9.7.2007 - OÖnachrichten

Neues Papst-Schreiben für "alte Messe"

Neues Papst-Schreiben für "alte Messe" Lange war es angekündigt, die römische Gerüchtebörse hat gebrodelt, nun ist es da: das "Motu proprio" des Papstes zur Freigabe der traditionellen Messe nach dem Messbuch von 1962. Bislang war die Feier in dieser alten Liturgieform an die Erlaubnis des jeweiligen Bischofs gebunden. Die weitgehende Freigabe durch den Papst hat unterschiedliche Reaktionen hervorgerufen: Während die progressive Plattform "Wir sind Kirche" den Versuch sieht, das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) in Frage zu stellen, begrüßten Österreichs Bischöfe das Schreiben als "Beitrag zur Überwindung von Spaltungen in der Kirche".

Mit der "alten Messe" ist jene Liturgie gemeint, die in der katholischen Kirche bis zur Liturgiereform in Folge des Zweiten Vatikanums gültig war: Sie wird auf Latein, nicht in der Volkssprache zelebriert. Der Priester feiert die Eucharistie mit dem Rücken zu den Gläubigen. (Beides ist freilich auch bei der "neuen" Messe möglich.) Bei der "alten" Messe spricht der Priester wichtige Teile des Kanons still. Dazu kommen weitere Unterschiede in Aufbau und Ablauf (siehe www.alte-messe.de).

Die "alte Messe" wird heute vor allem von kleinen, traditionsverbundenen Gruppen in der katholischen Kirche gefeiert (in Linz durch die Petrusbruderschaft mit bischöflicher Erlaubnis in der Minoritenkirche) - aber auch von der Priesterbruderschaft St. Pius X. des exkommunizierten Erzbischofs Marcel Lefebvre, die nicht in voller Gemeinschaft mit der Kirche steht. Diese extrem traditionalistische Gruppe lehnt nicht nur die "neue Messe", sondern das ganze Zweite Vatikanum ab.

Ab 14. September können Priester nun die "alte Messe" allein oder mit Gläubigen, die dies wünschen, ohne Erlaubnis des Bischofs feiern. In Pfarrgemeinden, wo eine dauerhaft existierende Gruppe von Gläubigen um Messen in der alten Form bittet, hat der Pfarrer den Wunsch "bereitwillig aufzunehmen". Er müsse achten, dass "das Wohl dieser Gläubigen harmonisch in Einklag gebracht wird mit der ordentlichen Hirtensorge für die Pfarre". Zwietracht sei zu vermeiden, heißt es im Motu proprio.

Der Papst schreibt im Begleitbrief an die Bischöfe, dass es sich nicht um zwei Riten, sondern um zwei Formen "ein und desselben Ritus" handle. Dazwischen gebe es keinen Widerspruch. Andererseits werden von manchen Theologen die Unterschiede zwischen den Messformen betont. Dies betrifft vor allem das größere Miteinander von Priester und Gemeinde bei der "neuen" Messe. Die Gläubigen werden nun viel stärker in die Liturgie eingebunden.

Zwei Befürchtungen will der Papst in seinem Begleitschreiben entgegentreten: Erstens werde nicht die liturgische Reform und mit ihr das Zweite Vatikanum angetastet. Benedikt XVI. betont auch, dass es sich bei der "alten Messe" um eine "forma extraordinaria" handelt, während das neue Messbuch die normale Form des römischen Ritus sei. Zweitens ist laut Benedikt XVI. die Furcht vor einer Spaltung in den Pfarren unbegründet: Da der Gebrauch des alten Messbuchs "ein gewisses Maß an liturgischer Bildung und auch einen Zugang zur lateinischen Sprache" voraussetze, werde das neue Messbuch "ganz von selbst" die normale Form des Ritus bleiben.

Zuletzt geändert am 09­.07.2007