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Veröffentlicht am 23­.09.2019

23.9.2019 - evangelisch.de

Freie Bahn für synodalen Weg

Bischofskonferenz berät über Entschädigungszahlungen für Opfer sexueller Gewalt
Grünes Licht aus Rom für den synodalen Weg von Bischofskonferenz und Zentralkomitee der deutschen Katholiken. Die Organisation "Eckiger Tisch" will insgesamt etwa eine Milliarde Euro Entschädigung für die 3.000 Opfer sexuellen Missbrauchs.

Papst Franziskus hat für den Reformprozess der katholischen Kirche in Deutschland grünes Licht gegeben. "Es gibt kein Stoppschild aus Rom", sagte der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, am Montag zum Auftakt der Herbst-Vollversammlung der deutschen Bischöfe in Fulda. Gespräche, die er vergangene Woche in Rom mit dem Papst geführt habe, seien durchweg positiv und ermutigend gewesen.

Marx trat zugleich dem Eindruck entgegen, die katholische Kirche in Deutschland wolle einen Sonderweg beschreiten. "Wir werden uns nicht von Rom lösen", betonte er. Es handele sich bei den künftigen Gesprächen um ein synodales Vorgehen und nicht um eine Partikularsynode, für die eine Genehmigung des Vatikans erforderlich sei. Marx warnte allerdings vor den "wahnsinnigen Erwartungen", die die Öffentlichkeit an die Gespräche habe. Es gelte vor allem, ins Gespräch zu kommen und aufeinander zu hören.

Die Beratungen von katholischen Bischöfen und Vertretern des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, dem höchsten Gremium katholischer Laien, sollen am 1. Advent in Frankfurt beginnen. Der "synodale Weg§ befasst sich mit den Konsequenzen aus dem Missbrauchsskandal und soll klerikalen Machtmissbrauch, die katholische Sexualmoral und den Zölibat sowie die Rolle der Frau in der Kirche diskutieren. Der Vatikan hatte die Organisation des Reformprozesses infrage gestellt: etwa das geplante Stimmrecht für Laien sowie die Zuständigkeit der deutschen Katholiken als Teilkirche für Themen der Weltkirche.

Seit der Veröffentlichung der Missbrauchsstudie vor einem Jahr sei einiges an Aufarbeitung erfolgt, sagte Marx. Allerdings sei dies nicht überall wahrgenommen worden. Er hoffe, dass es künftig für jedes Bistum verpflichtend werde, alle zwei bis drei Jahre ein Monitoring zum Thema durchzuführen. Unter anderem werde sich die Vollversammlung auch mit Fragen einer finanziellen Entschädigung für die Opfer von Missbrauch befassen.

Der Verband von Opfern sexuellen Missbrauchs durch Kleriker in der katholischen Kirche, der "Eckige Tisch", hatte zuvor eine pauschale Entschädigung von je 300.000 Euro für die rund 3.000 Betroffenen von der Kirche gefordert. Über ein entsprechendes Papier werde die Vollversammlung der Bischofskonferenz am Dienstag beraten, sagte Matthias Katsch, Sprecher der Organisation, am Montag in Fulda. "Hochgerechnet sind wir da im Bereich von einer Milliarde Euro", sagte Katsch. Wenn man bedenke, welche finanziellen Verluste die Opfer durch Traumatisierungen erlitten hätten oder noch erleiden müssten, sei dieser Betrag keineswegs zu hoch angesetzt.

Die Reformbewegung "Wir sind Kirche" forderte weitere Reformen von der Bischofskonferenz. "Die katholische Kirche steht in Deutschland und anderswo an einem Scheideweg", sagte deren Sprecher Christian Weisner. Eine große Mehrheit der Bischöfe habe sich zu dem am 1. Advent startenden synodalen Weg bekannt. Es gelte nun, ein dogmatisch festgefahrenes System wieder in Gang zu bringen.

Zum Auftaktstatement von Kardinal Marx versammelten sich am Nachmittag rund 200 Frauen der katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands vor dem Tagungsort am Predigerseminar und forderten lautstark einen Neuanfang der Kirche. "Wir sind stark, wir sind viel, wir erreichen unser Ziel", riefen sie, von Trommeln unterstützt. Eine weitere Demonstration der Bewegung "Maria 2.0" zum Abschluss der Vollversammlung ist für Donnerstagnachmittag geplant.

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Zuletzt geändert am 23­.09.2019