15.11.2018 - kath.ch / KNA

Gemischte Reaktionen auf Gedenktag für Missbrauchsopfer

Bonn/Strassburg, 15.11.18 (kath.ch) Die Einführung eines Missbrauchsopfer-Gedenktags durch die katholischen Bischöfe in Deutschland hat gemischte Reaktionen ausgelöst. Neben anerkennenden Worten gab es auch kritische Stimmen, die von der Kirche eine konkrete Zuwendung zu den Betroffenen forderten.

Der Europarat begrüsste die Initiative für die Opfer sexuellen Missbrauchs. Die Kirche setze mit dem Gedenktag am 18. November «ein wichtiges Zeichen», sagte der Generalsekretär des Europarats, Thorbjorn Jagland, am Donnerstag in Strassburg. Das Bewusstsein für den Schutz Minderjähriger müsse in allen Gesellschaftsbereichen geschärft werden.

Erstmals am Sonntag

Am Sonntag rufen die Bischöfe erstmals zu einem solchen Gedenktag auf. Der Missbrauchsbeauftragte der Deutschen Bischofskonferenz, der Trierer Bischof Stephan Ackermann, hofft dabei auf ein «starkes Signal» für die Betroffenen. Gedenk- und Gebetstage seien «ein Mittel, dass das Thema nicht wieder wegrutscht», sagte Ackermann bei domradio.de. Man wolle Solidarität mit den Opfern zum Ausdruck bringen und die Sensibilität für das Thema wachhalten.

Nicht für, sondern mit den Betroffenen feiern

Die Initiative «Wir sind Kirche» äusserte sich indes kritisch. «Statt Gottesdienstfeiern für die Betroffenen sollten diese gemeinsam mit den Betroffenen und deren Selbsthilfe-Organisationen gestaltet werden», erklärte die Gruppierung am Donnerstag in München. Dabei seien dann die besonderen Bedingungen sexualisierter Gewalt und ihre jahrzehntelange Vertuschung innerhalb der katholischen Kirchen zu thematisieren.

Mittel zur Sensibilisierung

Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, rief die katholische Kirche auf, den Schutz von Kindern zu verbessern. Die Geistlichen und Menschen in den Gemeinden müssten dazu beitragen, beim Thema Missbrauch nicht wegzusehen. Der Gedenktag könne dann ein wichtiger Beitrag zur Sensibilisierung der gesamten Gesellschaft sein. Er könne allen Gemeindemitgliedern deutlich machen, «wie wichtig es ist, Kinderschutz nicht vor Institutionenschutz zu stellen, Betroffenen zuzuhören, ihnen zu helfen und die Aufklärung und Aufarbeitung zu unterstützen». Nur so könne die Kirche Glaubwürdigkeit und Vertrauen zurückgewinnen.

Thema wachhalten

Eine jährliche Sonntagsrede alleine reiche aber nicht aus. Bischöfe und Pfarrer sollten das erschütternde Thema in ihren Predigten und Gebeten jetzt kontinuierlich wachhalten, sie sollten Gesprächsbereitschaft signalisieren und Unterstützungs- und Hilfeangebote für Betroffene und ihre Familien als festes Angebot in das kirchliche Leben integrieren.

Für die katholische Kirche in Deutschland hatten Wissenschaftler Ende September in Fulda eine «Studie über sexuellen Missbrauch an Minderjährigen durch Geistliche im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz» vorgestellt. In den kirchlichen Akten der Jahre 1946 bis 2014 hatte das Forscherteam Hinweise auf 3677 Betroffene sexueller Übergriffe und auf rund 1670 beschuldigte Priester, Diakone und Ordensleute gefunden. Die Experten gehen zudem von weiteren Fällen aus, die nicht in den Akten erfasst sind. (kna)

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Zuletzt geändert am 15­.11.2018