7.7.2007 - www.ftd.de

Geste an Konservative: Papst lässt lateinische Messe zu

Päpstliche Entscheidung mit hohem Symbolwert: Mehr als 40 Jahre nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil hat Benedikt XVI. die traditionelle lateinische Messe deutlich aufgewertet.

In einem am Samstag veröffentlichten apostolischen Schreiben («Motu Proprio» ) ordnete er an, dass die Gottesdienste künftig nach alter Liturgie gefeiert werden sollen, wenn dies «eine Gruppe von Gläubigen» in einer Gemeinde wünscht.

Bei der alten «tridentinischen» Messe werden die Hauptgebete auf Latein gehalten. Zudem wendet der Priester dem Kirchenvolk dabei den Rücken zu. Die Abkehr von dieser Liturgie im Zuge des Konzils gilt noch heute für viele Gläubige als Zeichen der Öffnung und Modernisierung der Katholischen Kirche.

Allerdings betonte Benedikt, die lateinische Messe habe lediglich als «außerordentliche Ausdrucksform» zu gelten. Die «ordentliche Ausdrucksform» des katholischen Gottesdienstes sei die moderne, 1970 erlassene Form der Messe, in der Gebete in der jeweiligen Landesprache gehalten werden. Die Neuregelung bedeute auch keine Abkehr vom Konzil, meinte Benedikt. Seit 1970 war die lateinische Messe dagegen so gut wie abgeschafft und wurde nur in ganz besonderen Fällen vom Bischof genehmigt.

Der konservativ ausgerichtete Papst begründete seine Entscheidung mit dem Wunsch nach Versöhnung mit den Traditionalisten in der Kirche. «Es geht um eine innere Versöhnung in der Kirche», heißt es in einem erläuternden Begleitschreiben an die Bischöfe. Ausdrücklich nennt der Papst dabei die Anhänger des erzkonservativen französischen Bischofs Marcel Lefebvre (1905-1991), der 1988 exkommuniziert wurde. Die von ihm gegründete Bruderschaft St. Pius X. erkennt allerdings die gesamte Modernisierung und Öffnung der Kirche nicht an.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, sieht in der erleichterten Wiederzulassung des alten Ritus ebenfalls einen Beitrag zur Versöhnung mit konservativen Kreisen. Zugleich wies er Kritik zurück, dass es sich um einen Bruch mit dem Konzil handele: «Wer die neuen Dokumente aufmerksam liest, wird schnell merken, dass der Papst weder die Entscheidungen des Konzils noch die Gültigkeit der Liturgiereform selbst in Frage stellt.» Wörtlich meinte Lehmann: «Eine einfache Rückkehr zum Alten ist auch für den Papst keine Lösung.» Experten meinen, in Deutschland gäbe es lediglich einige Tausend Anhänger der lateinischen Messe.

Die Reformbewegung «Wir sind Kirche» sieht in der Entscheidung dagegen die Gefahr eines Rückschritts. «Wenn unbekannte Texte in einer Sprache vorgetragen werden, die keiner versteht, geht die Messe an den Menschen vorbei», sagte die Sprecherin Sigrid Grabmeier der Deutschen Presse-Agentur dpa. Der Gottesdienst werde so zu einem «exotischen Event», wo Menschen in schönen Gewändern herumliefen, viel Weihrauch geschwenkt werde und keiner etwas verstehe.

Wörtlich heißt es in dem vierseitigen apostolischen Schreiben: «In Pfarreien, wo eine Gruppe von Gläubigen, die der früheren Liturgie anhängen, dauerhaft existiert, hat der Pfarrer deren Bitten, die heilige Messe nach dem im Jahr 1962 herausgegebenen Römischen Messbuch zu feiern, bereitwillig aufzunehmen.» Ausdrücklich steht dort auch: «Zwietracht (ist) zu vermeiden und die Einheit der ganzen Kirche zu fördern».

In dem erläuternden Schreiben an die Bischöfe heißt es: «Viele Menschen, die klar die Verbindlichkeit des II. Vaticanums annahmen und treu zum Papst und zu den Bischöfen standen, sehnten sich doch auch nach der ihnen vertrauten Gestalt der heiligen Liturgie». Zugleich äußerte Benedikt scharfe Kritik an all zu viel «Kreativität» und «kaum erträglichen Entstellungen der Liturgie» im Zuge der Reform. «Ich spreche aus Erfahrung, da ich diese Phase in all ihren Erwartungen und Verwirrungen miterlebt habe. Und ich habe gesehen, wie tief Menschen, die ganz im Glauben der Kirche verwurzelt waren, durch die eigenmächtigen Entstellungen der Liturgie verletzt wurden.» Zugleich heißt es, in drei Jahren solle eine Bilanz der Neuregelung gezogen werden. dpa

Zuletzt geändert am 07­.07.2007