3.7.2014 - mittelhessen.de

"Konzept für Pastorale Räume stoppen"

Pfarrer i. R. Dieter Lippert warnt vor dem falschen Weg bei der Pfarrreform

Limburg (flu). Die Reduzierung der Pastoralen Räume im katholischen Kirchenbezirk Limburg ist umstritten. Einer der schärfsten Kritiker ist Dieter Lippert. Ein "Augen zu und durch!" kann es nicht geben, sagte er im TAGEBLATT-Gespräch.

Herr Pfarrer Lippert, warum halten Sie den eingeschlagenen Weg für falsch?

Lippert: Die Einrichtung der "Pfarreien neuen Typs" ist ohne ausreichende Beratung und Entscheidung im Diözesansynodalrat und Priesterrat geschehen. Geleitet ist sie von der Auffassung des emeritierten Bischofs, dass am Pflichtzölibat der Priester um jeden Preis festzuhalten ist. Das bedeutet, dass die Zahl der Pfarreien der Zahl der zu erwartenden Priester anzupassen ist. Damit hat der Bischof Zweifel an der seelsorgerischen Kompetenz der Berufe der Pastoral- und Gemeindereferenten gesät. Die Gemeindeleitung nach Can. 517 § 2, wonach die Möglichkeit besteht, in Pfarreien ohne eigenen Pfarrer Pfarrbeauftragte mit Leitungskompetenz einzusetzen, wurde abgeschafft. Die Feier von priesterlosen Gottesdiensten am Sonntag wurde zugunsten von zentralen Eucharistiefeiern immer mehr eingeschränkt." - (Can. ist die Abkürzung für Codex des kanonischen Rechts, das Gesetzbuch des Kirchenrechts der katholischen Kirche; Anm. d. Red.)

Den Zuschnitt Pastoraler Räume wäre ein großer Schritt zurück. Werden mündige Christen dadurch nicht entmündigt?

Lippert: Die Entwicklung des Bistums und die Ereignisse um Bischof Tebartz-van Elst sprechen für sich. Tiefer als die Vorgänge um das Bischofshaus auf dem Domberg und die damit verbundenen finanziellen Unregelmäßigkeiten sind die Schäden, die seinem selbstherrlichen Verständnis von der Ausübung des Bischofsamtes im Bereich Personalführung und Pastoral zuzuschreiben sind. Dieser Bischof ist mit seinem Konzept der ‚Bereitschaft zur Bewegung‘, das einen Umbau der Diözese zu einer Hierarchisierung nach vorkonziliaren Maßstäben zum Ziel hatte, auf der ganzen Linie gescheitert. Die Einrichtung der Pfarreien neuen Typs ist der Weg, um aus vielen kleinen Pfarreien eine kleine Pfarrei zu machen.

Sie waren damals Bezirksdekan. Hätten Sie den Bischof nicht frühzeitig vor möglichen Fehlentwicklungen warnen müssen?

Lippert: Ich habe im Sommer 2010 dem damaligen Bischof vor der Plenarkonferenz erklärt, dass ich den von ihm beschrittenen Weg zur Einführung von überdimensionalen Pfarrstrukturen für falsch und schädlich halte. Das war für mich einer der Gründe, dass ich mein Amt als Bezirksdekan im September 2010 beendet habe.

Könnten Sie ein Beispiel für überdimensionale Pfarrstrukturen nennen?

Lippert: Schauen sie in den Westerwald, wo ich wohne. Dort sollen 13 bisherige Pfarreien mit 26 Kirchenorten zu einem Pastoralen Raum zusammengefasst werden. Ich halte die grundstürzende Entscheidung, Jahrhunderte alte bis tausendjährige Pfarreien aufzulösen, für geschichtsvergessen und vorbei an der Lebenswirklichkeit der ländlichen Gemeinden. Meine Teilnahme an der Auftaktveranstaltung kürzlich in Heilgenroth habe ich aus diesem Grund abgesagt. Es gibt Alternativen in Form von Kooperationsmodellen der unterschiedlichsten Art. Ein Modell, das nicht die Überlebensfähigkeit der Gemeinden, sondern die der zölibatären Priester zum Ziel hat, ist nicht zukunftsfähig.

Wie sollte es jetzt weitergehen?

Lippert: Jetzt im Prinzip an den Konzepten dieses Bischofs festzuhalten und weiterzuarbeiten, als wäre nichts geschehen, halte ich für falsch. Die ohne qualifizierte Beteiligung der Betroffenen erfolgte Entscheidung zur Schaffung von Pfarreien neuen Typs ist einer Revision zu unterziehen beziehungsweise zu sanieren. Dies kann durch entsprechende Grundsatzungsberatungen im Diözesansynodalrat und Priesterrat geschehen.

Was wäre der erste neue Schritt?

Lippert: Als erster Schritt sollte der Administrator die Entscheidung gegen die Gemeindeleitung nach Can. 517 § 2 zurücknehmen. Mit Hilfe von Pfarrbeauftragten könnten ganz andere Kooperationsstrukturen entwickelt werden. Sodann wäre über die Anzahl der zu bildenden Pastoralen Räume neu zu beraten. Sie sollte sich nicht an der Messzahl von 20 000 Katholiken, sondern an den Lebens- und Kulturzusammenhängen orientieren.

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Zuletzt geändert am 04­.07.2014