April 2021 – „Kirche In“ (Kolumne „Unzensiert“)

Dienst an der Weltkirche

Erzkonservative Theologen aus den USA fordern Papst Franziskus auf, „die deutschen Bischöfe zurück zum Glauben zu rufen“. Andere warnen vor Spaltung und einer deutschen Nationalkirche und sprechen von einer theologisch niveaulosen Debatte. Der „Synodale Weg“, das gemeinsame Projekt der deutschen Bischöfe und des Zentralkomitees der deutschen Katholiken als Antwort auf die sexualisierte Gewalt, dürfe keinen Deut von der bestehenden Lehre abweichen.

In dieser kirchenpolitischen Auseinandersetzung hat sich der Vatikan bislang nicht als hilfreich erwiesen. Auch Papst Franziskus nicht mit seinem uneindeutigen Brief vom Juni 2019 „an das pilgernde Volk Gottes in Deutschland“. Der enttäuschte sehr, da Franziskus sich sonst unter Bezug auf Paul VI. und das Zweite Vatikanische Konzil vehement für eine synodale Kirche auf allen Ebenen ausspricht.

Doch jetzt kommen neue Töne aus Rom. Der neue Generalsekretär der römischen Bischofssynode, der erst kürzlich von Franziskus in den Kardinalsrang beförderte Malteser Mario Grech, äußert sich deutlich entspannter und zeigt Interesse, zur nächsten Synodalversammlung eingeladen zu werden. Es sei seine Berufung und Aufgabe, seine bischöflichen Mitbrüder bei diesem Unternehmen zu unterstützen. Inzwischen kommen auch in Irland und Australien synodale Prozesse in Gang und der Synodale Weg findet international große Beachtung.

Denn die durch die Missbrauchsskandale offenbar gewordene Kirchenleitungskrise und die Verweigerung von Reformen, die seit dem Konzil breit diskutiert werden, gibt es nicht nur in Deutschland. Weltweit befindet sich die römisch-katholische Kirche in einer existenziellen Krise.

Der Synodale Weg in Deutschland will und kann auch mit noch so guten Beratungen und Beschlüssen die Weltkirche nicht direkt verändern. Wenn es hier in Deutschland aber gelingt, eine theologische Auseinandersetzung auf der Höhe der Zeit zu führen, und wenn die Beteiligten sich auf tragfähige Lösungsvorschläge für die aufgestauten Reformen zu einigen, dann werden diese auch vom Vatikan nicht mehr ignoriert werden können. Dies wäre dann kein deutscher Sonderweg, sondern ein Dienst an der Weltkirche. Denn nur durch einen grundlegenden Wandel in Lehre und Struktur, in Theologie und Pastoral wird die Hoffnungsbotschaft des Evangeliums auch in Zukunft noch Menschen erreichen. Ohne vorzeigbare Ergebnisse jedoch und ohne deren Anerkennung durch Rom wird diese Kirche weiter an Glaubwürdigkeit verlieren und es werden selbst die gehen, die sich jetzt noch engagieren.

Christian Weisner
Wir sind Kirche Deutschland
Mehr Informationen: wir-sind-kirche.de/synodalerweg

 

Zuletzt geändert am 14­.03.2021