20.9.2021 - KNA

Bätzing verteidigt Nein zu Heße-Rücktritt

Fulda (KNA) Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz,
Bischof Georg Bätzing, hat die Entscheidung von Papst
Franziskus verteidigt, das Rücktrittsgesuch des Hamburger
Erzbischofs Stefan Heÿe nicht anzunehmen. Der Papst habe
sich dabei an die 2019 verschärften, strengen vatikanischen
Regeln gegen Vertuschung von Missbrauch gehalten, sagte
Bätzing am Montag zum Auftakt der Herbstvollversammlung
der Bischöfe in Fulda, an der auch Heÿe teilnimmt. In einem
Gutachten waren dem früheren Personalchef im Erzbistum
Köln zuvor elf Pichtverletzungen bei der Aufarbeitung von
sexuellem Missbrauch vorgeworfen worden.
Der Limburger Bischof sagte zugleich, er könne die - auch
innerkirchlich vom Zentralkomitee der deutsche Katholiken
geäuÿerte - Kritik an dieser Entscheidung verstehen. Es könnte
der Eindruck entstehen, dass ein Rücktritt aus moralischen
Gründen nicht angenommen werde. Bätzing verwies aber darauf,
dass in den vergangenen Jahren mehrere Bischöfe weltweit
aufgrund dieser vatikanischen Regeln zurückgetreten seien.
Mit Blick auf den Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki
sagte Bätzing, er hoe auf eine schnelle Entscheidung zum
Erzbistum Köln.
Vor Beginn des Bischofstreen forderten auch katholische
Reformgruppen und Frauenverbände schnelle und grundlegende
Veränderungen. Die katholische Kirche stehe an einem
Scheideweg.
Bätzing sagte zum innerkirchlichen Reformprozess des
Synodalen Wegs, es müsse schnell zu sichtbaren Veränderungen
kommen. Der deutsche Reformprozess könne ein Tür-
öner für den vom Papst einberufenen Synodalen Prozess
sein. Die Kirche in Deutschland könne ihre Erfahrungen in
den weltweiten Prozess einbringen.
Bätzing räumte ein, dass die Bischöfe in einigen wichtigen
Reformdebatten weit auseinander lägen. Er setze aber darauf,
dass der Reformprozess zu klaren Zeichen der Veränderung
führe, etwa in Fragen der Sexualmoral. Es gelte, das hilfreiche
Wissen der katholischen Sexuallehre als Angebot für alle
Menschen zugänglich zu machen, auch für gleichgeschlechtliche
Paare oder Nichtverheiratete. Katholische Sexualmoral
dürfe nicht als Verbotsmoral bei den Menschen ankommen.
Bätzing fügte hinzu, es müsse auch zur stärkeren Beteiligung
von Laien an Entscheidungsprozessen in der Kirche
kommen. Das Bischofsamt könne nach den bisherigen Rücktrittsangeboten
nicht mehr länger so verstanden werden wie
bisher.
Der Konferenzvorsitzende kündigte zudem an, die Bischö-
fe wollten das bisherige Verfahren zur Anerkennung des Leids
von Opfern sexualisierter Gewalt überprüfen. Es gebe Kritik,
dass die Verfahren bei Betroenen möglicherweise Retraumatisierungen
oder Krankenhausaufenthalte auslösen könnten,
es an Transparenz fehle und die Bearbeitungsdauer zu
lang sei. Nach Angaben des Konferenzvorsitzenden wollen
die Bischöfe in Fulda auch eine bundesweit einheitliche Personalaktenf
ührung beschlieÿen. Das sei ein wichtiges Mittel
zur Erfassung und Verfolgung von Missbrauch in der Kirche.

Katholische Reformgruppen und Frauenverbände appellierten
in Fulda an die Bischöfe, bei Reformen Flagge zu zeigen.
Wir erleben zerfallende Machtstrukturen, sagte Christian
Weisner von der Initiative Wir sind Kirche. In der kirchlichen
Hierarchie sei der Angst vor Machtverfall groÿ.

Auch die stellvertretende Bundesvorsitzende der Katholischen
Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd), Agnes Wuckelt,
forderte die Bischöfe auf, Reformen nicht weiter auf
die lange Bank zu schieben. Immer mehr Frauen kehrten der
Kirche den Rücken, darunter auch viele ältere. Die kfd kämpfe
trotzdem für Reformen, denn es ist auch unsere Kirche,
und nicht nur die Kirche der Bischöfe.

Andrea Keber von der Initiative Maria 2.0 sagte, Kirchenobere
hätten jede Glaubwürdigkeit verspielt. Das Nein
von Papst Franziskus zum Rücktrittsgesuch von Erzbischof
Heÿe sei ein weiterer Schlag ins Gesicht der Betroenen und
zeigt einmal mehr, dass man nicht bereit ist, echte Verantwortung
zu übernehmen.

Zuletzt geändert am 20­.09.2021