29.4.2015 - Radio Vatikan

Weltkirche: Wohin gehen die Frauen?

Welche Räume in der Kirche stehen heute offen für eine „flächendeckendere und einflussreichere Präsenz“ von Frauen? Papst Franziskus hatte jüngst gesagt, er sei von der „Dringlichkeit überzeugt, den Frauen im Leben der Kirche Räume zu bieten und sie anzunehmen“ – in der Seelsorge wie in der Theologie. An der Päpstlichen Universität Antonianum in Rom fand an diesem Dienstag eine Konferenz statt, die das Thema Frau in der Kirche in internationaler Perspektive behandelte. Kardinal Gianfranco Ravasi, der Präsident des Päpstlichen Kulturrates, sagte in seinem hinführenden Referat, es sei an der Zeit, über die Frau in der Kirche in einem Leseschlüssel der Zukunft nachzudenken anstatt sich von den Mängeln der Vergangenheit vereinnahmen zu lassen. Ravasi hatte die jüngste Vollversammlung des Kulturrates unter das Generalthema „weibliche Kulturen“ gestellt.

Das Antonianum, die Hochschule der Franziskaner, ist die erste Päpstliche Universität mit einer Frau als Rektor. Schwester Mary Melone, die als Gastgeberin der Konferenz auftrat, ortet ein durch Papst Franziskus selbst ausgelöstes hohes Interesse an der Frage der Frau in der Kirche.

„Die Zeit ist reif für eine Öffnung in dieser Richtung: es gibt da nicht nur eine Sehnsucht, sondern auch viel Zusammenarbeit, viel Zuhören, viel Interesse und – das möchte ich betonen – nicht nur vonseiten der Frauen, als ob wir zwei entgegengesetzte Gruppen wären, sondern es gibt auf kirchlicher Ebene Interesse. Die Anwesenheit von Kardinal Ravasi und übrigens auch vieler anderer männlicher Teilnehmer besagt, es ist wirklich die Zeit des offenen Dialogs gekommen, ohne Vorurteile und permanentes Kontergeben.“

Eine Reihe konkreter Vorschläge tauchte in den Debatten auf. Zentral waren Fragen der Bildung, denn diese ist nach Aussage von Rektorin Melone „unabdingbar, wenn es um das Schaffen einer neuen Vision für die Kirche geht“: mehr weibliche Lehrkräfte in Priesterseminaren, eine Vertiefung der „Theologie der Frau“, wie von Franziskus angeregt, und regelmäßiger akademischer Austausch, um die offenen Räume für die Frauen in der Kirche zu sondieren. Vorgeschlagen wurde auch eine Durchsicht des Kirchenrechtes mit dem Ziel, kirchliche Verantwortung und Priesterweihe mehr zu entkoppeln. Eine häufig getroffene und geteilte Aussage bei dem Kongress war: nicht über die Frauen sprechen, sondern mit den Frauen sprechen.

„Das ist wohl ein Bedürfnis, das wir stark empfinden, auch in der Theologie. Und es ist eine methodologische Entscheidung: Wir sehen uns nicht als Studienobjekt, als Problem, das es zu lösen gälte. Wir fühlen uns als Gesprächspartnerinnen, als aktiver Teil.“

Einige der Teilnehmerinnen brachten ein neues kirchliches Instrument ins Spiel: eine „Synode der Frauen“ analog zur Weltbischofssynode.

„Von diesem Vorschlag hatte ich schon gehört, und ich bin davon begeistert. Aber in diesem Sinn: dass die Frau kein Studienobjekt ist, sondern selbst Raum hat. Ich möchte das sagen mit den Worten des Heiligen Vaters, die sehr ermutigend waren: dass die Stimme der Frau eine anerkannte Autorität haben muss. Eine nicht zugebilligte Autorität, sondern eine anerkannte Autorität, weil auch die Frau Kirche ist. Demnach sollte also die Synode der Frauen eine Synode sein, in der die Frauen ein aktiver Teil sind – ohne dass das die Teilnahme von Männern ausschlösse oder als Forderung daherkommt – aber dass das ein Moment der Begegnung ist, in dem die Frauen Stimme haben, und eine Stimme, die als Autorität anerkannt ist.“

Treibende Kraft hinter dem Kongress war die Botschafterin Chiles beim Heiligen Stuhl, Monica Jimenez de la Jara. Weitere weibliche und männliche Diplomaten sprachen auf dem Podium; präsent war auch die Botschafterin der Bundesrepublik Deutschland beim Heiligen Stuhl, die katholische Theologin Annette Schavan.

(rv 29.04.2015 gs)

http://de.radiovaticana.va/news/2015/04/29/weltkirche_wohin_gehen_die_frauen/1140536

Zuletzt geändert am 01­.05.2015