Juli 2011 - Kirche In (Kolumne „Unzensiert“)

Der Berg kreißte und gebar …

Ich möchte den Mäusen nicht zu nahetreten und sie mit den Neuerungen im kirchlichen Strafgesetz in Verbindung bringen. Vielleicht könnte man sagen, im Bereich sexualisierter Gewalt ist man ein Mäuseschrittchen weitergekommen. In den Leitlinien der DBK von 2013 war relativ ausführlich geregelt, wie bei Bekanntwerden eines Falles vorzugehen sei, allerdings nicht rechtsverbindlich. Siehe Köln. Ab 8.12.2021 werden Bischöfe jetzt ausdrücklich verpflichtet, Strafgesetze zum Wohle und zum Schutze der Menschen anzuwenden. Bestraft wird künftig auch, wer eine Anzeige im Bereich sexueller Gewalt nicht weitergibt, sowohl kirchenintern wie auch gegenüber staatlichen Behörden. 

Immerhin wird sexuelle Gewalt, der Besitz und die Verbreitung und Nutzung pornographischen Materials nun nicht mehr unter „Verstöße gegen den Zölibat“, sondern unter „Straftaten gegen Leben, Würde und Freiheit des Menschen“ eingeordnet. Dazu zählen auch Tötungsdelikte und Abtreibung. - Aber immer noch ist die leitende Idee dieser neuen Norm der Verstoß gegen die Ehe, anstatt eine eigene Rubrik zu erhalten. Und immer noch wird alles, was mit Sexualität zu tun hat, gleichsam mit sehr spitzen Fingern, die in Gummihandschuhen stecken, behandelt und anschließend in einen Sack gesteckt. Differenzierung sieht anders aus.

Wenigstens ein Mäuseschrittchen vorwärts hier, aber einen Riesenschritt rückwärts, was die Frauenordination angeht. „Jeder, der einer Frau die heilige Weihe zu spenden versucht, wie auch die Frau, welche die heilige Weihe zu empfangen versucht, zieht sich die dem Apostolischen Stuhl vorbehaltene Exkommunikation als Tatstrafe zu.“ Nicht dass ich glaube, dass sich bei uns heute Frauen schwer von der Androhung der Exkommunikation beeindrucken ließen und Bischöfe brauchen sie zum Weihen auch nicht mehr. Es gibt mittlerweile genug Bischöfinnen, die praeter legem Frauen und vielleicht auch verheiratete Männer ordinieren. Allerdings wird auch hier wieder betoniert, dass Frauen es nicht wert sind, ordiniert zu werden. Ein fatales Signal in Länder, in denen Frauen oft genug als minderwertig eingestuft und behandelt, ja misshandelt werden.

Während ein Priester bei gewalttätigen Vergehen an Kindern oder Abhängigen damit davonkommen kann, in den „Laienstand“ versetzt zu werden, ein Hohn für alle anderen dieses „Standes“, so sind diejenigen exkommuniziert, das heißt ausgeschlossen aus der Gemeinschaft der Sakramentszugelassenen, die Frauenrechte über Kirchenrecht setzen. Für mich gehört das zu den „Straftaten gegen Leben, Würde und Freiheit des Menschen“.

Sigrid Grabmeier
Wir sind Kirche Deutschland

 

 

Zuletzt geändert am 16­.06.2021