2.12.2011 - Rheinische Post

Geschenke zum Nikolaustag

von Edmund Erlemann

Wenn ich Papst wäre, dann würde ich diesen Brief schreiben: Ich heiße Benedikt XVI. – oder Joseph Ratzinger. Und ich bin ein Bischof. Nun war da vor vielen hundert Jahren auch einmal ein Bischof. Er war ein kleiner Bischof – und nicht, wie ich, Bischof von Rom und der ganzen Kirche. Nikolaus hieß der kleine Bischof. Und sein Bistum, dessen Menschen ihn sehr liebten, hieß Myra und lag in der heutigen Türkei. Er lebte im 4. Jahrhundert. Bischof Nikolaus war ein ganz guter Mensch. Deshalb wird bis heute sein Fest gefeiert: am 6. Dezember. Jetzt steht also der Nikolaus im Jahr 2011 vor der Tür. Der Nikolaus bringt den Kindern und den Erwachsenen Geschenke.

Als ich an Bischof Nikolaus dachte und an die Geschenke, mit denen er so viel Freude macht, fiel mir auf einmal heiß ein: Bei meinem Besuch in Deutschland habe ich doch tatsächlich meine Geschenke vergessen, die ich eigentlich mitbringen wollte. So, wie Bischof Nikolaus jedes Jahr wiederkommt, möchte ich auch gerne zurückkommen nach Deutschland, in meine Heimat, um mit den damals vergessenen Geschenken die Kinder und die Erwachsenen in Deutschland glücklicher zu machen. Dieses Mal komme ich auch ganz einfach: mit der Linienmaschine, mit der auch Bischof Nikolaus geflogen wäre. Geld wird nicht benötigt zum Abgeben meiner Geschenke. Ich lasse auch die besonderen „Klamotten“ in Rom zurück und komme einfach. Ja, und so sehen meine Geschenke aus: „Ich hatte mir vorgenommen, mehr für die Ökumene zu tun. Deshalb erkläre ich: Der Kirchenbann gegen den großen Reformator Martin Luther ist (schon durch seinen Tod damals) aufgehoben. Die Kirchen der Reformation sind Kirchen in vollem Sinn und werden als solche von der katholischen Kirche anerkannt. Evangelischen Partnern ist die Teilnahme an der Kommunion in der katholischen Messe erlaubt: Sie sind herzlich eingeladen.

Das Jahr 2017, der 500. Jahrestag der Reformation, wird gemeinsam gefeiert. Und wir werden bestimmt nicht noch einmal 500 Jahre über die Probleme unserer Trennung diskutieren! Ich sehe, dass viele Christen am Sonntag nicht mehr an einer Eucharistiefeier teilnehmen können. Die Zahl der Priester wird immer kleiner. Ich finde die Wortgottesdienste sehr wichtig, aber es muss allen Gemeindemitgliedern auch möglich sein, die heilige Messe mitzufeiern. Schon im Jahr 1979 habe ich geschrieben, wenn ein so großer Priestermangel Wirklichkeit würde, würde unsere Kirche „in Ehe und Beruf bewährte Männer“ zu Priestern weihen. Jetzt kann ich meine Worte von damals selbst einlösen. Also dürfen die Bischöfe ab sofort die „viri probati“ (Kirchenlatein!) zu Priestern weihen. Das bedeutet auch, dass die Ehelosigkeit der Priester (Zölibat) neu diskutiert werden muss. Ich werde mich dafür einsetzen. Gemeinsam mit Bischöfen, Priestern und „Laien“ müssen wir überlegen, ob die pflichtmäßige Ehelosigkeit der Priester nicht überholt ist. Die Bischöfe haben doch einen „Dialogprozess“ angestoßen. Macht bitte mit! Dieses Mal sollen den Worten Taten folgen!

Ob auch Frauen zu Diakoninnen und Priesterinnen geweiht werden könnten? Viele sagen (ich auch manchmal!): Das geht nicht. Da sitze ich ganz schön in der „Tinte“: Eigentlich finde ich, dass Frauen zu allen Ämtern zugelassen werden sollten. Aber die Probleme, besonders mit den orthodoxen Kirchen und der Angelikanischen Kirche, sind gewaltig. Überlegt bitte mit mir, wie man diese Probleme lösen kann.

Ihr habt schon viele Fotos von mir gesehen. Ich möchte einladend für alle aussehen. Aber manche der Fotos zeigen auch meine Angst. Ich bin ja auch nur ein Mensch – mit einer viel zu schweren Aufgabe. Ich denke an Lesben und Schwule. Da weiß ich auch nicht weiter. Aber sie gehören zu uns! Helft mir bitte! – Und die Geschiedenen, die wieder geheiratet haben und von den Sakramenten ausgeschlossen sind. Das darf nicht so bleiben. Ich weiß aber keinen Ausweg – außer ihr fragt euer Gewissen und entscheidet euch dann!

Noch eins: Die neuen großen Strukturen und Fusionen von Gemeinden sind nicht gut. Sie machen persönliche Beziehungen, von denen der Glaube doch lebt, unmöglich. Und sie machen Priester „kaputt“. Ich werde mich dafür einsetzen, dass „Laien“, also nicht Geweihte, Gemeinden leiten und Priester (wieder) Seelsorger sein können. „Warum nicht so?“, habe ich mich gefragt und habe euch zum Fest des kleinen Bischofs Nikolaus an 6. Dezember diese im September vergessenen Geschenke gebracht. Hoffentlich bringen sie Freude! Euer Bischof Benedikt.

Zuletzt geändert am 19­.12.2011