätzing es im Gespräch mit dieser Zeitung ausdrückte – in vielen Teilen des Bistums sind Protestanten in der Mehrheit. Der demografischen Entwicklung – der Alterung der Gesellschaft und deren Schrumpfen – kann sich auch die katholische Kirche nicht entziehen. So werden mancherorts immer weniger Gottesdienstbesucher gezählt.

Der demografischen Entwicklung kann sich auch die katholische Kirche nicht entziehen

Das Bistum hat schon vor Tebartz-van Elsts Amtszeit angefangen, sich Gedanken über eine Neugliederung der Verwaltungseinheiten und Pfarrgebiete zu machen. Vieles ist während seiner Amtszeit angestoßen worden. Einiges stieß dabei zwar auf Kritik, etwa, dass es nun größere Pastorale Räume gibt. Hier wartet die Aufgabe auf den neuen Bischof, den Reformprozess fortzusetzen und dabei möglichst einen Ausgleich der Interessen zu finden: Sparzwang in oft schrumpfenden Gemeinden einerseits, der Wunsch nach einem möglichst dichten und flächendeckenden Netz seelsorgerischer und kirchlicher Geborgenheit andererseits.

Beachtliche Konflikte gab es unter Bätzings Vorgänger um die Ordnung der Finanzen im Bistum. Ein großer Teil der Finanzplanung lag im Dunklen. Zum Teil liegt dies an der komplizierten Rechts- und Finanzarchitektur der katholischen Bistümer in Deutschland, die sich auch aus historischen Gründen ergeben haben. So ist der reguläre Etat des Bistums öffentlich, der rechtlich unabhängige Bischöfliche Stuhl ist jedoch nicht verpflichtet, Auskunft über sein Vermögen zu geben.

Wie diese Gelder in Limburg verwendet wurden, kann bislang getrost als intransparent bezeichnet werden. Tebartz-van Elst baute gegen Ende seiner Amtszeit die Entscheidungswege so um, dass er nicht mehr gegenüber dem Domkapitel Rechenschaft pflichtig war, sondern nur seiner rechten Hand, dem Generalvikar, und einem von ihm gebildeten Vermögensverwaltungsrat.

Grothe hat diese undurchsichtige Struktur mittlerweile zerschlagen und die Finanzaufsicht im Bistum für alle Teilbereiche auf neue Füße gestellt. Gute Voraussetzungen für den neuen Bischof, Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen.

Glauben

Eine weitere Herausforderung wartet auf Bischof Bätzing. Diese liegt allerdings auf dem Gebiet, in dem er seine Kernkompetenz verorten dürfte: dem Theologischen. „Menschen zusammenbringen“ ist ein Leitspruch, dem Bätzing sein Wirken im Bistum widmen will. Im Bistum Trier sind derzeit unter seinem „Noch-Chef“ Bischof Stephan Ackermann weitreichende Reformen eingeleitet worden, die Bätzing als Ackermanns rechte Hand begleitet. Die Sonntagsgottesdienste werden vielgestaltiger. So wird es in Trier auch nicht-eucharistische Formen wie „Wort-Gottes-Feiern“ oder Tagzeitenliturgie geben, die vermehrt von Laien geleitet werden sollen.

Tebartz-van Elst wurde von Kritikern vorgeworfen, einen Hang zu pompösen Gottesdiensten zu haben, die nicht beim Kirchenvolk ankamen. Hier kann sich Bätzing also vom Vorgänger absetzen.

GESELLSCHAFT

Ein konservatives kirchliches Profil hat Tebartz-van Elst versucht während seiner Amtszeit zu schärfen, unter seinem Nachfolger dürfte es einen Schwenk zurück in Richtung Mitte der Gesellschaft geben. In Trier hat er an Reformen mitgewirkt, die das kirchliche Augenmerk künftig auch auf Wiederverheiratete, Patchwork-Familien und gleichgeschlechtliche Paare richten soll. Während viele in Limburg einen solchen Schwenk begrüßen dürften – nicht alle werden begeistert sein. Tebartz-van Elst hat noch immer Befürworter. Sie hatten den konservativeren Kurs seinerzeit begrüßt. Es bleibt abzuwarten, ob Bätzing der Spagat gelingt, die ehemaligen Anhänger das Altbischofs zu überzeugen, seinen neuen Weg mitzugehen.

Ökumene

Der Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN), Volker Jung, hat die Besetzung des Bischofsstuhls in Limburg mit Bätzing begrüßt. „Wir sind mit dem Bistum Limburg glücklich, dass eine aufreibende und schwierige Zeit des Wartens nun endlich beendet ist“, sagte Jung.

Er freue sich auf die Zusammenarbeit mit einem katholischen Theologen, der „die Region gut kennt“ und der sich bisher in Trier bereits für ökumenische Belange beispielsweise bei der sogenannten Heilig-Rock-Wallfahrt starkgemacht habe, sagte Jung.

Das katholische Bistum Limburg

Das 1827 gegründete Bistum Limburg erstreckt sich größtenteils auf Hessen, zu einem kleinen Teil auf Rheinland-Pfalz. Es zählt rund 635 000 Katholiken, die im Durchschnitt etwa ein Viertel der Bevölkerung ausmachen. Bezirke sind neben Limburg auch Wetzlar, Lahn-Dill-Eder und Westerwald. Nach dem Amtsverzicht des bisherigen Bischofs Franz Kamphaus 2007 wurde 2008 dessen Nachfolger Franz-Peter Tebartz-van Elst in sein Amt eingeführt. Am 26. März 2014 wurde von Papst Franziskus dem Amtsverzicht von Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst vom 20. Oktober 2013 stattgegeben und als Apostolischer Administrator Manfred Grothe, Weihbischof im Erzbistum Paderborn, ernannt. Am 1. Juli 2016 wurde Georg Bätzing zum neuen Limburger Bischof ernannt. Bischofsweihe und Amtseinführung finden am Sonntag ab 15 Uhr im Limburger Dom statt.

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Zuletzt geändert am 16­.09.2016