6.9.2018 - Lausitzer Rundschau

Richtungsstreit in der katholischen Kirche. Görlitzer Bischof unterstützt Papst Franziskus

Görlitz/Rom. An der Spitze der katholischen Kirche tobt ein Richtungsstreit. Erstmals hat ein Bischof sogar den Rücktritt des Papstes gefordert. Aus Görlitz erhält Franziskus hingegen Zuspruch. Von Bodo Baumert
 
„Papst Franziskus ist derzeit in großer Bedrängnis“, sagt Bischof Wolfgang Ipolt, Ordinarius der Diözese Görlitz und damit der meisten Lausitzer Katholiken. „Ich kann dem Papst jetzt nur Starkmut und Zuversicht wünschen für seinen so wichtigen Dienst der Leitung“, fügt Ipolt hinzu und folgt damit einem Aufruf der katholischen Reformbewegung „Wir sind Kirche“. Diese hatte Anfang der Woche die deutschen Bischof aufgefordert, sich öffentlich an Franziskus' Seite zu stellen und sich mit aller Kraft „für die weitere Aufklärung sexualisierter klerikaler Gewalt auf allen Ebenen“ einzusetzen.

Hintergrund ist ein Machtkampf rund um den liberalen und den Menschen zugewandten Pontifex in Rom. Dessen Reformbemühungen sind konservativen Kräften schon länger ein Dorn im Auge. Nun ist es rund um den Missbrauchsskandal in den USA zum offenen Streit gekommen.

Der ehemalige US-Botschafter des Vatikans, Carlo Maria Viganò, hat Franziskus beschuldigt, Missbrauchsvorwürfe gegen den ehemaligen US-Kardinal Theodore McCarrick jahrelang ignoriert zu haben. Der italienische Erzbischof Viganò forderte den Papst deshalb zum Rücktritt auf – in der katholischen Kirche, in der die Unfehlbarkeit des Papstes als Stellvertreter Gottes auf Erden Gesetz ist, ein ungeheuerlicher Vorgang. Viele Beobachter sehen darin eine Kampagne ultrakonservativer Kirchenmänner gegen Franziskus.

„Man wirft ihm vor, er würde nicht konsequent genug durchgreifen in der Kirche, vor allem im Hinblick auf den Missbrauch an Minderjährigen durch Priester. Es ist einfach, den Rücktritt des Papstes zu fordern, wenn andere – Bischöfe und Priester – schwere Fehler gemacht haben oder weggeschaut haben“, sagt der Görlitzer Bischof Ipolt.

Wenn jemand während seines Pontifikates immer wieder zu Buße und Umkehr aufgerufen habe, dann sei es Papst Franziskus gewesen. „Dieser Papst wird geliebt, weil er unkompliziert den Menschen zugewandt ist – dabei wird aber manchmal vergessen, dass er als Stellvertreter Christi ebenso auch dem Herrn zugewandt ist und seine Anliegen vertritt. Ich wünschte mir, dass dies von manchem Kritiker mehr gesehen würde. Dann würden vielleicht auch seine Worte zur Umkehr ernster genommen als bisher“, so Ipolt.

(mit dpa)

 

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Zuletzt geändert am 06­.09.2018