29.9.2022 - KNA

Zusammenfassung Nazi-Vergleich: Bischöfe fordern Entschuldigung von Kardinal

Fulda (KNA) Mit einem Eklat ist am Donnerstag die Herbstvollversammlung
der Deutschen Bischofskonferenz in Fulda
zu Ende gegangen. Die katholischen Bischöfe reagierten mit
groÿer Empörung auf einen NS-Vergleich des Schweizer Kurienkardinals
Kurt Koch. Der Konferenzvorsitzende Georg Bätzing
forderte eine sofortige Entschuldigung. Wenn diese öffentliche
Entschuldigung nicht umgehend geschieht, werde
ich eine ozielle Beschwerde beim Heiligen Vater einreichen,
sagte er.

Der Kardinal habe sich disqualiziert, so der Limburger
Bischof. Schon seit längerem versuche Koch, das Reformprojekt
Synodaler Weg der katholischen Kirche in Deutschland
zu schwächen. Die neue Äuÿerung sei eine inakzeptable Entgleisung
. Darin zeige sich die pure Angst, dass sich etwas
bewegt.

Koch hatte in der Wochenzeitung Die Tagespost über
Parallelen zwischen aktuellen kirchlichen Diskussionen und
solchen aus der NS-Zeit gesprochen: Es irritiert mich, dass
neben den Oenbarungsquellen von Schrift und Tradition
noch neue Quellen angenommen werden; und es erschreckt
mich, dass dies - wieder - in Deutschland geschieht. Koch
fügte wörtlich hinzu: Denn diese Erscheinung hat es bereits
während der nationalsozialistischen Diktatur gegeben, als die
sogenannten 'Deutschen Christen' Gottes neue Oenbarung
in Blut und Boden und im Aufstieg Hitlers gesehen haben.

Die Deutschen Christen waren eine - protestantische -
Gruppierung, die die evangelische Kirche in Deutschland nationalsozialistisch
umzugestalten versuchte. Sie vertrat rassistische,
antisemitische und am Führerprinzip orientierte Inhalte.

Bätzing machte zum Abschluss der Vollversammlung
deutlich, dass die Bischöfe ihren Streit um Fragen der Sexualmoral
nicht beilegen konnten. Wir haben einen Konsens, dass
wir einen Dissens haben, sagte er. Die Meinungsverschiedenheiten
seien auszuhalten, ohne dass wir als Weggemeinschaft
auseinanderfallen. Eine Sperrminorität konservativer
Bischöfe hatte bei der Synodalversammlung in Frankfurt die
Verabschiedung eines Grundsatzpapiers zur Erneuerung der
katholischen Sexualmoral verhindert.

Die Bischöfe wollen im November mit dem Papst über
ihr Reformprojekt sprechen. Wir fahren nach Rom, um auch
endlich einmal im O-Ton zu hören, was es denn wirklich für
Vorbehalte der Sache nach gibt, sagte Bätzing vor Journalisten.
Seit 2019 beraten Bischöfe und Gläubige unter anderem
über mehr Gewaltenteilung in der Kirche, mehr Teilhabe von Laien, den Zugang von Frauen zu kirchlichen Ämtern
und eine neue Sexualmoral. Es handle sich dabei um keinen
deutschen Sonderweg, betonte Bätzing. Diese Fragen sind
überall in der Welt präsent.

Im Namen der Konferenz dankte der Vorsitzende dem
ausgeschiedenen Beaufragten für die Aufarbeitung sexuellen
Missbrauchs, Bischof Stephan Ackermann. Es habe einen
lange anhaltenden Applaus der Bischöfe für Ackermanns
zwölfjährige Arbeit gegeben. Der Trierer Bischof habe hochengagiert
und selbstkritisch gehandelt. Es sei Ackermann als
Motor des Lernprozesses zu verdanken, dass die Bischöfe
weitreichende Entscheidungen getroen hätten, so Bätzing.

Ackermanns Nachfolger ist der Aachener Bischof Helmut
Dieser (60). Die Bischöfe hatten zudem beschlossen, sich im
Kampf gegen Missbrauch neu aufzustellen. Neben einer von
Dieser geleiteten bischöichen Fachgruppe und dem Betroffenenbeirat
der Bischofskonferenz soll ein neuer Expertenrat
die Aufarbeitung vorantreiben.

Zum Abschluss ihrer Vollversammlung sprachen sich die
Bischöfe für eine weitere - auch militärische - Unterstützung
der Ukraine aus. Wenn ein eklatanter Bruch des Völkerrechts
mit einem militärischen Sieg belohnt würde, hätte dies langfristig
fatale Folgen, erklärte die Bischofskonferenz.

Vor dem Hintergrund der Energiekrise und dem Angriskrieg
Russlands riefen die Bischöfe zugleich zu Zusammenhalt
und Solidarität auf. Das gelte vor allem gegenüber denjenigen,
die versuchen, die Gesellschaft zu spalten, sagte Bätzing.
Von der Krise könnten Menschen bis weit in die Mittelschicht
existenziell betroen sein, so der Limburger Bischof.
Ebenso dürften kleinere Betriebe nicht alleine gelassen werden.
Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, man hilft nur
den Groÿen.

Unter dem Motto Verbrannte Erde demonstrierten am Nachmittag rund 60 Menschen für Gleichberechtigung, Gerechtigkeit
und Glaubwürdigkeit in der katholischen Kirche. Sie zogen vom Fuldaer Hauptbahnhof in Richtung Dom, wo der Abschlussgottesdienst der Herbstvollversammlung gefeiert wurde. Mit der Ablehnung eines Papiers für eine erneuerte
Sexualmoral durch konservative Bischöfe sei unwiederbringlich Vertrauen verspielt und weiter zerstört worden, so die Veranstalter, darunter die Initiative Maria 2.0 und katholische Frauenverbände. Sie alle hatten Frauen und Männer eingeladen, in dunkler oder schwarzer Kleidung zu kommen und Blumen und Grablichter, Traueranzeigen und Danksagungen mitzubringen.

 


Die Tagespost

Exklusivinterview
„Der Mensch dürstet nach der Wahrheit“
Kurienkardinal Kurt Koch entlarvt die „Diktatur des Relativismus“ und korrigiert den Synodalen Weg.

https://www.die-tagespost.de/kirche/aktuell/der-mensch-duerstet-nach-der-wahrheit-art-232516

Zuletzt geändert am 01­.10.2022