17.9.2023 - Münchner Kirchenzeitung

Gratulation an den Erzbischof

Am 21. September feiert Kardinal Reinhard Marx seinen 70. Geburtstag

 

„Ich stelle nicht in Frage, dass die Inhalte diskussionswürdig sind, doch eine differenzierte Debatte kann so nicht in Gang kommen“, argumentierte Reinhard Marx im Jahr 1995, als nach dem Wiener Missbrauchsskandal das KirchenVolksBegehren auch in Deutschland für lebhafte Diskussionen sorgte. Damals verteidigte er die geltende Lehre eloquent und konsequent. Doch das Thema Missbrauch hat ihn auf allen kirchlichen Karrierestufen bis heute nicht mehr losgelassen.

Als erster deutscher Bischof hat er im Jahr 2010 eine Missbrauchsstudie in Auftrag gegeben, die Joseph Ratzinger auf dem Münchner Bischofsstuhl schon damals nicht entlasten konnte. Unter seinem Vorsitz hat die Deutsche Bischofskonferenz endlich die MHG-Studie in Auftrag gegeben. Marx ist es dann gelungen, die Bischöfe und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken für den Reformprozess des Synodalen Weges in Deutschland zu gewinnen. Den von der MHG-Studie erkannten Risikofaktoren für Missbrauch und Vertuschung folgend wurden dann vier Themenbereiche bearbeitet, die auch schon das KirchenVolksBegehren mehr als 20 Jahre zuvor in Österreich aufgezeigt hatte: Macht, priesterliche Existenz, Frauen in Diensten und Ämtern sowie Sexualität.

Transformationsprozesse brauchen ihre Zeit. Der Wechsel von Papst Benedikt zu Papst Franziskus mag für Marx nicht einfach gewesen
sein. Zu wichtig war Marx die traditionelle sakramentale Struktur, die er auch mehrfach disziplinarisch durchgesetzt hat. Franziskus dagegen fährt einen Kirchenkurs und erwartet ein Bischofsbild, das wieder am Zweiten Vatikanischen Konzil orientiert
ist, das Partizipation und Engagement zum Ziel hat.

In sozialen Fragen kann der Sozialwissenschaftler Marx gut mithalten und ist zu vielen Themen sprachfähig. Sehr schnell hatte Franziskus ihn, den damaligen Vorsitzenden des europäischen Bischofsrates, in den Kardinalsrat berufen. Und wer Marx über die Jahre genau zugehört hat, nimmt wahr, dass sich seine Positionen zum Beispiel gegenüber queeren Menschen oder in der Zölibatsfrage Schritt für Schritt verändert haben, was nicht nur am sogenannten Priestermangel liegen mag. Als einziger Kardinal positioniert er sich in dem wichtigen Buch „Frauen ins Amt“.

Seit 15 Jahren trägt er für das Münchner Erzbistum Verantwortung, aus der Papst Franziskus ihn nicht entlassen will. Vieles hat Marx hier bewegt. Aber gemessen an seinen auch international beachteten kirchenreformerischen Aussagen, erwarten viele, dass Marx hier in
München endlich auch weitere konkrete Reformen voranbringt, die seinem Wahlspruch von Freiheit gerecht werden.

Ich wünsche ihm Gesundheit, Kraft und Gottvertrauen für die kommenden Jahre. Vielleicht ist es ihm ja vergönnt, auch
den nächsten Papst zu wählen, für den sich Franziskus kürzlich den Namen Johannes XXIV. gewünscht hat.

Christian Weisner
Mitinitiator der KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche in Deutschland

 

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Joachim Unterländer MdL a. D.
Vorsitzender des Landeskomitees der Katholiken in Bayern,
Vorsitzender des Caritas-Bundesfachverbandes Kinder- und Jugend-Reha,
Mitglied im Vorstand des Diözesanrats und des DiCV-AR

Andreas R. Batlogg SJ
Jesuit, Buchautor, Seelsorger an St. Michael in München

Hiltrud Schönheit
Vorsitzende des Katholikenrates der Region München,
stellv. Diözesanratsvorsitzende

Florian Ertl
stellv. MK-Chefredakteur

Zuletzt geändert am 13­.09.2023