4.6.2010 - kfd-Bundesversammlung in Mainz

Die Chance zur Erneuerung ist jetzt! Forderungen der kfd Bundesversammlung angesichts der aktuellen Situation in der katholischen Kirche

Mit großer Sorge blickt die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) auf die derzeitige Krise der katholischen Kirche. Angesichts der aktuell bekannt gewordenen Fälle von sexuellen Übergriffen auf Kinder und Jugendliche, von Gewalt und dem damit verbundenen Missbrauch von Macht sind wir tief enttäuscht. Dies wiegt besonders schwer, weil wir Frauen in der kfd als eine lebendige Gemeinschaft die Kirche seit Jahrzehnten aktiv mit gestalten und uns durch eine hohe Identifikation mit ihr auszeichnen. Vor allem die Tatsache, dass kirchliche Strukturen eine Vertuschung der Vorfälle ermöglicht haben, hat die Glaubwürdigkeit unserer Kirche in besonderem Maße erschüttert.

In dieser Situation werden bislang nicht geklärte Themen und drängende Fragen von Frauen in der Kirche wieder verstärkt sichtbar. Es wird deutlich, dass die Krise der Kirche insgesamt viel tiefer geht und sie einer grundlegenden Erneuerung bedarf. Das ist eine große Herausforderung, die aber auch vielfältige Chancen enthält. Deshalb stellen wir als kfd an die deutschen Bischöfe und an die Verantwortlichen in der Kirche folgende Forderungen:

Bei der Aus- und Weiterbildung von Priestern müssen die Verantwortlichen konsequent auf die Eignung und Reife der Bewerber sowie auf ihre Kompetenz in Genderfragen achten. Über den Pflichtzölibat von Priestern muss neu nachgedacht werden, bei gleichzeitiger Wertschätzung des freiwillig gewählten Zölibats.

Es bedarf dringend einer konstruktiven Auseinandersetzung mit dem Thema Körperlichkeit und Sexualität, die eine ganzheitliche Sicht des Menschen zugrunde legt. Eine zukunftsfähige Sexualethik muss die Fragen der Menschen ernst nehmen und ermutigende Antworten geben können. Die Kirche muss dafür Sorge tragen, dass zu diesen Themen frei von Angst vor Repressionen notwendige theologische Diskussionen geführt werden können.

Die Vielfalt von Lebens- und Familienformen muss wahrgenommen und selbstverständlicher in das Leben der Kirche einbezogen werden. Wir brauchen eine neue Kultur des Verständnisses für Brüche und menschliches Scheitern im Leben, z.B. eine angemessene Seelsorge bei Trennung und Scheidung und einen wertschätzenden Umgang mit Geschieden-Wiederverheirateten.

In Bezug auf den ökumenischen Dialog fordern wir weitere deutliche und sichtbare Zeichen, die die ökumenische Gemeinschaft festigen. Beim Ökumenischen Kirchentag in München wurde erneut deutlich, wie wichtig und tragend alle christlichen Konfessionen für die Zukunft der Kirchen sind.

Eine Erneuerung unserer Kirche ist nur möglich, wenn die vielfältigen Charismen und Fähigkeiten von Frauen anerkannt und ihre Erfahrungen und Visionen in den kirchlichen Gremien auf den unterschiedlichen Ebenen aktiv einbezogen werden. Die Kirchenleitung muss Frauen verstärkt zur Übernahme von Diensten und Ämtern in der Kirche ermutigen und sie dazu beauftragen. Sie muss Leitungspositionen auch mit Frauen besetzen und das Diakonatsamt für Frauen öffnen. Im Miteinander von Ehren- und Hauptamtlichen in der Kirche sind konkrete Schritte der Anerkennung von Kompetenzen notwendig.

In der konkreten Umsetzung unseres Leitbildes „leidenschaftlich glauben und leben“ werden wir uns mit diesen aktuellen Fragen weiter auseinandersetzen. Als größter Frauenverband in Deutschland wollen wir in einen strukturierten Dialog treten und somit die Krise zu einer Chance für alle werden lassen.

Beschlossen von der kfd-Bundesversammlung am 4. Juni 2010 in Mainz

http://www.kfd-bundesverband.de/fileadmin/Bilder/Ziele/Positionen/Die%20Chance%20zur%20Erneuerung%20ist%20jetzt%20(2).pdf

Zuletzt geändert am 02­.11.2010