28.01.2007 - AP

Kamphaus: „Da muss sich was ändern“

Limburger Bischof für neuen Kurs im Dialog mit dem Islam – „Irak-Krieg ist eine einzige Katastrophe“

Limburg – Am 2. Februar feiert der Limburger Bischof Franz Kamphaus seinen 75. Geburtstag. Am gleichen Tag scheidet er aus Altersgründen aus dem Amt. Im AP-Interview hält Kamphaus Rückschau auf seine Amtszeit und äußert sich zum Dialog zwischen Christentum und Islam, zum Irak-Konflikt und zu seinen Wünschen an die Jugend. Im Folgenden das Interview im Wortlaut:

AP: Herr Bischof Kamphaus, am 2. Februar scheiden Sie aus dem Amt. Sie waren fast 25 Jahre lang Bischof von Limburg. Was ist Ihre persönliche Bilanz dieser Zeit?

Kamphaus: Es hat sich in diesen 25 Jahren vieles gewaltig geändert. Vor allem ist die Sensibilität für das Thema Weltkirche erheblich stärker geworden. Städte wie Frankfurt am Main sind heute Orte, an denen sich die Welt versammelt. Jeder dritte Frankfurter Katholik hat keinen deutschen Pass, bei den Kindern und Jugendlichen ist es sogar jeder Zweite. Deshalb haben wir heute teilweise die Weltkirche in unseren eigenen Gemeinden.

AP: Ist nach Ihrer Einschätzung Deutschland heute weltoffener als vor 25 Jahren?

Kamphaus: Das Provinzielle ist ein Stück weit überwunden. Ich denke, das Miteinander verschiedener Kulturen funktioniert dann gut, wenn es nicht bedrohlich scheint. Wird in einzelnen Stadtteilen der Anteil Nichtdeutscher zu groß, dann kommt es zu einer Gegenreaktion. Dort, wo sich das Miteinander kontinuierlich entwickelt hat, da gibt es in der Regel keine Probleme.

AP: Als Sie Ihr Amt antraten, lag die Arbeitslosenzahl in der Bundesrepublik bei 1,6 Millionen, heute bei rund vier Millionen. Zugleich beklagen die Sozialverbände eine zunehmende Zahl von Armen in Deutschland. Sind Ihre Appelle für mehr Solidarität mit den sozial Schwachen ungehört verhallt?

Kamphaus: Die gesellschaftlichen Entwicklungen sind anders gelaufen, als ich das gedacht habe. Es ist richtig, dass wir die Verteilung von Arbeit in unserer Gesellschaft neu organisieren müssen. Dass ein solch großer Anteil zur Arbeitslosigkeit verdammt ist und den Leuten damit bedeutet wird, dass man sie nicht braucht, das kann nicht so bleiben. AP: Sie haben in den vergangenen Jahren immer wieder die Jugend in Predigten angesprochen, mehr Glaubenseifer und mehr Leidenschaft gefordert. Sind Sie unzufrieden mit der heutigen Jugend?

Kamphaus: Also die Jugend lässt mich ja nicht los. Schon bevor ich hierher nach Limburg kam, hatte ich immer viel mit jungen Leuten zu tun. Ich würde mir wünschen, die Jugendlichen heute wären sensibler für Fragen der Umwelt und der atomaren Bedrohung. Das ist ja nicht besser geworden. Ich halte die atomare Rüstung nach wie vor für eine Katastrophe.

AP: Im Dialog der Weltreligionen haben Kirchenführer in den vergangenen Jahrzehnten oft das Gemeinsame von Christentum, Islam und Judentum betont. Inzwischen gewinnt man den Eindruck, als werde von katholischer Seite wieder stärker das Trennende betont, als gebe es eine neue Skepsis gegenüber dem Dialog mit dem Islam. Kamphaus: Ihre Wahrnehmung trifft zu. Man hatte die Vision, die Religionen müssten zusammengehen, und hat dabei die Riesenunterschiede nicht gesehen. Es gibt bestimmte Punkte im Islam, wie die Menschenrechte, die Vorstellung von Staat und Religion, die Rechte der Frauen. Da kann man nicht sagen: Das kann alles so weitergehen. Da muss sich was ändern. Deshalb ist der Dialog wichtig. Die Gretchenfrage lautet: Wie hältst du es mit den Menschenrechten, mit dem Schutz von Minderheiten? Die muss in aller Deutlichkeit gestellt werden, übrigens auch mit Blick auf die Türkei.

AP: Die neue Skepsis im interreligiösen Dialog geht einher mit einem politischen Konflikt zwischen dem Westen und Teilen der islamischen Welt. Sehen Sie die Gefahr, dass Religionen auch im Westen für eine moralische Aufrüstung missbraucht werden könnten?

Kamphaus: Man muss das sauber auseinanderhalten. Der Irak-Krieg ist eine einzige Katastrophe. Die Kirche hat diesen Krieg verurteilt. Zugleich fordert sie, dass sich im Dialog mit dem Islam etwas bewegen muss. Ich denke, beides ist wichtig. Es wäre fatal, wenn man den Krieg unsererseits auch noch religiös motivieren würde.

AP: Es gibt im Bistum Limburg Laiengremien mit weit reichenden Mitspracherechten. Was raten Sie Ihrem Nachfolger mit Blick auf diese Gremien?

Kamphaus: Dass er sich die synodalen Strukturen gut anschaut und achtet. Die Zukunft der Kirche wird wesentlich in der Mitbeteiligung von ehrenamtlichen Laien liegen. Und da ist im Bistum Limburg ein guter Weg entwickelt worden.


(Die Fragen stellte Guido Rijkhoek)

Zuletzt geändert am 08­.02.2007