11.10.2018 - religion.orf.at

Starke Reaktionen auf Papst-Sager zu Abtreibung

Auf den Satz von Papst Franziskus, Abtreibung sei wie die Bestellung eines Auftragsmörders, haben Katholiken wie Medien - zum Teil mit Kritik - reagiert. Doch es gab schon früher ähnliche Aussagen von Franziskus zum Thema Schwangerschaftsabbruch.

Papst Franziskus hatte am Mittwoch bei seiner Generalaudienz am Petersplatz Abtreibung mit einem Auftragsmord verglichen. Eine Schwangerschaft abzubrechen sei, „wie jemanden zu beseitigen“, sagte er - mehr dazu in Papst vergleicht Abtreibung mit Auftragsmord. Im Juni dieses Jahre hatte er sich gegen Abtreibungen aus medizinischer Indikation gewandt und dies mit der Euthanasie der Nazis verglichen: „Heute machen wir dasselbe mit weißen Handschuhen.“

 

Hingegen erlaubte er im November 2016 Priestern, Frauen eine Abtreibung zu vergeben. Er wisse um den Druck, der viele Frauen zu dieser Entscheidung geführt habe, so Franziskus in einem Schreiben zur Sündenvergebung im Heiligen Jahr 2016. Er betonte zwar, die Abtreibung sei „eine schwere Sünde, da sie einem unschuldigen Leben ein Ende setzt“. Jedoch gebe es keine Sünde, die durch die Barmherzigkeit Gottes nicht erreicht und vernichtet werden könne.

Diesen versöhnlich-seelsorgerlicher Anstrich lässt seine neueste Aussage zum Konfliktthema Schwangerschaftsabbruch vermissen, wie Kommentare und Berichte in vielen Medien, aber auch Katholiken am Mittwoch und Donnerstag konstatierten.

„Wir sind Kirche“ mit scharfer Kritik

Kritisch äußerte sich noch am Mittwoch die katholische Plattform „Wir sind Kirche“: Man verwahre sich „energisch gegen den Vergleich von Auftragsmorden mit der Not vieler Frauen, die keinen andern Ausweg aus ihrer Situation sehen, als ihre Schwangerschaft abzubrechen. Die Herstellung eines Zusammenhangs zwischen einem Auftragsmord und einem Schwangerschaftsabbruch beleidigt sowohl die Opfer eines Mordes als auch die Gewissensentscheidung einer Frau im Schwangerschaftskonflikt.“

Die Plattform weiter: „Die geringe Sensibilität gegenüber schwangeren Frauen, die sich aus vielerlei und unterschiedlichen Gründen nicht in der Lage sehen, für das Kind, das sie erwarten, eine Zukunft aufzubauen, reiht sich ein in die vielen abstrusen Gedanken der Päpste der römisch-katholischen Kirche zur Lebenswirklichkeit von Frauen. Die Verurteilung gesetzlicher Möglichkeiten zu einem straffreien Abbruch durch den Papst verkennt, dass es Schwangerschaftsabbrüche auch unter strengsten Verboten immer gegeben hat und weiter geben wird. Allerdings immer auf Kosten der Frauen, die oftmals einen heimlichen Abbruch mit dem Leben bezahlten.“

„Bisher einzigartig“

Die italienische Tageszeitung „La Repubblica“ (Donnerstag-Ausgabe) schrieb: „Ein solcher Beitrag ist bisher einzigartig in seinem Pontifikat, auch wenn die Härte bei der Abtreibung sein Lehramt von Beginn an begleitet hat. (...) Wer Franziskus gut kennt, weiß, dass seine Position zur Abtreibung schon zu seinen Zeiten in Buenos Aires klar war. Auch die jüngste Entscheidung des argentinischen Senats, zu einem Entwurf für ein Abtreibungsgesetz nein zu sagen (...) und die Regel beizubehalten, dass Abtreibung nur nach einer Vergewaltigung und bei Gefahren für die Mutter erlaubt ist, ist Ergebnis der Verbindung zwischen der Kirche und den konservativsten Teilen des Landes.“

„Papst stellt sich gegen Frauen“

Die deutsche „Welt“ (Mittwoch-Ausgabe) schreibt dazu: „Franziskus hat einen ungeheuren Satz gesagt: Abtreibung ist wie die Bestellung eines Auftragsmörders. Der Papst inkriminiert mit diesem Vergleich Frauen auf der ganzen Welt. (...) Der Papst stellt sich gegen Frauen. Und stattdessen - auf eine Weise, die aus der Zeit gefallen zu sein scheint - auf die Seite des Ungeborenen, aus dem alles Geborene hervorgeht.“ Franziskus sei Papst, „um Sätze wie diese zu sagen“, so der Kommentar.

Aussagen wieder relativiert?

Die „Süddeutsche Zeitung“ fragte sich in ihrer Mittwoch-Ausgabe, „was den Papst nun zu der scharfen Äußerung bewogen hat. Möglicherweise will er nur seine konservativen Kritiker in der Kurie besänftigen. Es könnte aber auch sein, dass der Satz vom Auftragsmord eine jene Sätze ist, die Franziskus - wie so oft zuvor - relativ spontan gemacht hat und die seine Mitarbeiter anschließend wieder relativieren.“

Auch die deutsche „Bild“-Zeitung gab sich in ihrer Mittwoch-Ausgabe alarmiert und schlug vor: „Schlägt der Papst so harsche Töne an, um seine kircheninternen Gegner und Kritiker zu besänftigen? Diese stammen überwiegend aus dem konservativen Flügel, sehen im Lebensschutz ein katholisches Kernanliegen.“

gril, religion.ORF.at

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