22.2.2018- Kölnische Rundschau / DPA

Jahrzehntelanger Streit. Katholische Kirche gibt gemeinsames Abendmahl frei

Ingolstadt. Nach jahrzehntelangem Zwist um ein gemeinsames Abendmahl von Katholiken und Protestanten haben sich die deutschen katholischen Bischöfe zu einer Mini-Reform durchgerungen.

Bei ihrer Vollversammlung in Ingolstadt beschlossen sie am Donnerstag, dass Ehepaare unterschiedlicher Konfessionen künftig im Einzelfall gemeinsam an Eucharistiefeiern teilnehmen dürfen. Die Entscheidung werde vor Ort in den Gemeinden getroffen, sagte der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, zum Abschluss der Bischofskonferenz in Ingolstadt.

Jede Teilnahme bleibt Einzelfallentscheidung

Die Diskussion über ein gemeinsames Abendmahl ist seit Jahrzehnten ein Aufregerthema zwischen Katholiken und Protestanten. Viele konfessionsverschiedene Ehepaare fordern schon lange eine Reform - bislang konnten Protestanten bei den Katholiken quasi nur unter der Hand am Abendmahl teilnehmen. Künftig soll dies also auch ganz offiziell möglich sein - aber nur im Einzelfall und unter Auflagen. Marx betonte, jeder Fall müsse für sich betrachtet werden, bei der Reform handele sich um keine generelle oder „dogmatische“ Lösung.

Dennoch wird der Beschluss der Bischofskonferenz als Zeichen in Richtung Ökumene gewertet, angesichts der schrumpfenden Relevanz von Kirche letztlich auch als praktischer Schritt hin zu den Menschen, die im Glauben verwurzelt sind. Marx selbst begründete die Entscheidung auch mit dem hohen Anteil „konfessionsverschiedener Ehen und Familien in Deutschland“, bei denen die katholische Kirche eine herausfordernde und dringende pastorale Aufgabe erkenne.

Gefährdung der Ehe soll ausgeschlossen werden

In den kommenden Wochen werde eine detaillierte Handreichung für Seelsorger und Eheleute veröffentlicht, kündigte der Münchner Kardinal an. Diese Orientierungshilfe gehe im Kern davon aus, dass in konfessionsverschiedenen Ehen im Einzelfall das geistliche Verlangen nach dem gemeinsamen Empfang der Kommunion so drängend sein könne, dass es eine Gefährdung der Ehe und des Glaubens der Ehepartner nach sich ziehen könne, es nicht zu stillen. Um ein solches Bedürfnis festzustellen, müsse allerdings vorab eine „reifliche Prüfung in einem geistlichen Gespräch mit dem Pfarrer oder einer mit der Seelsorge beauftragten Person“ erfolgen.

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) begrüßte den Beschluss als „wichtigen Schritt auf dem Weg der Ökumene“. „Für Menschen, die nicht nur ihren Glauben an Jesus Christus, sondern auch ihr Leben miteinander teilen, stellt das eine echte Erleichterung dar“, sagte der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm.

Kritik von „Wir sind Kirche“

Die reformorientierte Laienorganisation „Wir sind Kirche“ kritisierte den Beschluss dagegen als nicht weitgehend genug. Die vielen Auflagen verwässerten den Ökumene-Gedanken, sagte „Wir sind Kirche“-Sprecher Christian Weisner der Deutschen Presse-Agentur. Er kritisierte auch, dass die Bischöfe nicht zu einem einstimmigen Beschluss in der Sache gekommen waren - Marx hatte von einer großen Mehrheit, aber auch einzelnen Gegenstimmen berichtet. „Einige Bischöfe nehmen das Kirchenrecht immer noch ernster als alle Ermutigungsversuche von Papst Franziskus in Sachen Ökumene“, sagte Weinser. „Da wird teils über speziellste Fragen gerungen, während sich die Welt weiterdreht.“ (dpa)

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Zuletzt geändert am 24­.02.2018