25.11.2016 - Allgemeine Zeitung

Der neue Bischof soll ein Seelsorger sein

Von Monika Nellessen

BISTUM Pfarrer und Diakone formulieren Stellenprofil / Chef soll offen gegenüber verheirateten Priestern und Leitungsämtern für Laien sein

MAINZ - Sittliches Verhalten, Treue und Gehorsam gegenüber Lehre und Hierarchie der Kirche, insbesondere Achtung des Zölibats – das sind Kriterien aus dem Fragekatalog der Amtskirche zur Auswahl von Bischofskandidaten. Die „Solidaritätsgruppe von Priestern und Laien im Bistum“ (SOG) hat ein anderes Anforderungsprofil für den neuen Mainzer Oberhirten: Die Domkapitulare sollten bei ihrer Wahl bedenken, vor welch riesiger Herausforderung die Kirche stehe, betont sie.

In einem der AZ vorliegenden Schreiben an das Domkapitel formuliert der Zusammenschluss, ähnlich einer Stellenanzeige, konkrete Wünsche für die Neubesetzung: Wichtiger als Disziplin und Rechtgläubigkeit sei, dass der neue Bischof „die Zeichen der Zeit“ erkenne. Damit Kirche in der säkularen Welt überhaupt noch Zukunft habe, müsse er „mit den Menschen nach neuen Wegen suchen, wie das Evangelium heute gelebt werden kann.“

Brief ans Domkapitel soll Entscheidungshilfe geben

Das schreiben die Pfarrer Hans-Peter Weindorf (Gonsenheim), Kurt Sohns (Ingelheim) und Joachim Putz (Worms), die Diakone Josef Kolbeck (Gau-Algesheim), Franzrudolf Kordel (einst Krankenhausseelsorger im KKM) und Ulrich Piwek (Bingen-Gaulsheim) sowie Helmut Westrich, einstiger Leiter des Katholischen Bildungswerks Rheinhessen. Ihren bereits im Juni verfassten Brief machen die insgesamt rund 30 gegenwärtigen und ehemaligen Priester und Diakone sowie Laien jetzt öffentlich, nachdem längst eine Liste des Domkapitels mit Vorschlägen nach Rom gegangen ist. Höchstwahrscheinlich im ersten Halbjahr 2017 wird die „Terna“ mit drei Namen zurückkommen, aus denen das Domkapitel den neuen Oberhirten auswählt.

Der Bischof solle sich dem Zweiten Vatikanischen Konzil verpflichtet sehen, appellliert die Solidaritätsgruppe ans Domkapitel. Er müsse „synodale Strukturen fördern“, „bereit sein, neue Zugangswege zu den kirchlichen Diensten zu öffnen (z.B. verheiratete Priester und Frauen im Diakonat)“ und moderne Formen der Gemeindeleitung zu entwickeln. Kordel betont, die Gruppe sei nicht gegen den Zölibat, aber für dessen Freigabe. Weindorf ergänzt, angesichts des Priestermangels seien weder anonyme Großgemeinden noch Priesterimporte aus Polen oder Afrika die Lösung.

Nicht nur im Hinblick auf die theologischen Streitfragen der Ökumene kreise die Amtskirche zu sehr um sich selbst, so Westrich: „Wir beschäftigen uns mit Problemen, die nur wir haben, und sprechen, ähnlich wie die Politik, eine Sprache, die an der Masse der Menschen vorbeigeht.“ Zugleich räumt die Gruppe ein, ein Teil der neuen Priestergeneration lasse seelsorgerische Ausrichtung vermissen: „Es fehlt das Hingehen zu Menschen“, so Piwek. Das sei auch bei vielen Bischöfen so, die „abgeschottet vom Alltag der Menschen“ lebten, sagt Sohns. Der neue Mainzer Bischof solle diese Distanz nicht haben und ausreichend Erfahrung in der Pastoral vorweisen. Kolbeck: „Er muss Pfarrer gewesen sein, am besten viele Jahre lang“. Die seelsorgerische Stärke sei wichtiger als die Frage, ob er promoviert sei, oder ob er aus dem Mainzer Bistum stamme.

Wie die Solidaritätsgruppe berichtet, erhielt sie „zwei, drei“ positive Reaktionen des siebenköpfigen Domkapitels. Auch Domdekan Heckwolf dankte für das Schreiben, machte aber deutlich, das Domkapitel sei nicht die einzige Institution, die Vorschläge mache. Die Kandidatenliste, die aus Rom zurückkomme, müsse nicht identisch sein mit der Liste des Domkapitels, schreibt er an die Gruppe: „Insofern sind die Möglichkeiten des Domkapitels nicht unbegrenzt.“

http://www.allgemeine-zeitung.de/lokales/mainz/nachrichten-mainz/der-neue-bischof-soll-ein-seelsorger-sein_17496522.htm

Zuletzt geändert am 29­.11.2016