7.9.2017 - KNA

Unternehmensberater: Kirche befasst sich mit den falschen Themen

Bonn (KNA) Der frühere McKinsey-Unternehmensberater Thomas von Mitschke-Collande fordert ein Umdenken der katholischen Kirche. Es gebe viele Debatten, aber leider zu den falschen Themen, sagte der 67-Jährige am Donnerstag dem Internetportal katholisch.de. Er vermisse Diskussionen über eine zukunftsfähige Organisation der Kirche und die wichtigsten gesellschaftlichen Themen. "Wir diskutieren gerade die Inneneinrichtung und merken nicht, wie das Dach lichterloh brennt."

Mitschke-Collande war Direktor von McKinsey in München und hat mehrere Bistümer und die Bischofskonferenz beraten. Vor fünf Jahren veröffentlichte er das Buch "Schafft sich die katholische Kirche ab?" "Was mir fehlt, sind grundsätzliche Diskussionen darüber, wie man Kirche in 20 oder 30 Jahren organisieren will und wie man Glaubensinhalte so formuliert, dass sie für den Menschen des 21. Jahrhunderts relevant sind", sagte der Unternehmensberater. Die meisten Menschen träten aus, weil "sie finden, die Kirche hätte ihnen nichts mehr zu sagen".

Insgesamt gebe es zu viele interne Sitzungen, die "nur den Mangel verwalten und optimieren sollen". Auch die Themen würden falsch gesetzt, sagte der 67-Jährige und verwies auf die Weltfamiliensynode: "Welche Organisation könnte es sich leisten, ein solches Thema so intensiv zu diskutieren, wenn um einen herum die Welt brennt?" Aus seiner Sicht wäre es wichtiger gewesen, ein globales kirchli-ches Bündnis gegen Klimawandel, Migration und Armut zu schmieden.

Innerkirchlich vermisst der Unternehmensberater die Bereitschaft der Bischöfe, die Kirche völlig an-ders zu denken. "Beispielsweise sind wir es gewohnt, kirchliche Prozesse von oben nach unten, also vom Priester her, zu denken. Dabei müssten sie eigentlich vom Gläubigen her, also von der Gemeinde vor Ort, gedacht werden." Zugleich müssten die Gläubigen sich ihrer Verantwortung bewusstwerden. Positives Beispiel sei die Flüchtlingskrise: "Die wäre ganz anders verlaufen, wenn sich nicht so viele Christen engagiert hätten."

Als falschen Weg bezeichnete es Mitschke-Collande, Gemeinden zu Großeinheiten zusammenzulegen. "Das führt weg vom Menschen hin zu mehr Distanz und Entfremdung." In der Debatte um die Rolle der Frauen in der Kirche sagte Mitschke-Collande, der Diakonat der Frau sei wie das Pflichtzölibat ein Thema, das gelöst werden müsse. "Aber das sind nicht die entscheidenden Themen im Schrumpfungsprozess." Es gehe vielmehr darum, Frauen auf allen Ebenen stärker zu beteiligen.

 

Der Artikel auf katholisch.de: http://www.katholisch.de/aktuelles/aktuelle-artikel/das-dach-brennt-und-wir-diskutieren
 

Zuletzt geƤndert am 08­.09.2017