14.6.2012 - Badische Zeitung

Priester-Memorandum. Erzbischof Zollitsch macht den Streit um wiederverheiratete Geschiedene zur Chefsache

Bewegung im Streit um wiederverheiratete Geschiedene: Hatte das erzbischöfliche Ordinariat zuletzt versucht, den Druck auf die Unterzeichner des Memorandums zu erhöhen, hat es jetzt die Initiatoren zum Gespräch geladen – an dem auch Erzbischof Robert Zollitsch teilnehmen wird.

Damit hat wohl keiner gerechnet: Erzbischof Robert Zollitsch wird an einem Gespräch zwischen dem erzbischöflichen Ordinariat und den Initiatoren des neuen Freiburger Memorandums teilnehmen. Bisher war dies von Seiten der Erzdiözese ausgeschlossen worden. Das Treffen, zu dem Generalvikar Fridolin Keck die Initiatoren am Donnerstag eingeladen hat, findet einer Pressemitteilung zufolge am 21. Juni statt. Hatte es beim ersten Memorandum vor einem Jahr noch sechs Monate gedauert, ehe ein Gesprächstermin feststand, scheint Erzbischof Robert Zollitsch die Thematik nun zur Chefsache machen zu wollen. Bislang hatte es immer geheißen, Vertreter des Ordinariats würden sich mit den Initiatoren des Aufrufs treffen.

190 Diakone und Priester haben bereits unterschrieben

Zuletzt hatte das Kirchenamt an der Freiburger Herrenstraße im Streit um wiederverheiratete Geschiedene den Druck auf die Priester erhöht. In einem in moderatem Ton gehaltenen Brief rief Keck die Pfarrer dazu auf, das Memorandum nicht zu unterschreiben – beziehungsweise ihre Unterschrift zurückziehen.

Das Memorandum setzt sich für wiederverheiratete Geschiedene ein. 190 Diakone und Priester haben die Erklärung bereits unterschrieben, das ist nahezu ein Drittel des seelsorgerischen Personals in Deutschlands zweitgrößter Diözese.In ihrem Aufruf fordern die Unterzeichner, wiederverheiratete Geschiedene nicht mehr länger vom Kommunionempfang auszuschließen. Zugleich geben sie offen zu, dass sie die Betroffenen in ihren Pfarrgemeinden schon jetzt nicht länger den Empfang der Sakramente verweigern oder sie bei kirchlichen Aufgaben etwa im Pfarrgemeinderat außen vor lassen – und damit bewusst gegen Kirchenrecht verstoßen.

Schlagzeilen über die Grenzen des Erzbistums hinweg

Dazu hatte sich Erzbischof Zollitsch bislang noch nicht direkt geäußert. In einer Erklärung betonte das Ordinariat jedoch, dass der Erzbischof die Verstöße nicht dulden wolle. Weil es in dieser Frage jedoch keine "einfachen Rezepte" gebe, sei die Erklärung von Priestern und Diakonen zum Thema Wiederverheiratete Geschiedene weder hilfreich noch konstruktiv. "Denn die katholische Kirche sucht hier derzeit intensiv nach Lösungen im Dialog – nicht durch medial multiplizierte Forderungen und Unterschriftenaktionen", so die Erzdiözese.

Diesen Dialog scheint das Ordinariat nun schnell zu suchen, schließlich hatten die Priester und Diakone mit ihrer Freiburger Erklärung in den vergangenen Tagen weit über die Grenzen des Erzbistums hinweg für Schlagzeilen gesorgt. Fairerweise muss aber erwähnt werden, dass der Zollitsch im vergangenen Jahr das Thema schon einmal vorsichtig in einem Interview angesprochen: Er bezeichnete in der Wochenzeitung "Zeit" den Umgang mit den wiederverheirateten Geschiedenen als eine "Frage der Barmherzigkeit". Zollitsch erntete Kritik von konservativen deutschen Bischöfen. Und aus Rom kam die erneute Ansage: kein Pardon für wiederheiratete Geschiedene.

http://www.badische-zeitung.de/freiburg/erzbischof-zollitsch-macht-den-streit-um-wiederverheiratete-geschiedene-zur-chefsache--60623146.html

Zuletzt geändert am 14­.06.2012