23.12.2006 - Neuer Tag, Amberger Zeitung

Zum Artikel "Papst Benedikt ändert die Wandlungsworte" - AZ 19.12.06

Das war keine frohe Weihnachtsbotschaft! Wenn das 2. Vatikanische Konzil den liturgischen Text bei der Wandlung von "für viele" in "für alle" geändert hat, hatte es genügend und wohlüberlegte Gründe dafür. Zwar findet man im griechischen Urtext bei Markus (14,24) und Matthäus (26,28) "mein Blut..., das für viele vergossen wird", aber der früher schreibende Paulus (1 Kor 11,25) und auch Lukas (22,20) überliefern "mein Blut..., das für euch vergossen wird". Wer des Hebräischen mächtig ist, weiß, dass "viele" gleich bedeutend mit "alle" ist.

So hat schon mein verehrter theologischer Lehrer Franz Mußner (bestimmt kein besonders "progressiver", dafür aber ein grundsolider, von allen anerkannter Exeget!) vor Jahren betont: "Jesu ,neuer Bund' ist ... ein Bund mit den ,vielen' (= mit ,allen', gemäß dem hebräischen Sprachgebrauch), d.h. Jesu Bund, gestiftet durch sein Blut, bezieht sich auf die ganze Menschheit einschließlich Israel, entsprechend dem großen Programm Gottes: Heil für alle!"

Wenn nach dem Willen von Papst Benedikt in Zukunft der Priester im Einsetzungstext wieder "für viele" sagen soll, ist das nicht nur exegetisch ein Rückschritt, sondern auch eine Rücknahme der Heilszusage Jesu an alle! Wenn man weiß, dass gerade konservative Kreise auf diese Übersetzung pochten und auch sonst beobachten kann, dass Konservativen und Traditionalisten alle möglichen (mitunter theologisch bedenklichen) Wünsche erfüllt werden und so vieles getan wird, um die Erinnerung an das 2. Vatikanische Konzil verblassen zu lassen, stimmt das sehr traurig...

Josef Bayer, Dipl.-Theol.
Ebermannsdorf

Zuletzt geändert am 29­.12.2006