23.5.2018 - Neue Westfälische

Exorzismus im Erzbistum Paderborn immer noch gefragt

Immer noch erhält das Erzbistum Paderborn Anfragen von Menschen, die um eine Teufelsaustreibung bitten. Das weckt Erinnerungen an ein spektakuläres Eingeständnis im Mai 2008

Paderborn. Seltene Offenheit: Vor genau zehn Jahren bestätigte das Erzbistum Paderborn, dass es zwischen 2000 und 2008 drei Exorzismen genehmigt hatte. Solche Teufelsaustreibungen sind auch weiterhin gefragt, wie eine NW-Anfrage ergeben hat.

Zehn Personen haben seit damals den sogenannten „Befreiungsdienst" nachgefragt, teilte das Erzbistum mit – das macht einen Exorzismus-Wunsch pro Jahr. Allerdings soll es in diesem Zeitraum keine Austreibungen gegeben haben. „Ein Exorzismus und somit das große Befreiungsgebet der Kirche ist in keinem Fall durchgeführt worden", sagte Pressesprecher Thomas Throenle.

Erlaubnis des Erzbischofs

Er erläutert das Verfahren im Erzbistum, wenn es zu einer Anfrage kommt: „Durch das Kirchenrecht ist festgelegt, dass die Beauftragung eines Seelsorgers zu einem Befreiungsdienst einer besonderen und ausdrücklichen Erlaubnis durch den Paderborner Erzbischof bedarf."

In Paderborn sei folgender Ablauf der Standard: Nach dem Erstkontakt suche ein Priester des Erzbistums das Gespräch mit dem Anfragenden, um sein Anliegen zu klären. Dabei werde auch eine seelsorgliche Begleitung angeboten. Eine eindeutige medizinisch-psychologische Stellungnahme müsse vorliegen, ehe der Erzbischof im Einzelfall gegebenenfalls seine Erlaubnis zum Befreiungsdienst erteilt.

Damit sollen Borderline-Erkrankungen und Wahnvorstellungen ausgeschlossen werden. Dies war demnach bei den zehn Anfragen der vergangenen zehn Jahre der Fall. Stattdessen werden die jeweiligen Personen „zur Inanspruchnahme medizinischer oder psychotherapeutischer Hilfe ermutigt", sagt Throenle. Mit der öffentlichen Bestätigung von durchgeführten Exorzismen hatte das Erzbistum 2008 mit einem Tabu gebrochen.

Nur noch wenig genehmigte Exorzismen

Es hatte die Austreibungen – die letzte erfolgte demnach 2003 – als einzige von 27 deutschen Diözesen zugegeben. Zuvor waren die Fälle stets mit größter Diskretion behandelt oder einfach dementiert worden. Ein Grund dafür war der Tod der 23-jährigen Religionspädagogikstudentin Anneliese Michel, die 1976 nach fast 70 versuchten Teufelsaustreibungen gestorben war. Der Fall hatte damals bundesweit für Aufsehen gesorgt und innerkirchliche Konsequenzen nach sich gezogen: Seitdem gab es in Deutschland nur noch wenige genehmigte Exorzismen, außerdem wurde der angewandte Ritus später unter anderem dahingehend überarbeitet, dass er das Hinzuziehen eines Arztes erforderlich machte.

Die bekannt gewordenen Paderborner Fälle lösten im Mai vor zehn Jahren dementsprechend ebenfalls Empörung aus. Deutliche Kritik kam nicht nur von der Reformbewegung „Wir sind Kirche" und Eugen Drewermann sondern auch von Ärzten. Laut Erzbistum handelte es sich bei den Symptomen, unter denen die Betroffenen litten, um Phänomene aus dem Bereich der Parapsychologie, sagte der damalige Pressesprecher Ägidius Engel im Jahr 2008 der NW und nannte als Beispiele „Hautausschlag, an Wänden hochgehen oder in fremden Sprachen sprechen". Für einen der durchgeführten Exorzismen lag damals eine Heilungsbestätigung vor.

 

Information

Bischofskonferenz weiß von nichts

Zwei Paderborner Priester sollen damals zugegeben haben, auch nicht genehmigte Teufelsaustreibungen vorgenommen zu haben. Seitdem ist so etwas jedoch nicht mehr bekannt geworden. „Von nicht genehmigten Exorzismen im Erzbistum Paderborn haben wir keine Kenntnis", teilte die Pressestelle auf Nachfrage mit. Die katholische Bischofskonferenz verfügt über keine bundesweite Übersicht von Teufelsaustreibungen. „Uns liegen keine Zahlen oder Informationen zu Exorzismen vor", hieß es aus der Pressestelle.

http://www.nw.de/lokal/kreis_paderborn/paderborn/22146730_Erzbistum-Paderborn-Ein-Exorzismus-Wunsch-pro-Jahr.html

Zuletzt geändert am 26­.05.2018