17.12.2011 - Badische Zeitung

Ungnädige Post aus Rom für Kritiker des Papstbesuchs

Georg Gänswein ist wieder einmal unzufrieden. Deshalb hat sich der 55-jährige Monsignore, Doktor des Kirchenrechts aus Riedern am Wald und Privatsekretär von Papst Benedikt XVI., erneut und wütend an seinen PC gesetzt.

Und nun nicht nur einen, sondern sogar zwei Briefe geschrieben. Auch wenn jener an Konradsblatt-Chefredakteur Klaus Nientiedt vielleicht nur die Kopie seines Schreibens an Erzbischof Robert Zollitsch ist. Der "George Clooney des Vatikans" lässt, so ist zu hören, beide wissen, wie sehr er sich zwar nicht über sie, bei der Lektüre des Bistumsblattes aber sehr wohl über den Freiburger Diözesanrat geärgert hat.

Doch darüber dringt, ganz im Stil vorkonziliarer kirchlicher Medienverweigerung, aus den dicken Mauern des erzbischöflichen Ordinariats an der Freiburger Schoferstraße nichts. Robert Eberle, Zollitschs aus Limburg importierter Virtuose im Abwimmeln lästiger Journalistenfragen, will nicht mal bestätigen, dass Gänswein überhaupt geschrieben hat. Klaus Nientiedt hingegen sagt: "Ja, wir haben einen Brief bekommen." Zum Inhalt kein Wort. Aber eine Karriere als Leserbrief wird der Rüffel aus Rom höchstwahrscheinlich nicht machen.

Als gesichert gilt, dass dem Papst-Adlatus die Kritik am Papstbesuch im Herbst stinkt. Auf den Punkt gebracht haben die Kritik im Diözesanrat gleich mehrere Mitglieder. Dessen neue und mutigere Vorsitzende Martina Kastner nannte das Treffen Benedikts XVI. mit dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken "eine verpasste Chance". Der Pontifex habe es auch versäumt, die "hoch engagierten Laien aufzubauen und ihnen im Blick auf die schwierige Situation der Kirche nach dem Missbrauchsskandal Mut zu machen". Diözesanrat Ulrich Ruh, Chefredakteur der Herder-Korrespondenz, lastete dem Papst an, "falsche Gegensatzpaare aufgebaut" zu haben.

Der Freiburger Moraltheologe Eberhard Schockenhoff, selbst ein Professor, klagte, der Papst sei halt Professor geblieben, und "wenn die Leute anschließend nicht wissen, was er meint, dann ist das von der Außenwirkung her fatal". Diözesanrat Paul Stoll warf dem Pontifex vor, mit seiner Forderung nach "Entweltlichung" denjenigen Auftrieb verschafft zu haben, die die Kirchensteuer abschaffen wollen. Dass beim Freiburger Feldgottesdienst kaum Frauen hätten mitwirken dürfen, erzürnte Christel Ruppert, die frühere Vorsitzende des Diözesanrates. Und Andrea Heim, die Diözesanvorsitzende des BDKJ, hatte sich bei diesem Gottesdienst "schon lange nicht mehr so schlecht gefühlt als Frau".

Georg Gänswein, wir erwähnten es eingangs, hatte dem Konradsblatt schon einmal einen Brief geschrieben. Er kritisierte um die Jahrtausendwende die Wochenzeitung – die in Qualität und innerkirchlicher Offenheit bundesweit als Vorbild der Bistumsblätter gilt – dafür, dass sie dem lange in Tübingen lehrenden renommierten Schweizer Theologen Herbert Haag zu einem runden Geburtstag gratuliert hatte. Gänswein, damals Mitarbeiter der Glaubenskongregation (sein Chef schon dort: Joseph Ratzinger), verstand partout nicht, wie eine Bistumszeitung einen solchen Theologen würdigen konnte. Doch weshalb hielt Gänswein von Haag rein gar nichts? Der Theologe hatte Zweifel an der Erbsündenlehre geäußert. Und er hatte den Mut zu sagen, den Teufel gebe es überhaupt nicht.

http://www.badische-zeitung.de/suedwest-1/ungnaedige-post-aus-rom-fuer-kritiker-des-papstbesuchs--53609879.html

Zuletzt geändert am 19­.12.2011