27.9.2018 - Domradio.de

Kritische Reaktionen auf Maßnahmenkatalog der Bischöfe: "Noch kein historischer Wendepunkt"

Der von den katholischen Bischöfen vorgelegte Katalog mit Maßnahmen gegen Missbrauch hat kritische Reaktionen hervorgerufen. Nicht nur der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung reagierte mit Zurückhaltung.

Einen historischen Wendepunkt, an dem sich die katholische Kirche befinde, habe er noch nicht erkennen können, sagte Johannes-Wilhelm Rörig in Berlin. Er hätte einen konkreten Fahrplan für eine Umsetzung von Maßnahmen erwartet.

Ernst der Lage erkannt

Rörig schlug vor, dass die Bischöfe einen solchen Fahrplan vor dem von Papst Franziskus im Februar anberaumten Welttreffen der Vorsitzenden der Bischofskonferenzen zum Thema Missbrauch vorlegen. Zugleich betonte er, die Bischöfe hätten inzwischen aber "den Ernst der Lage" erkannt. Sie sollten nun zügig das Gespräch mit Betroffenen suchen.

Rörig kündigte an, er selbst wolle in den kommenden Wochen das Gespräch mit Innen- und Justizministerium sowie dem Bundestag suchen, um gemeinsam zu überlegen, wie die katholische, aber auch die evangelische Kirche bei der Aufarbeitung unterstützt werden könnten.

Der katholische Theologe und Psychotherapeut Wunibald Müller drang auf rasches Handeln. "Wir müssen nicht noch bis zum Sankt-Nimmerleinstag weiter erörtern, inwieweit die Sexuallehre der Kirche, das Pflichtzölibat, die negative Einstellung zur Homosexualität eine Rolle spielen beim sexuellen Missbrauch von Priestern." Die Kirche müsse jetzt Konsequenzen ziehen aus dem, "was wir schon seit Jahrzehnten wissen".

"Eckiger Tisch" enttäuscht

Die Betroffeneninitiative "Eckiger Tisch" zeigte sich enttäuscht über den Sieben-Punkte-Plan. "Diese dürftigen Ankündigen lassen uns fassungslos zurück", heißt es in einem Statement.

Die Initiative "Wir sind Kirche" erklärte, die Erklärung der Bischöfe bestehe aus Absichtserklärungen und Willensbekundungen. "Die sehr allgemein formulierte Erklärung lässt nicht konkret erkennen, wann, wie und mit wem die von dem Forschungskonsortium als notwendig erachtete konkrete Aufarbeitung der institutionellen Verantwortung der römisch-katholischen Kirche in Deutschland in Angriff genommen wird." Vor allem bleibe weiterhin unklar, ob die Bischofskonferenz sich auf ein einheitliches und gemeinsames Vorgehen habe einigen können.

Caritas: Studie ein wichtiger Schritt

Der Deutsche Caritasverband erklärte, die Studie sei ein wichtiger Schritt. Sie mache nicht nur auf Ursachen aufmerksam, sondern gebe Hinweise, um Risikokonstellationen zu minimieren. Die Caritas arbeite kontinuierlich an der Verbesserung des institutionellen Schutzes.

Kinder und Jugendliche sowie erwachsene Schutzbefohlene sollten die Einrichtungen der Caritas als Schutz- und Kompetenzorte erleben.

(KNA)

Zuletzt geändert am 27­.09.2018