2.8.2019 - Hannoversche Allgemeine Zeitung

„Kir­che re­det ih­ren Ab­sturz schön“

Zum Artikel "Kirchen werden immer leerer" und Kommentar „Schrumpfen als Chance“ 20./21.7. 2019

Über die wach­sen­de Zahl der Kir­chen­aus­trit­te in Deutsch­land dis­ku­tie­ren die HAZ-Le­ser en­ga­giert. Die Ge­mein­den dürf­ten nicht so wei­ter­ma­chen wie bis­her, heißt es viel­fach.

Als katholische Reformfordernde im September 1995 von Hannover aus das Volksbegehren für Reformen in der r. k. Kirche im Geiste des II. Vatik. Konzils gestartet haben, stieß dies bei den Verantwortlichen auf taube Ohren.

24 Jahre später bleibt auch den Bischöfen nichts Anderes übrig, als drastische Austrittzahlen als Folge eklatanter Fehler und Versäumnisse einzuräumen. Obwohl es sich dabei jedoch keinesfalls um einen Gesundschrumpfungsprozess. handelt, konnten sich die Bischöfe bis heute noch nicht zu den längst überfälligen Reformen durchringen, sondern bedienen sich weiterhin erkennbar einer abschreckenden Phraseologie und Hinhaltetaktik. Wir Reformbefürwortende im Bistum Hildesheim verknüpfen mit unserem neuen Bischof, Dr. Heiner Wilmer indes große Hoffnungen, weil er den Menschen zuhört, selbst Kritiker*innen entgegen kommt und sich reformwillig äußert. 

Allerdings scheint es fraglich, ob selbst beim besten Willen einzelner Bischöfe die enorme Austrittswelle noch zu stoppen ist, weil die „Frohe Botschaft“ allzu oft mit den Füßen getreten wurde, und nicht wenige Menschen der Kirche nichts mehr glauben. Missbrauchbetroffene wurden missachtet, Frauen aufgrund von Ungleichbe-handlung demotiviert und gedemütigt, und viele unangepasste Gutwillige verprellt. Die Seelsorge als Kernstück einer dienenden und heilsamen Kirche wird mangels  kirchenrechtlich zugelassener Priester teilweise sträflich vernachlässigt, und zahlreiche engagierte Priester verschlissen.

Es steht nirgendwo geschrieben, dass Jesus eine reine Priesterkirche wollte. Darum werden wir Christ*innen, die wir uns noch immer in erfreulich großer Zahl für die Verwirklichung des Reich Gottes und selbstverständlich für die Mitmenschen einzusetzen bereit sind, reformresistente Verantwortliche verantwortungsvoll  auf der Strecke liegen lassen müssen. Dies macht m. E. mehr Hoffnung als halbherzige Versuche von Gesundbeterei.

Peter Sutor, Hannover

Zuletzt geändert am 06­.08.2019