9.7.2007 - Hamburger Abendblatt

Papst erlaubt alten Messritus

Reform Gebete auf Latein, Priester mit dem Rücken zur Gemeinde

Benedikt XVI. will Versöhnung mit konservativen Katholiken und Anhängern von Bischof Lefebvre. Kritiker sprechen von Rückschritt.


ROM - Eine päpstliche Entscheidung mit hohem Symbolwert: Gut 40 Jahre nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil hat Benedikt XVI. den traditionellen lateinischen Messritus weitgehend rehabilitiert. In einem am Sonnabend veröffentlichten apostolischen Schreiben ("Motu Proprio") ordnete er an, dass Gottesdienste wieder nach alter Liturgie gefeiert werden sollen, wenn dies "eine Gruppe von Gläubigen" in einer Gemeinde wünscht. Dadurch solle die Kluft zu den strikt konservativen Anhängern des exkommunizierten Bischofs Marcel Lefebvre (1905-1991) geschlossen werden. "Es geht um eine innere Versöhnung in der Kirche", meinte Benedikt.

Von der "ersten großen Reform im Pontifikat Joseph Ratzingers" schrieb "La Repubblica", "wenn sie auch wie ein Kurswechsel in Richtung Vergangenheit erscheint".

Bei dem rund 450 Jahre alten und seit 1970 praktisch abgeschafften Tridentinischen Messritus werden die Hauptgebete auf Latein gehalten. Der Priester wendet sich dabei zum Altar und wendet dem Kirchenvolk den Rücken zu. Die Abkehr von dieser Liturgie im Zuge des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) gilt als Inbegriff der Modernisierung der katholischen Kirche.

Man schätzt, dass es in Deutschland lediglich einige Tausend Anhänger des Tridentinischen Messritus gibt. Weltweit hat die Priesterbruderschaft St. Pius X. nach eigenen Angaben 481 Priester und rund 600 000 Gläubige bei 1,1 Milliarden Katholiken.

Benedikt betonte, die "ordentliche Ausdrucksform" des katholischen Gottesdienstes bleibe die Messform, bei der die Gebete in der Landessprache gehalten werden. Es handele sich nicht um eine Abkehr vom Konzil.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Lehmann, meinte, der Papst stelle "weder die Entscheidungen des Konzils noch die Gültigkeit der Liturgiereform selbst infrage". Lehmann sagte weiter: "Ich bin überzeugt, dass das ein positiver Schritt ist, damit die, die diese Messe lieben, nicht einfach in ein sektenmäßiges Abseits gedrängt werden, als ob sie etwas tun, was unnormal erscheint."

Die Reformbewegung "Wir sind Kirche" sprach dagegen von der Gefahr eines Rückschritts. "Wenn unbekannte Texte in einer Sprache vorgetragen werden, die keiner versteht, geht die Messe an den Menschen vorbei", sagte die Sprecherin Sigrid Grabmeier. Von einem "traurigen Tag" sprach Bischof Luca Brandolini, Mitglied der Liturgiekommission der Italienischen Bischofskonferenz.

dpa, KNA, rtr

Zuletzt geändert am 09­.07.2007