März 2023 – Kirche In (Kolumne „Unzensiert“)

Abgehoben

Symptomatisch für das Geschehen bei der Kontinentalversammlung zur Weltsynode in Prag erschien mir der Ablauf des Gottesdienstes am 8. Februar: Ca. 50 Bischofsmützen zogen samt ihrer Träger in üblicher klerikaler Prozession in den eiskalten Prager Veitsdom hinein und wieder aus. Ein synodales Zeichen für den Willen, zu versuchen die vielen Problem in der Kirche gemeinsam, also synodal zu lösen? Sicher nicht!

Anders als sein Kollege Quellet, der seine Homophobie gnadenlos während der Predigt am Tag zuvor den Zuhörenden um die Ohren haute, versuchte Kardinal Grech, im Vatikan für die weltweite Synode zuständig, sich an einem Balanceakt in wolkigen Höhen. Seine Predigt variierte ausgehend vom Tagesevangelium Mk 7,14-23 „Nichts, was von außen in den Menschen hineinkommt, kann ihn unrein machen, sondern was aus dem Menschen herauskommt, das macht ihn unrein“,  eines germanistischen Proseminars würdig, das Thema Präpositionen – Beziehungswörter. Er kommt dabei zu dem Schluss, dass Präpositionen nicht einfach eine Unterscheidung angeben, sondern eine Unterscheidung innerhalb einer Beziehung. Also über  und unter, innerhalb und außerhalb, vor oder nach, mit, ohne oder gegen... „Eine Synode ohne Präpositionen ist eine Synode ohne Unterscheidungen...“ Einige von uns, die bei dem Gottesdienst dabei waren, und am Ende die Besucherinnen und Besucher sowie den Klerus mit dem Transparent „EQUALITY - for WOMEN, LAITY, LGBTQ+, MARRIED  erwarteten, spekulierten, ob er mit seinen komplizierten Denkschleifen das „Publikum“ verwirren oder von seiner  Gelehrsamkeit überzeugen wollte – oder gar damit ablenken wollte, dass er auch keine Idee hat, wie die unterschiedlichen Kräfte und Strömungen in der Synode zu einem guten Weg zu führen seien.

Die abgehobene Bühne des Altarraums hat  während zur Kommunionausteilung an die Laien kein einziger Haubenträger verlassen. Irgendwie ist das mit der Ent-Klerikalisierung wohl insbesondere beim Auftreten in größeren Gruppen für die Elitekleriker ein schwerwiegendes Problem. Sie heben sich in allem von ihrem Umgebung ab und sie agieren abgehoben. Und leider betrifft das dann auch solche, die sich schon auf einen anderen Weg gemacht haben. Der Klerikalismus ist immer noch in der DNA der römischen Kirche begründet und ist damit der Hauptwiderstand gegen eine grundlegende Reform. Solange nicht die Botschaft des Mannes aus Nazareth die Richtschnur für kirchliches Leben ist, sondern die Bewahrung des Amtsverständnisses, solange ist dieses Leben zum Aussterben verurteilt.

Das Wort Klerus geht auf das  griechische κλῆρος / kleros „Scherbe“ zurück,  dann  auf „als Los gebrauchte Scherbe“, so wie Matthias in Apg 1 durch Losentscheid als zur Apostelgruppe gehörig bestimmt wird. – Wenn nicht wirklich weltweit am Rückbau, an der Beseitigung der klerikalen Struktur der Kirche gearbeitet wird, dann wird es in der dann weiter immer kleiner werdenden Kirche beim  abgehobenenScherbenhaufen bleiben.

Sigrid Grabmeier
Bundesteam Wir sind Kirche-Deutschland

 

 

Zuletzt geändert am 20­.02.2023