7.9.2016 - Publik-Forum

Nötig ist eine deutsche Synode

von Gerhard Ludwig Endres

Vor fünf Jahren hat die katholische Kirche in Deutschland nach dem Missbrauchsskandal einen mehrjährigen Gesprächsprozess gestartet, der 2015 abgeschlossen wurde. Was hat das gebracht? Und wie könnte es weitergehen? Eine Tagung suchte nach Antworten

Dialogprozesse ermüden. Reflexionen über Dialogprozesse noch mehr. Bei einer Tagung der Deutschen Bischofskonferenz über Ergebnisse des 2011 begonnenen Dialogprozesses »Im Heute glauben« waren nur zwei Bischöfe unter den knapp 150 Teilnehmern vertreten. Auch die Teilnahme von Laienvertretern aus den Diözesen ist noch steigerungsfähig. Zwei Tage lang diskutierte man in Mühlheim über Ergebnisse und Weiterentwicklungen. Doch viel mehr als vage Hoffnungen und allgemeine Beschwörungen gab es nicht.

»Warum musste es erst zum Missbrauchskandals im Jahre 2010 kommen, um eine Gesprächskultur sowohl in der Bischofskonferenz wie auch mit den Gläubigen zu entwickeln?«, fragte Christian Weisner, Mitglied des Bundesteams von Wir sind Kirche. Er forderte, das Zeitfenster durch den Freiraum des Pontifikats von Papst Franziskus schnell zu nutzen, um verbindliche Veränderungen zu erreichen, die »nicht so schnell wieder ausgehebelt werden können.« Laienvertreter seien jetzt gefordert, die Reformen voranzutreiben und konkrete Mitwirkungsrechte in den Diözesen zu erreichen, meinte er.

Noch längst nicht in allen Bistümern gibt es wirkliche Mitbestimmung der Laien. Auch die Gesprächskultur ist unterschiedlich entwickelt. »Synodalität ist der Weg der Kirche im dritten Jahrtausend«, sagt Papst Franziskus. Davon ist die deutsche Kirche noch ein gutes Stück entfernt.

Es gibt hoffnungsvolle Signale

Aber es gibt hoffnungsvolle Signale. Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck fiel durch ein bemerkenswertes Statement auf. Die Kirche ist Teil der schwierigen und komplexen Welt. Und sie braucht diese Welt als Treibmittel in ihrem Alltag. Das bedeute konkret: Auch innerhalb der Kirche gibt es ambivalente, nicht eindeutig zu entscheidende Spannungen. Und diese Spannungen sind mitunter pragmatisch auszuhalten und nicht in eine »Entweder-oder-Situation« zu treiben, die dann wieder ausschließend wirkt. Solche Überlegungen hätte man früher als »Relativismus« oder als »Verdunkelung« der katholischen Lehre gegeißelt.

Thomas Sternberg, der Vorsitzenden des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), drückte aufs Tempo. Die immer wiederkehrenden Reformforderungen sollten so rasch wie möglich abgearbeitet und wenn möglich umgesetzt werden. Dazu soll die Zusammenarbeit zwischen Bischofskonferenz und ZdK ausgebaut und werden. Hilfreich ist sicher, dass die Chemie zwischen Kardinal Reinhard Marx, dem Konferenzvorsitzenden, und Sternberg stimmt. Beide haben ja jahrelang als Akademiedirektoren zusammengearbeitet.

Der Traum von einer bundesweite Synode, die auch kirchenrechtlich verbindliche Beschlüsse fassen kann, ist aber ohne Unterstützung der Bischöfe nicht möglich. Die hohe Hürden sind im Kirchenrecht von 1983 formuliert. Soll dieses Projekt also gelingen, müssten alle Diözesen zuerst entsprechende synodale Strukturen in ihren Territorien entwickeln – und dann müssten die deutschen Bischöfe beim Vatikan für eine bundesweite Synode kämpfen.

Einig war man sich, dass man nie mehr in jene lähmende Frontstellung von 1993 zurückfallen möchte. Damals hatte das ZdK beim Streit um die unterschiedlichen Wege in der Schwangerschaftskonfliktberatung eine Dialogverweigerung seitens der Bischöfe festgestellt. Das Trauma der zehnjährigen Auseinandersetzung, ausgelöst durch das Nein aus Rom, führte nicht nur zu einer Demütigung vieler engagierter Laien, sondern auch von einigen Bischöfen, die sich ebenfalls nicht ernstgenommen fühlten. Spaltungen, Stillstand und Verhärtungen waren die Folge.

Zumindest über diese Eiszeit ist man hinweg.

Dieser Text stammt von der Webseite https://www.publik-forum.de/Religion-Kirchen/noetig-ist-eine-deutsche-synode des Internetauftritts von Publik-Forum

Zuletzt geändert am 07­.10.2016