16.6.2020 - sueddeutsche.de / DPA

Bewegung lobt Aufarbeitung von Missbrauch im Bistum Limburg

Direkt aus dem dpa-Newskanal

Frankfurt/Limburg/München (dpa/lhe) - Die Reformbewegung "Wir sind Kirche" lobt die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in der Kirche durch das Bistum Limburg. Die Ergebnisse des Projektes "Betroffene hören - Missbrauch verhindern" im Bistum seien ein Meilenstein. Die am Samstag in Frankfurt übergebenen Ergebnisse mit mehr als 60 vorgeschlagenen Maßnahmen müssten eine Signalwirkung für alle anderen Bistümer haben, sagte ein Sprecher in München.

Erstmals würden nicht nur Täterstrukturen, sondern auch Täter benannt, hieß es über das mehr als 400 Seiten umfassende Dokument. Erstmals sei nicht der Bischof alleiniger Auftraggeber, sondern mache dies gemeinsam mit der Präsidentin der Diözesanversammlung des Bistums Limburg, unter Einbeziehung der Betroffenen und Begleitung durch eine externe Projektbeobachterin. Dies setze Maßstäbe, die hoffentlich "zu einem grundlegenden Perspektivenwechsel innerhalb der Machtinstitution Kirche führen werden". Täter und "Vertuscher" werden allerdings nur in dem den Auftraggebern überreichten Dokument genannt. In der öffentlich zugänglichen Version wurden die entsprechenden Angaben aus juristischen Gründen geschwärzt.

Entscheidend werde nun sein, wie umfassend und schnell man die Schritte zur Verhinderung von Missbrauch auch wirklich auf allen Ebenen verstehe und umsetzte, hieß es weiter. Die Limburger Studie sei auch als Rückenwind für den Reformprozess des Synodalen Weg zu sehen. Enttäuschend bleibe, wie lange es gedauert habe, bis auch die Kirchenleitung bereit gewesen sei, sich mit den tieferliegenden Strukturfragen sexualisierter Gewalt zu beschäftigen. Diese Gewalt stelle "immer auch einen Machtmissbrauch" dar, sagte der Sprecher von "Wir sind Kirche".

Den "Beginn der Ehrlichkeit", von dem die Präsidentin der Limburger Diözesanversammlung, Ingeborg Schillai, bei der Übergabe des Berichts gesprochen hatte, lobte die Ökumenische Arbeitsgruppe "Homosexualität und Kirche" (HUK). In dem Teilprojekt "Umgang mit katholischer Sexualmoral / Neubewertung Homosexualität" komme es zu einer fundamentalen Kritik der katholischen Sexualmoral, sagte ein Sprecher. "Der Projektbericht aus Limburg ist ein kirchenpolitisches Ereignis", erklärte Michael Brinkschröder, Leiter des Arbeitskreises Kirchenpolitik der HUK. Endlich mache sich die katholische Kirche in Fragen der Homo-Sexualität ehrlich. Sie nehme Anlauf, sich vom Joch der überkommenen Sexualmoral zu befreien, die als Risikofaktor für sexualisierte Gewalt erkannt worden sei.

https://www.sueddeutsche.de/panorama/kirche-limburg-an-der-lahn-bewegung-lobt-aufarbeitung-von-missbrauch-im-bistum-limburg-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-200616-99-437845

 

 

 

 

"Es ist nicht beendet, wir fangen jetzt an"
Webseite des Bistums Limburg zur Übergabe der Ergebnisse des Projektes „Betroffene hören – Missbrauch verhindern“ in der Paulskirche
mit Links zum Bericht, einzelnen Stellungnahmen und Video von der Veranstaltung
https://bistumlimburg.de/beitrag/es-ist-nicht-beendet-wir-fangen-jetzt-an/

Projektdokumentation "Betroffene hören – Missbrauch verhindern" Konsequenzen aus der MHG-Studie, Bistum Limburg
> bistumlimburg.de/fileadmin/redaktion/Portal/Meldungen/2020/2020_06_13_Abschluss_MHG/Dateien_zum_Download/2020-06-13_MHG-Projekt_Abschlussbericht.pdf

Claudia Mönius in der Projektdokumentation:

Seite 18-19:
Dieses Betroffenenaudit wurde von der Projektbeobachterin als ein geschützter Raum wahrgenommen, in dem sich Betroffene kritisch und differenziert äußern konnten. Der kritische Blick von Claudia Mönius zu Beginn des Audits auf das Projekt und seine Wirksamkeit, ihre wertschätzende Art gegen-über den Anwesenden ermöglichte ehrliche Beiträge in hoher Offenheit in der anschließenden Diskussion.

Seite 274:
Claudia Mönius ist Kulturwissenschaftlerin und arbeitet als Coach und Buchautorin in Nürnberg. Als Betroffene von sexuellem Missbrauch durch den Gemeindepfarrer im Jugendalter engagiert sie sich für den Abbau klerikaler Machtstrukturen und die schonungslose Aufklärung sexualisierter Gewalt durch katholische Priester. Im Teilprojekt 5 wirkte sie beratend und stellvertretend für die Betroffenenperspektive. [vorher im Teilprojekt 6]

Seite 276:
Ein wichtiger von Claudia Mönius eingebrachter Aspekt besteht in der dringend notwendigen Weitung des in der gesellschaftlichen Wahrnehmung oft verengten und eingeschränkten Bildes von Tätern und Opfern sowie des Missbrauchsgeschehens selbst: Sexualisierte Gewalt durch Geistliche muss nicht immer mit körperlichem Zwang verbunden sein, sondern kann versteckt werden hinter scheinbar quasi-väterlicher Zuwendung charismatisch wirkender Kleriker-Persönlichkeiten gegenüber emotional bedürftigen Kindern. Mönius weist darauf hin, dass es deshalb im Sinne von Prävention zwingend erforderlich ist, den imaginären Thron abzubauen, auf dem Priester und Ordensleute gerade in den Köpfen sehr kirchenaffiner Menschen teilweise noch immer sitzen.

Seite 308-309:
7. Klerikalismus und Machtmissbrauch: Ein Zwischenruf von Claudia Mönius als Vertreterin der Betroffenenperspektive "Die Kirche schaut nicht genug, was der Einzelne braucht"
> Interview in der Süddeutschen Zeitung vom 5.5.2020

Pressemitteilung: HuK begrüßt den „Beginn von Ehrlichkeit“ im Bistum Limburg
> huk.org 15.6.2020

verschiedene Berichte und Kommentare auf der Seite der FAZ
https://www.faz.net/suche/?query=b%C3%A4tzing

Zuletzt geƤndert am 20­.06.2020