30.3.2019 - Badische Zeitung

Papst verordnet Meldepflicht für Missbrauchsfälle

ROM (dpa). Erstmals hat ein Papst umfassende Regeln für den Schutz von Kindern vor sexuellem Missbrauch für den Vatikanstaat aufgestellt. Der Vatikan veröffentlichte dazu am Freitag drei von Papst Franziskus unterzeichnete Dokumente – einen Erlass, ein Gesetz und einen Richtlinienkatalog. Franziskus legt fest, dass im Vatikan bereits der Verdacht auf Missbrauchsfälle unverzüglich angezeigt werden muss. Verurteilte Täter sollen von ihren Posten entfernt werden. Die Maßnahmen treten am 1. Juni in Kraft.

Eine Einschränkung gibt es bei der Anzeigepflicht: Das Beichtgeheimnis darf nicht verletzt werden. Wird ein Verdachtsfall ansonsten nicht sofort angezeigt, drohen Sanktionen. Die Verjährungsfrist wird angehoben. Zudem sollen Personen, gegen die wegen Missbrauchsverdachts ermittelt wird, von Kindern und Jugendlichen ferngehalten werden. Obendrein soll bei einem Verdacht auch ohne Anzeige strafrechtlich ermittelt werden können.

Der kleinste Staat der Welt hat um die 800 Einwohner, gut 300 davon sind Diplomaten. Minderjährige sind kaum darunter. Doch das Gesetz kann den Angaben zufolge auch auf Kinder angewendet werden, die sich regelmäßig im Vatikan aufhalten, etwa auf jene 35 Jungen zwischen 9 und 13 Jahren, die Teil des Chors der Sixtinischen Kapelle sind.

Die katholische Reformbewegung "Wir sind Kirche" begrüßte die neuen Regeln; es seien aber weitere Schritte nötig, sagte Sprecher Christian Weisner in Würzburg. Der Sprecher des Opferverbands "Eckiger Tisch", Matthias Katsch, forderte vom Papst Normen und Leitlinien für die Aufarbeitung und Entschädigung von Opfern in den Bistümern in aller Welt, "nicht nur in seinem eigenen". Der italienische Opferverband "Rete l’abuso" kritisierte, dass die Regeln nur im Vatikan gelten sollen. Man frage sich, wie Hilfe "je für die Opfer aus aller Welt zugänglich sein soll. Sollen sie sich in den Vatikan begeben, um Unterstützung zu bekommen?"

 

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Zuletzt geändert am 04­.04.2019