13.6.2008 - Frankfurter Rundschau

Aufwändiger Empfang für Prüsident Bush im Vatikan

Kuschelstunde für Bush
Aufwändiger Empfang im Vatikan in der Kritik

DOMINIK STRAUB

Rom. Bereits sechs Mal ist George W. Bush im Vatikan empfangen worden: dreimal von Johannes Paul II., dreimal von Benedikt XVI. Doch noch nie hat das Protokoll eine derart aufwändige und warmherzige Zeremonie vorgesehen, wie bei diesem Mal. Zwischen Papst und dem US-Präsidenten wird ein regelrechtes Tête-à-tête inszeniert.

Zuerst wird sich Benedikt mit seinem Gast in den Johannesturm hinter dem Petersdom zu einem vertraulichen Gespräch zurückziehen; danach ist ein Spaziergang durch die Vatikanischen Gärten vorgesehen, und abgeschlossen wird der Besuch bei der "Madonna della Guardia", wo der Chor der Sixtinischen Kapelle den beiden ein Ständchen geben wird.

Soviel Herzlichkeit ist im Vatikan keinem anderen Staatsgast zuteil geworden - eine Sonderbehandlung, die in der Kurie für Unruhe sorgt. "Soviel Aufmerksamkeit ist unverständlich", zitiert die Repubblica einen Kardinal, der viele Jahre im diplomatischen Dienst des Heiligen Stuhls gestanden war. Auch andere Prälaten in der Kurie, schreibt das Blatt weiter, seien "überrascht und irritiert".

Die Kritiker erinnern daran, dass der Gast aus den USA sämtliche Friedensappelle Johannes Pauls II. vor dem Feldzug gegen Irak in den Wind geschlagen und dass er auch in Sachen Todesstrafe im Konflikt mit der Kirche liege. Selbst die Vatikanzeitung L'Osservatore Romano nannte die Modalitäten des Empfangs "unerhört".

Nicht wenigen im Vatikan geht die demonstrative Nähe Benedikts XVI. zum selbsternannten Weltpolizisten aus Texas zu weit. Andererseits: Neben den Differenzen in der Außenpolitik war Bush in gesellschaftlichen und familienpolitischen Fragen immer ein Verbündeter. So liegt Bush als vehementer Gegner von Abtreibung und Schwulen-Ehe hundertprozentig auf der Linie des Vatikans.

Der italienische Kardinal Giovanni Chieli versucht denn auch, die Herzlichkeit Benedikts XVI. zu relativieren: In erster Linie wolle sich der Papst für den warmen Empfang revanchieren, der ihm vor zwei Monaten in den USA bereitet worden sei. Im übrigen könne sich der Papst treffen, mit wem er wolle. "Das heißt noch lange nicht, dass er die politischen Entscheide des Gastes unterstützen muss." Auch für Radio Vatikan ist klar: "Die politische Bilanz Bushs nach acht Jahren Regierung wird auch im Vatikan mit gemischten Gefühlen betrachtet."

Zuletzt geändert am 13­.06.2008