Bischöfe beklagen Kirchenaustritte

Die deutschen Bischöfe sind beunruhigt: Der katholischen Kirche haben im vergangenen Jahr deutlich mehr Mitglieder den Rücken gekehrt als in den Vorjahren. Exakt 121155 Bundesbürger erklärten 2008 ihren Austritt – ein Anstieg um 27500 im Vergleich zu 2007. Alleine in Bayern traten 33500 Katholiken aus. (...) Erzbischof Zollitsch vermutet, dass die Sorge um Arbeitsplätze und der mit der Wirtschaftskrise verbundene Kostendruck Ursachen für die Austritte sind. „Wir stellen uns darauf ein, dass wir bei steigender Arbeitslosigkeit bis zu zehn Prozent weniger Einnahmen durch die Kirchensteuer haben werden“, sagt er zu den Folgen. (Quelle: Augsburger Allgemeine, 23.09.2009, Auszug)

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(ps) Wenn es ums Geld geht, dann werden die Bischöfe endlich wach! Dabei ist der stille Auszug vieler, gerade auch besonders engagierter Katholiken aus der aktiven Teilnahme am kirchlichen Leben längst bekannt. Die Verweigerung der Kirchensteuer ist dann nur der letzte Schritt. Ursachen für den Kirchenschwund ist sicher mit die gegenwärtige wirtschaftliche Situation. Hauptgrund aber ist für viele die Unzufriedenheit mit der verantwortlichen Kirchenleitung, die sich vehement dem Dialog mit dem Kirchenvolk verweigert. Das beste Beispiel ist der Umgang mit den Anliegen von Wir sind Kirche, Donum Vitae und anderen Reformgruppen. Solange Rom und die Bischöfe nur rückwärts gewandt agieren und für den Reformstau in der Kirche blind sind, wird sich an dem gegenwärtigen Trend nichts ändern.

(fö) Ist es nicht etwas naiv, der wachsenden Zahl von Austritten aus der katholischen Kirche die derzeitige Finanzkrise zugrunde zu legen? Die Gründe müssen doch viel tiefer liegen! Zur Zeit des II. Vatikanischen Konzils ging eine Welle der Begeisterung durch die katholische Welt. Endlich schien es so, als habe die Kirche mit dem Zauberwort „Aggiornamento“ („Verheutigung“ der Botschaft) die Bereitschaft gefunden, die sture mittelalterliche Praxis der ewigen Bevormundung und Einschüchterung („Antimodernismus“ etc.) aufzugeben zugunsten eines geschwisterlichen Miteinanders, sowohl gegenüber den Laien, als auch gegenüber anderen Religionsgemeinschaften. Wäre sie doch bei dieser Linie geblieben!

(ty) Das Erschrecken der deutschen Bischöfe über gut 120 000 Austritte aus der katholischen Kirche im Jahr 2008 dürfte sich in Grenzen halten. Längst haben sie sich an diese hohe Marke gewöhnt. So verließen binnen 9 Jahren knapp 1 Million römisch-katholischer Christinnen und Christen ihre Kirche in Deutschland. Gewiss mag ein Teil dieser Austritte der wirtschaftlichen Lage geschuldet sein, alleinige Ursache ist sie nicht. Wer sich gegen berechtigte Reformanliegen sperrt, wer die Zulassungsbedingungen zum Priesteramt nicht verändern will, wer die Entörtlichung der Kirchengemeinden vorantreibt, wer wiederverheiratete Geschiedene ausgrenzt, wer die Augen vor den Zeichen der Zeit verschließt, muss gewärtig sein, dass die Gläubigen die Flucht ergreifen. Das Bedauern der Bischöfe beschränkt sich dabei hauptsächlich auf die Mindereinnahmen durch die Kirchensteuer. Dieser Exodus ist nicht nur „schmerzlich“, er ist ein Skandal, von dem sich die Hierarchen nicht freisprechen können.

(kw) Mich ärgert es, dass die Verantwortlichen einschließlich Bischof Zollitsch immer nur auf die Kirchensteuer zeigen, wenn sie nach Gründen für den Exodus suchen. Wann sind die Bischöfe endlich bereit, auch bei der Kirche, ihrer Struktur, Gehabe und Lehre nach Ursachen zu forschen? Sie haben es nicht vermocht, in jahrelangem Religionsunterricht und Gottesdienst ihre Botschaft überzeugend zu vermitteln. Da kann doch einiges nicht stimmen, hier muss sich etwas ändern.

Zuletzt geändert am 20­.10.2009