21.9.2021 - KNA

Deutsche Bischofskonferenz tagt unter Druck

Ringen um Reformen und dramatische Appelle

Zwischen Reformdruck von Teilen der Basis und römischen Warnungen vor Sonderwegen tagen die deutschen Bischöfe in Fulda. Entsprechend markant sind die Ansagen.

Von Ludwig Ring-Eifel und Gottfried Bohl (KNA)

Fulda (KNA) Mit dramatischen Appellen hat die Herbstvollversammlung
der katholischen Bischofskonferenz in Fulda ihre
Arbeit aufgenommen. Der Vorsitzende Georg Bätzing rief
alle Bischöfe zu einer radikalen Wende auf. Zum innerkirchlichen
Reformprozess Synodaler Weg sagte er, es müsse schnell
sichtbare Veränderungen geben. Der deutsche Dialog könne
dabei ein Türöner für den vom Papst einberufenen weltweiten
Synodalen Prozess sein.

Auch Reformgruppen und Frauenverbände demonstrierten
zum Start der Versammlung für grundlegende Reformen.
Nur so könne die Kirche wieder glaubwürdig werden.
Unterdessen
ermahnte der Papstbotschafter in Deutschland, Nuntius
Nikola Eterovic, die Bischöfe eindringlich und zum wiederholten
Mal, die Einheit der Kirche zu wahren und den
Weisungen des Papstes zu folgen.

Bätzing bemühte sich in seiner Erönungspredigt am
Dienstagmorgen um eine tiefere geistliche und biblische Begr
ündung des kirchlichen Reformprozesses in Deutschland.
Auch suchte er Anknüpfungspunkte an die Lehre des Zweiten
Vatikanischen Konzils - so wie dies der Regensburger Bischof
Rudolf Voderholzer im Vorfeld wiederholt angemahnt hatte:
Die Kirche sei nur Zeichen und Werkzeug der Erlösung, sie
müsse Jesus Christus wieder zum Leuchten bringen, erklärte
Bätzing.

Um dies zu ermöglichen, forderte er seine Amtsbrüder zu
einer radikalen Wende auf. Für die strittigen Reformdebatten
brauche es den Geist und den Mut zur Umkehr. Andernfalls
würden die Bischöfe der Wucht des Missbrauchs-Skandals
und der Dramatik der zunehmenden Entkirchlichung im Land
nicht gerecht. Für viele Menschen in einer freiheitlichen Gesellschaft
sei das bisherige Auftreten der Bischöfe ein Anlass,
das Erlösungsangebot der Kirche als anmaÿend und übergrif-
g und angesichts des Missbrauchs obsolet zurückzuweisen.
Bätzing fügte hinzu, die Bischöfe selbst hätten erheblich dazu
beigetragen, dass die von ihnen verkündete Botschaft des
Evangeliums nicht mehr verstanden werde.

Aus einer anderen Richtung mahnend äuÿerte sich Papstbotschafter
Eterovic, der in seinem Gruÿwort Papst Franziskus,
Papst Paul VI. und Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin
ausführlich zitierte. Erneut forderte er die deutschen Bischöfe
dazu auf, die Einheit mit der Weltkirche zu wahren und auf
den Papst zu hören.

Dabei erinnerte der Nuntius an einen Satz von Franziskus
über die deutschen Bischöfe: Es sei nicht böser Wille, der
viele von ihnen antreibe, sondern ein pastorales Verlangen,
das aber manche notwendigen Weisungen des Papstes nicht
berücksichtige. Eine kirchliche Gemeinschaft, die versuche,
alleine aus ihren Problemen herauszukommen, und dabei lediglich
auf die eigenen Kräfte, die eigenen Methoden und
die eigene Intelligenz vertraue, könne die Probleme, die sie
überwinden wolle, sogar noch verstärken.

Das bedeute nicht, nicht voranzuschreiten, nichts zu ändern
und vielleicht nicht einmal zu debattieren und zu widersprechen
, zitierte Eterovic weiter den Papst. Aber man müsse beachten, dass man nur Teil eines gröÿeren Ganzen
sei. Die deutschen Katholiken müssten unbedingt fest verbunden
in der Einheit der katholischen Kirche bleiben und
dürften auch keine Abstriche machen an den Wahrheiten der
christlichen Lehre.

Eterovic spielte damit - ohne ihn zu nennen - auf den
Synodalen Weg an, bei dem Bischöfe und Laien auch über
die katholische Sexualmoral und die Rolle von Frauen in der
Kirche diskutieren. Bischof Bätzing sagte zu dem Reformdialog,
dessen nächste Vollversammlung in der kommenden
Woche ansteht, es müsse schnell zu sichtbaren Veränderungen
kommen.

Bereits am Montag hatte Bätzing in einer Pressekonferenz
eingeräumt, dass die Bischöfe in wichtigen Fragen weit
auseinander lägen. Er setze dennoch darauf, dass der Reformprozess
zu erkennbarer Veränderung führe, etwa in der
Sexualmoral. Es gelte, das hilfreiche Wissen der katholischen
Sexuallehre als Angebot für alle Menschen zugänglich zu machen,
auch für gleichgeschlechtliche Paare oder Nichtverheiratete.
Katholische Sexualmoral dürfe nicht als Verbotsmoral
bei den Menschen ankommen. Auÿerdem müssten Laien stärker
an Entscheidungsprozessen in der Kirche mitwirken.

Katholische Reformgruppen und Frauenverbände appellierten
in Fulda an die Bischöfe, sie sollten Reformen wagen.
Die stellvertretende Vorsitzende der Katholischen Frauengemeinschaft
Deutschlands (kfd), Agnes Wuckelt, forderte die
Bischöfe auf, notwendige Veränderungen nicht weiter auf die
lange Bank zu schieben. Immer mehr Frauen kehrten der Kirche
den Rücken, darunter viele ältere. Die kfd kämpfe trotzdem
für Reformen, denn es ist auch unsere Kirche, und nicht
nur die Kirche der Bischöfe.

Die Bischöfe tagen noch bis Donnerstag in Fulda. Kommende
Woche nehmen die meisten von ihnen auch an der
zweiten Vollversammlung des Synodalen Wegs in Frankfurt
teil.

Zuletzt geƤndert am 22­.09.2021