5.9.2012 - www.muehlacker-news.de

Konflikt um die Besetzung an der Orgel

Gottesdienst in Lehningen konnte erst später beginnen. Die Kirche hat sich von einem Organisten getrennt -- wegen der katholischen Glaubenslehre.

Da staunten die Besucher des Gottesdienstes am vergangenen Samstagabend in der katholischen Kirche St. Ottilia im Tiefenbronner Ortsteil Lehningen: Die Andacht konnte erst später beginnen, denn zunächst musste geklärt werden, wer überhaupt an der Orgel spielen darf. Eigentlich wollte Organist Wolfgang Georg Liebl aus Tiefenbronn die Messe in Lehningen begleiten. „Die Pfarrgemeinderatsvorsitzende Eleonore Grönheim hatte mich engagiert“, so Liebl. Er habe schon zuvor oft ausgeholfen. Pfarrer Gerold Hess aber hatte einen anderen Organisten bestimmt. Und der katholische Seelsorger teilte am Samstagmorgen Grönheim mit, dass Liebl nicht spielen dürfe, für den Gottesdienst habe er einen anderen Organisten vorgesehen. „Die Einladung an Liebl war eine eigenmächtige Entscheidung“, so Pfarrer Hess.

Die Auseinandersetzung um die Besetzung an der Orgel war schließlich Höhepunkt eines bereits länger schwelenden Konflikts. Für den katholischen Pfarrer Hess war klar: „Nach der Glaubenslehre unserer Kirche kann Liebl einen Gottesdienst nicht begleiten, weil seine Ehe geschieden worden ist und er wieder geheiratet hat.“ Das Problem: Diese Lehrmeinung der römisch-katholischen Kirche hat der Seelsorger Wolfgang Georg Liebl bisher nicht erklärt – bis er am vergangenen Samstag einen Schnitt beim Gottesdienst in Lehningen machen wollte. Das räumt der Pfarrer auch freimütig ein: „Ich habe lange gedacht, Liebl werde doch eines Tages selber bemerken, dass es laut unserer Kirchenlehre nicht geht, ihn als Begleiter eines Gottesdienstes zu haben.“

Er habe feinfühlig vorgehen wollen und letztlich darauf gehofft, Wolfgang Georg Liebl werde schließlich „aus eigener Erkenntnis zurückstecken“, so Hess. Die Ehe ist nach Ansicht der katholischen Kirche eines der Sakramente, die Gott als Heil den Menschen geschenkt habe. Die römisch-katholisch Kirche lehnt bis heute die Scheidung kategorisch ab.

Da Hess am Samstagabend einen Gottesdienst in Neuhausen-Schellbronn hielt, musste Vikar Manter in Lehningen dann Liebl die Absage erklären – und letztlich die Trennung. Liebl will sich beim Erzbistum Freiburg wehren: „Beneiden können wir die evangelischen Christen, die uns zeigen, wie es geht.“

Autor: Ralf Steinert

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Zuletzt geändert am 06­.09.2012