Sept. 2022 - Maria 2.0

Kolumne: Kirche in der (Bischofs)Krise"

Ja, es ist ein Erfolg, dass die heißen Eisen des KirchenVolksBegehrens 1995 das Rückgrat des Synodalen Weges bilden. Aber es ist kein Ruhmesblatt für die Bischöfe, dass eine Sperrminorität sich auch jetzt noch der Zäsur verweigert, die sie im Frühjahr 2019 in Lingen selbst versprochen hatten. Was sich bei der vierten Vollversammlung des Synodalen Weges in Frankfurt abspielte und auch online verfolgt werden konnte, ist leider immer noch das realistische Abbild der dramatischen innerkirchlichen Situation. Um genau zu sein, der Krise des Bischofsamtes. Der erste Tag fing so gut an. Der angesagte Regen fiel aus. Die Reformkräfte kfd, KDFB, Maria 2.0, BDKJ, KJG, #OutInChurch und natürlich auch „Wir sind Kirche“ begrüßten die Synodalen in erwartungsfroh-guter Stimmung.

Aber dann am ersten Abend die unerwartete und auch schlecht vorbereitete Endabstimmung über den Grundtext des Sexualitätspapiers! Wenn nach dem höchst enttäuschenden Abstimmungsverhalten einer Minderheit der Bischöfe auch der Grundtext des Frauenforums nicht die laut Satzung erforderliche Zweidrittelmehrheit der Bischöfe erhalten hätte, hätte dies das Scheitern des gesamten Synodalen Weges bedeutet.

Erschreckend waren die insgesamt teils schlichte Argumentation und die nicht zu übersehende Polarisierung innerhalb der Deutschen Bischofskonferenz wie auch die Verweigerung vieler Bischöfe und Weihbischöfe, sich vor der Synodalversammlung wie auch hier in Frankfurt an der inhaltlichen Debatte zu beteiligen. Nicht einmal nach ihrem Veto hatten manche den Mut, sich aus ihrer Anonymität herauszuwagen. Unbestritten ist, dass bei grundlegenden Fragen – wie der Frauenordination, der Zölibatspflicht, der kirchlichen Zwei-Stände-Ordnung und bestimmten Fragen der Sexualmoral – der Synodale Weg in Deutschland keine Vorgaben für die Weltkirche machen kann. Aber er hat zu Recht fundamentale Fragen gestellt und er zeigt Reformwege auf, die für eine ernsthafte theologische Debatte weltweit von Relevanz sein können. Denn die Skandale, die den Synodalen Weg in Deutschland notwendig machten, wurden zuletzt ja auch in Polen, Frankreich, Spanien und Italien offenbar, und es gibt sie weltweit. Bemerkenswert ist, dass bei dem weltweiten Beteiligungsprozess im Vorfeld der Weltbischofssynode 2023 inzwischen in vielen Ländern ähnliche Reformpunkte geäußert worden sind wie beim Synodalen Weg in Deutschland.

 

In der akuten Krisenlage der Weltkirche bedrohen also nicht die Reformvorschläge aus Deutschland oder anderen Ländern die kirchliche Einheit, sondern die aktuellen Reformblockaden. Die rückwärtsgewandten Kreise, von denen auch Papst Franziskus spricht, haben keine Antwort auf die geistliche und sexualisierte Gewalt, die zu einem dramatischen Glaubwürdigkeitsverlust der Kirche geführt haben, und sind nicht bereit, sich mit den systemischen Ursachen zu befassen. Und noch viel weniger, zuvor über die wirklich konfliktreichen Fragen der Theologie zu sprechen: über den Glauben, das Menschen-, Christus- und Gottesbild.

Aber konkret: Der Vatikan muss endlich die in den vergangenen Monaten mehrfach angekündigten Gespräche zwischen dem Präsidium des Synodalen Weges in Deutschland und dem römischen Synodalbüro in Gang bringen. Für die für 2023 einberufene Bischofssynode braucht es eine umfassende Partizipation von gleichberechtigten Männern und Frauen, wenn diese weltweite Synode ihren erklärten Zielen gerecht werden soll. Die Glaubwürdigkeit, Reformwilligkeit und letztlich die Existenz der katholischen Weltkirche stehen auf dem Spiel.

Christian Weisner

Unser Kolumnist ist Mitinitiator des KirchenVolksBegehrens und Mitbegründer der Internationalen Bewegung „Wir sind Kirche“, in deren Bundesteam er aktiv ist.

Zuletzt geƤndert am 28­.09.2022