24.5.2019 - Berliner kurier

Gläubige zutiefst enttäuscht Jetzt kracht's in der Katholischen Kirche

Es rumort in der Katholischen Kirche. Von der Aufbruchstimmung, wie sie noch bei der Wahl von Franziskus zum neuen Papst zu spüren war, ist nichts geblieben. Nicht nur der Umgang der Kirchenspitze mit dem Missbrauchsskandal, sondern auch das Ausbleiben von Reformen, hat viele Gläubige zutiefst enttäuscht. Sie sind es leid, alles von oben „gottgegeben“ hinzunehmen.

Viele kehren der katholischen Kirche bereits Jahr für Jahr den Rücken (2017 waren es 167504). Andere bleiben trotz ihres Frustes, aber sie machen Druck, fordern die Abkehr von verkrusteten, männerdominierten Machtstrukturen und durchgreifende Konsequenzen aus dem sexuellem Missbrauchsskandal.

Die Schäflein des Herrn werden bockig und lassen sich auch nicht mehr von den konservativen Wachhunden im Vatikan oder auf den Bischofsstühlen mundtot bellen.

Die neue Frauen-Power in der Kirche

Lautstark vorne mit dabei ist die Frauen-Initiative „Maria 2.0“, die mit ihrem Kirchenstreik für Furore sorgte. Ganz klein hat es angefangen: Fünf Frauen von Heilig Kreuz in Münster wollten sich nicht mehr damit abfinden, dass Ämter in der katholischen Kirche nur Männern vorbehalten sind.

Binnen kurzer Zeit entwickelte sich daraus eine Power-Demo von Frauen überall in Deutschland, die eine Woche lang keine ehrenamtlichen Dienste für die Kirche mehr leisteten und ihre Gottesdienste selbst vor den Kirchentoren feierten.

Offener Brief an den Papst

Auch an den Papst schrieben sie: „Frauenlob wird gerne von Kirchenmännern gesungen, die aber allein bestimmen, wo Frauen ihre Talente in der Kirche einbringen dürfen.“

Agnes Wuckelt, stellvertretende Vorsitzende der Katholischen Frauengemeinschaft warnte in der „Frankfurter Rundschau“ bereits vor einem massenweisen Austritt von Frauen aus der Kirche, wenn nichts passiere. „Noch sind wir lautstark. Danach aber, so fürchte ich, folgt der lautlose Auszug – und ich sage voraus: in Scharen.“

Stehen die Frauen allein da?

Nein. „Noch nie habe ich eine Situation erlebt, in der die Empörung so weit in den Kern unserer Gemeinden reichte“, sagte jüngst Thomas Sternberg, Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK). 

Die Veröffentlichung der Studie zu massenhaften sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche sei 2018 der Tropfen gewesen, „der eine aufgestaute Verärgerung über ausbleibende Reformen der Kirche zum Überlaufen brachte“.

Auch die Laienorganisation ist dafür, Frauen zur Priesterweihe zuzulassen und ihnen Leitungsämter zu geben. „Das Gesicht unserer Gemeinden ist längst weiblich“, weiß Sternberg.

Gibt es eine Chance für Reformen in der Katholischen Kirche?

Momentan eher nicht, auch wenn einige Bischöfe ein offenes Ohr für die Forderungen haben. Denn noch sperren sich die Konservativen vehement gegen weibliche Priester oder die Aufhebung der Ehelosigkeit von Priestern (Zölibat). So warnte der Kurienerzbischof und Privatsekretär des emeritierten Papstes Benedikt XVI., Georg Gänswein, davor, eine neue Kirche erfinden zu wollen und an ihrer DNA herumzuschrauben.

Solche Einwände kontert „Maria 2.0“ cool. Es wäre schön, „wenn die alten weißen Männer in Rom sich nicht immer nur Gedanken um ihre Kirche machen müssten“. So bekämen sie „vielleicht das Herz frei für die Sorge um den Glauben und dass er gelebt und geliebt wird“.

Kölner Kirchenexperte sieht schwarz

Kirchenexperte Professor Dr. Manfred Becker-Huberti, lange Jahre Sprecher des Erzbistums Köln, sagte uns: „Die Haltung »Der letzte macht den Deckel zu und bis dahin weiter, wie gehabt«, wie sie z.B. bei Kardinal Woelki zu Hause ist, wird bekanntlich nicht mehr von allen Bischöfen vertreten. 

„Woelki ist isoliert“

Die Bischofskonferenz ist inzwischen gespalten und Bischöfe wie Woelki sind weitgehend isoliert, aber dennoch an der Macht. Der Kölner Diözesanrat vertritt eine völlig andere Auffassung als der Erzbischof. Konstruktive Dialoge finden weder mit diesem Gremium noch mit anderen Gruppen statt.

Ich sehe für diese Institution Kirche schwarz; viele Katholiken finden sich in dieser Kirche nicht mehr wieder und gehen in passiven Widerstand. So schlecht hat die Kirche schon lange nicht ausgesehen! Ich bin sehr besorgt.“   

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Zuletzt geändert am 26­.05.2019