8.7.2007 - Bocholter-Borkener Volksblatt

Zugeständnis an Traditionalisten. Papst macht Weg für lateinische Messe frei

Rom (RPO). Papst Benedikt XVI. hat Messen in lateinischer Sprache wieder zugelassen. Als Zugeständnis an die Traditionalisten erlaubte er den Ritus neben der neuen Liturgie als "außerordentliche Messe". Damit sind die vor rund 40 Jahren eingeführten Beschränkungen aufgehoben.

Befürchtungen, er werde auch andere Reformen des Zweiten Vatikanischen Konzils rückgängig machen, nannte Benedikt unbegründet. Der 1970 erlassene neue Ritus bleibe die normale Form der Messfeier, betonte das Kirchenoberhaupt. Auf Wunsch der Gläubigen solle der Gottesdienst aber nach der alten Messform gefeiert werden können. Was früheren Generationen wertvoll gewesen sei, solle erhalten bleiben, erklärte der Papst.

Charakteristisch für die so genannte tridentinische Messe ist die lateinische Sprache. Außerdem wendet der Priester der Gemeinde den Rücken zu. Dagegen verlangte das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965), dass die Messe in der jeweiligen Landessprache gelesen wird und der Priester mit dem Gesicht zum Kirchenvolk steht. Um eine Messe nach dem vorkonziliaren Ritus zu halten, war bislang die Erlaubnis des Bischofs notwendig. Die neuen Bestimmungen treten am 14. September in Kraft.

Dem Motu Proprio "Summorum Pontificum" ging eine monatelange Debatte voraus. Liberale Kirchenkreise äußerten die Befürchtung, dass der Schritt eine Rückkehr zu Positionen vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil einleiten könnte.

Der päpstliche Vorstoß gilt auch als Versuch, die Ultratraditionalisten der von Marcel Lefebvre gegründeten Priesterbruderschaft St. Pius X. in den Schoß der Kirche zurückzuholen. Deren Vorsitzender, Bischof Bernard Fellay, begrüßte das Dokument und äußerte die Hoffnung, dass nun auch andere Streitfragen angegangen werden könnten.

Die Deutsche Bischofskonferenz wertete die Entscheidung des Papstes als Beitrag zur Versöhnung in der katholischen Kirche. Benedikt habe auf inständige Bitten reagiert und wolle so "denen großherzig entgegen kommen, die sich von der älteren Form der Messliturgie angezogen fühlen", erklärte der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann. Der Papst habe weder die Entscheidungen des Zweiten Vatikanums noch die Gültigkeit der Liturgiereform selbst in Frage gestellt, betonte Lehmann. Die Feier der Gemeindegottesdienste folge prinzipiell weiterhin "den erneuerten liturgischen Büchern".

Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken begrüßte, dass das Römische Messbuch nach wie vor "die einzige ordentliche liturgische Ausdrucksform der katholischen Kirche des lateinischen Ritus" sei. Die Kirchenvolksbewegung "Wir sind Kirche" sprach hingegen von einem gefährlichen Zeichen, "die Beschlüsse des Zweiten Vatikanischen Konzils in Frage zu stellen oder gar rückgängig machen zu wollen", und warnte vor der Gefahr einer neuen Spaltung innerhalb von Gemeinden, Bistümern und der gesamten Kirche.

Die Bestimmungen zur Form der Messfeier haben auch erhebliche Bedeutung für die Ökumene. Der tridentinische Ritus entstand in der Zeit der Gegenreformation, zur Abwehr der Lutheraner und anderer Protestanten. Er enthält auch Gebete, an deren Text Angehörige nichtchristlicher Religionsgemeinschaften wie die Juden Anstoß nehmen. Das Simon-Wiesenthal-Zentrum rief Benedikt auf, deutlich zu machen, dass solche Absätze inzwischen nicht mehr mit den Lehren der Kirche vereinbar seien. Die US-Organisation Anti-Defamation League kritisierte das neue Dokument als "Schlag für die katholisch-jüdischen Beziehungen".

Zuletzt geändert am 09­.07.2007