Prager Tagebuch

Prager Wir sind Kirche-Tagebuch zur europäischen Synodalversammlung 5.-9.2.2023 in Prag

Wir sind Kirche Deutschland, Wir sind Kirche Österreich und Wir sind Kirche International haben gemeinsamen mit anderen europäischen Reformgruppen dieses Treffen in Prag begleitet, um die Reformkräfte zu unterstützen.
 

Tagebuch-Einträge
13. Februar 2023: Martha Heizer
9. Februar 2023: Colm Holmes (englisch und deutsch)
8. Februar 2023: Martin Schockenhoff
7. Februar 2023: Marlies Prinz
6. Februar 2023: Christian Weisner
5. Februar 2023: Martha Heizer und Christian Weisner
4. Februar 2023: Martha Heizer   

> Colm Holmes: "We have come to Prague to support the process" (2 Min.)

 

> Video We are Church und ok21 in Prag (4 Min.)   
 

mehr Informationen: www.wir-sind-kirche.de/prag2023

Helena Jeppesen-Spuhler: Der Synodale Prozess muss gelingen
> forum-pfarrblatt.ch März 2023

Presse-Echo Katholischer Vorfrühling in Prag?
> Maria 2.0 Ausgabe 03/2023 Seite 1

Presse-Echo Eine Bilanz der Europa-Etappe der Weltsynode: Spannungen und Fortschritte
> domradio.de 16.2.2023

Presse-Echo After synodal assembly Europe's bishops pledge to 'work tirelessly' to enlarge Catholic tent
> ncronline.org 15.2.2023

Presse-Echo Synodaler Prozess: „Wir sind Kirche“ zieht gemischte Bilanz
> religion.orf.at14.2.2023

Presse-Echo «Wir sind Kirche» zieht gemischte Bilanz nach Prager Versammlung
> der-farang.com/de / DPA 13.2.2023

Presse-Echo Irish synod delegates address 'open wound' of abuse
> thetablet.co.uk 13.2.2023

DOK-Vorsitzender: Der Synodale Weg ist längst kein Sonderweg mehr. Erkenntnisse eines Online-Delegierten aus der Synode in Prag > katholisch.de 9.2.2023

 
 

Montag, 13. Februar 2023


AUSSER SPESEN NICHTS GEWESEN?
Eindrücke aus der europäischen Kontinentalversammlung des Synodalen Prozesses in Prag
Dr. Martha Heizer
, Wir sind Kirche Österreich und Vice-Chair We are Church International

Da ist die eine Seite: Was wir inhaltlich in Prag erfahren haben, haben wir aufgrund des Arbeitsdokumentes schon gewusst. Alle nationalen Synthesen waren darin schon verarbeitet, wirklich Neues ist in den mündlichen Statements nicht dazugekommen. Vieles wurde genannt, auch alle unsere Forderungen, diskutiert wurde im Plenum darüber nicht. Da durften auch Meldungen stehenbleiben, die mich an das glorreiche Kirchenverständnis meiner Kindheit erinnert haben oder auch solche, die unzumutbar waren wie z.B., dass wir aufhören sollten, in der Öffentlichkeit die schmutzige Unterwäsche zu präsentieren, was eindeutig ein Aufruf zur Vertuschung der Missbrauchsskandale war. Und so viele blumige fromme Appelle! „Zurück zu Jesus!“ – Ja, wo glauben denn diese Leute, wie weit weg wir sind? „Endlich dem Heiligen Geist folgen!“ – Und gemeint war damit, dass wir „Liberalen“ ihm nicht folgen! Andererseits blieben auch die dringenden Appelle, die Diskriminierung der Frauen und der LGBTQ+Menschen zu beenden und endlich eine Geschlechterparität in den Entscheidungsgremien herzustellen, unkommentiert und ohne sichtbare Folgen. Wie sehr die Kirche bei uns am Boden liegt, will einfach nicht wahrgenommen werden.

Soviel zum Inhalt. Frau Dr. Stetter-Karp hat es sehr deutlich gemacht: Es gäbe doch den wichtigen Dreischritt SEHEN – URTEILEN – HANDELN. Nun haben wir tagelang vieles gesehen (gehört), viel Aufbauendes, viel Bestürzendes, viel Erfreuliches, zum Teil auch Gemeines. Da stehen wir nun. Zu einem Urteil darüber ist es nicht gekommen. Wie das Gehörte beurteilt werden kann und vor allem, was dann damit geschehen soll: das bleibt Aufgabe für die Zukunft. Darin waren sich allerdings wohl alle einig: dieser Gesprächsprozess muss weitergehen, die nächsten Schritte müssen folgen. Irgendwann am St. Nimmerleinstag?

Soweit stimmt es also: außer Spesen nichts gewesen.

Dennoch war es gut, dabei gewesen zu sein. Wir haben so viele Leute getroffen und neu kennengelernt, denen unsere Forderungen genauso wichtig sind wie uns. Die Delegation aus Luxemburg hat sich sogar unsere Wir-sind-Kirche-Buttons angesteckt für die Sitzung. „Gut, dass ihr da seid!“ sagten uns viele, Bischöfe, Ordensleute, Männer und Frauen. Da wir bei jeder einzelnen Pause vor dem Versammlungssaal gestanden sind und mit den Delegierten ins Gespräch gekommen sind, haben wir auch viel von der Stimmung im Saal mitbekommen: von Verzweiflung bis Hoffnung war alles dabei. Oft gab es ein befreiendes Lachen. Die bösen Blicke, das arrogante Wegschauen gab es natürlich auch, aber es hat uns bei Weitem nicht so beeindruckt wie die überwältigende Zustimmung. Auch als wir mit unserem 5m-langen Banner „EQUALITY“ vor dem Speisesaal-Fenster gestanden sind, haben uns einige recht begeistert herausgewinkt. Und als wir in der Eiseskälte nach dem Mittwochs-Gottesdienst im Veitsdom unser Banner präsentierten, sagte Kardinal Grech zu Martin: „We are all equal!“ und Martin antwortete: „I take that as a hopeful message!“ – und beide lachten.

Besonders wichtig war uns auch, dass wir in Prag kurz bei der Versammlung der Rainbow Catholics Europe dabei sein konnten – und mit ihnen gemeinsam vor dem Eröffnungsgottesdienst Postkarten und Schokolade verteilten und dann miteinander zum Abendessen gingen. Zu den Highlights gehört es für uns auch, dass wir einen gemeinsamen Imbiss mit einem Missbrauchsopfer und dessen Gruppe einnehmen konnten und von deren Problemen aus erster Hand erzählt bekamen. Am schockierendsten war, dass drei Opfer eines Priesters gemeinsam zum zuständigen Bischof gegangen waren und zu hören bekamen: „Gehen Sie nach Hause. Wir haben schon zwei Opfer. Das genügt.“

Während ich schreibe, wirbeln die vielen Eindrücke durch meinen Kopf und bewegen mein Herz. Ich war dabei, das hat bekümmert und zugleich auch gutgetan. Ich nehme auch Positives mit. Wie aber kommen all jene Freund*innen, die nicht dabei waren, damit zurecht, dass es wieder kein sichtbares Ergebnis, keinen Fortschritt gibt?

Wieder warten.

Warten.

Warten.

Ich weiß, die Liebe unseres Gottes, die uns bei der Versammlung mitunter nicht sehr liebevoll um die Ohren geschlagen wurde, gilt jedem und jeder von uns. Was wohl wird der Heilige Geist nun anfangen mit uns allen? Wird es tatsächlich nach vielen enormen Anstrengungen möglich sein, die einzigartige Botschaft Jesu in Verschiedenheiten zu leben? Wie viel Geduld und wie viel Energie wird es dafür noch brauchen? Haben wir noch genügend Kraft?

In der Zwischenzeit gilt wohl noch deutlicher als zuvor: Wir sind selbst verantwortlich für unser Leben und unser Glaubensleben. Die Verantwortung auf die Kirchenoberen abzuschieben und auf deren Erlaubnisse zu warten, ist wohl nicht im Sinne unserer Schöpferin, die uns mit ausreichend vielen Gaben ausgestattet hat, damit wir selbstverantwortlich handeln können.

Also nur Mut! „Ich habe euch nicht einen Geist der Verzagtheit gegeben!“ (2Tim 1,7)

 

Freitag, 10. Februar 2023

ZdK-Präsidentin fordert konkrete Schritte von Weltsynode: „Nicht beim Sehen stehen bleiben“
> zdk.de 10.2.2023

Berichte vom Europatreffen der Weltsynode zum Nachhören: "Der Tag in Prag" – mit Irme Stetter-Karp (6.2.), Katharina Ganz (7.2.), Johanna Rahner (8.2.), Hendrik Johannemann (9.2.) und Thomas Söding (9.2.).



Donnerstag, 9. Februar 2023   (deutsch siehe weiter unten)
Prague was vague. Move to Rome!
Colm Holmes
, Ireland, Chair We are Church International

Today the editorial team is to present their paper. So everyone is excited!

I attended mass at 7.30am with the Czech Papal Nuncio Archbishop Thaddeus Okolo presiding (along with over 100 concelebrants!). Okolo used to be the Nuncio in Ireland a few years ago and in his sermon referred to the “raging parents” he had to avoid every morning at the schools next to his residence from 8am to 8.30am! In his sermon he referred to the importance of “thinking outside the box” – which was most appropriate for the meeting here in Prague!

We left a pile of our fliers EQUALITY AT SYNOD for the delegates entering the hall for the final meeting. We had also distributed our fliers outside the cathedral the night before with our EQUALITY banner.

The paper from the editorial team was presented by being read, which took 90 minutes! (Only a two-page summary is currently available in writing.) It used the method of the DCS document and included many quotations from different countries and work groups. But it was all rather vague: all apple pie and motherhood. I agree with Germany’s Bishop Bätzing who wryly stated that no decisions had been made; and though the paper referred to Pentecost, we are still only at the Last Supper; we are no further than the DCS document. But Bätzing concluded: “There is no good alternative to the Synodal Process! So we must all continue to work on it!”

I was shocked to hear Dr Irme Stetter-Karp say how hurt she was when the word “devil” was mentioned: someone turned and stared deep into her eyes! It reminded me of how ingrained sexism is in our patriarchal church: We started Day 1 in Prague with 9 men and no women on the platform. And we finished on the last day with 7 men and no women on the platform!!

Ireland’s team of Archbishop Eamon Martin, Julieann Moran, Dr Nicola Brady and Fr Eamon Fitzgibbon contributed far more than many larger countries! Their presentations were quoted many times in the final paper, showing they have found a direction which many can support.

After the paper was presented there was only time for 27 contributions from the delegates. These were dominated by the clerics (21 contributions and only 6 from women).

So now the focus moves to Rome in October 2023. 

deutsch Übersetzung
Prag war vage. Auf nach Rom!

Heute soll das Redaktionsteam sein Papier vorstellen. Alle sind also aufgeregt!

Ich habe um 7.30 Uhr an der Messe teilgenommen, der der tschechische päpstliche Nuntius Erzbischof Thaddeus Okolo vorstand (zusammen mit über 100 Konzelebranten!). Okolo war vor einigen Jahren Nuntius in Irland und sprach in seiner Predigt von den "wütenden Eltern", denen er jeden Morgen von 8.00 bis 8.30 Uhr in den Schulen neben seiner Residenz ausweichen musste! In seiner Predigt wies er darauf hin, wie wichtig es ist, "über den Tellerrand hinauszuschauen" - was für das Treffen hier in Prag sehr passend war!

Wir haben einen Stapel unserer Flugblätter EQUALITY AT SYNOD für die Delegierten hinterlassen, die den Saal für die letzte Sitzung betraten. Wir hatten unsere Flugblätter auch am Vorabend vor der Kathedrale mit unserem EQUALITY-Banner verteilt.

Das Papier des Redaktionsteams wurde durch Verlesung vorgestellt, was 90 Minuten dauerte! (Nur eine zweiseitige Zusammenfassung gibt es derzeit schriftlich.) Es verwendete die Methode des DKE-Dokuments und enthielt viele Zitate aus verschiedenen Ländern und Arbeitsgruppen. Aber es war alles ziemlich vage: "alles Apfelkuchen und Mutterschaft" (https://english.stackexchange.com/questions/105833/what-is-the-connection-between-motherhood-and-apple-pie). Ich stimme dem deutschen Bischof Bätzing zu, der mit einem Augenzwinkern feststellte, dass keine Entscheidungen getroffen worden seien; und obwohl das Papier auf Pfingsten Bezug nimmt, sind wir immer noch erst beim letzten Abendmahl; wir sind nicht weiter als das DKE-Dokument. Aber Bätzing schloss: "Es gibt keine gute Alternative zum Synodalprozess! Also müssen wir alle weiter daran arbeiten!"

Ich war schockiert, als Dr. Irme Stetter-Karp sagte, wie verletzt sie war, als das Wort "Teufel" erwähnt wurde: jemand drehte sich um und starrte ihr tief in die Augen! Das erinnerte mich daran, wie tief der Sexismus in unserer patriarchalischen Kirche verwurzelt ist: Wir begannen Tag 1 in Prag mit 9 Männern und keiner Frau auf dem Podium. Und am letzten Tag hatten wir 7 Männer und keine Frauen auf dem Podium!!

Das irische Team, bestehend aus Erzbischof Eamon Martin, Julieann Moran, Dr. Nicola Brady und Pater Eamon Fitzgibbon, leistete einen weitaus größeren Beitrag als viele größere Länder! Ihre Beiträge wurden im Abschlusspapier mehrfach zitiert, was zeigt, dass sie eine Richtung gefunden haben, die viele unterstützen können.

Nach der Vorstellung des Papiers blieb nur noch Zeit für 27 Beiträge der Delegierten. Diese wurden von den Klerikern dominiert (21 Beiträge und nur 6 von Frauen).

Der Blick richtet sich nun auf Rom im Oktober 2023.

Colm Holmes, Irland, Vorsitzender von Wir sind Kirche International

Übersetzt mit www.DeepL.com/Translator (kostenlose Version)

 

Wir sind Kirche-Pressemitteilung am Ende in Prag 9.2.2023:
«Synodalität darf nicht ohne Ergebnisse bleiben!»
> deutsch   > english

Presse-Echo «Synodalität darf nicht ohne Ergebnisse bleiben!»
Wir sind Kirche am Ende der europäischen Synodalversammlung in Prag
> kath.ch 9.2.2023 

Verlesung des Abschlussdokuments (ab Minute 0:33 bis 2:07) 
https://prague.synod2023.org/en/live-streaming-2/ 

Zusammenfassung European Continental Assembly: final remarks
> Link zum Text auf Englisch (PDF 2 Seiten) 

Kontinentale Phase des weltweiten synodalen Prozesses in Prag abgeschlossen
> dbk.de 9.2.2023

Bischof Felix Gmür: Weihe für Frauen dezentral lösen
> kath.ch 9.2.2023

 


Mittwoch, 8. Februar 2023
Unser Motto EQUALITY kommt an
Dr. Martin Schockenhoff
(Wir sind Kirche Deutschland / pro concilio

Morgens in der berühmten Bibliothek des Klosters Strahów: Wir besichtigen die Lesesäle, bestaunen beeindruckende Folianten, teilweise über 500 Jahre alt. Im philosophischen Lesesaal ein barockes Deckengemälde. An der Stirnseite: Die Rede des Paulus auf dem Areopag in Athen. Viele Menschen schütteln über seine Botschaft den Kopf und gehen weg. Sein Beispiel zeigt, dass man nicht dauerhaft Außenseiter bleiben muss, wenn man seine Überzeugung nachhaltig vertritt.

Im Tagungshotel geht es im Plenum weiter. Die Unterschiede zwischen den Kirchen des Westens und des Ostens, die sich schon am Vortag angedeutet haben, treten schärfer zutage. Nachdem Kardinal Quellet mit seiner Predigt am Vortrag das amtskirchliche, kanonisch untermauerte Rollenverständnis betont hatte, haben sich einige Delegierte ermutigt gefühlt, sich ebenfalls in diesem Sinn auszusprechen. Erfreulicherweise gab es viele Gegenstimmen. Für Deutschland haben Frau Irme Stetter-Karp, Herr Söding und Herr Bätzing gesprochen. Frau Stetter-Karp hat sich dezidiert gegen das offizielle Verständnis der Rolle der Frau gewandt. Herr Söding hat für das Priestertum aller votiert. Man dürfe den Zugang zum Priesteramt nicht vom Geschlecht oder vom Lebensstand (Zölibat) abhängig machen. Herr Bätzing hat sich gegen Versuche gewandt, die das Leben nicht binärer Personen als sündhaft bezeichnen und die mit dieser Begründung ausgrenzen.

Mittags treffen wir uns mit Vertretern tschechischer Missbrauchsopfer. Die Bischöfe in Tschechien – mit Ausnahme des Pilsener Bischofs – wollen dieses Thema herunterspielen. Der offizielle Missbrauchsbeauftragte der tschechischen Kirche hat es abgelehnt, ein Missbrauchsopfer anzuerkennen mit dem Argument, bei ihm hätten sich bereits zwei Missbrauchsopfer gemeldet, dies sei genug. In der tschechischen Öffentlichkeit spielt das Thema bislang ebenfalls so gut wie keine Rolle. Es gibt aber positive Ansätze, unter anderem Pater Marek aus dem Kloster Strahów, der dem Verein der Missbrauchsopfer angehört und sich für diese einsetzt. Colm und Christian können Kontakte zu deutschen und amerikanischen Initiativen vermitteln.

Am Nachmittag stellen wir uns mit dem Banner vor dem Hotel, außerhalb des „Bannkreises“, auf. Wir können vom Restaurant und von manchen Hotelzimmern aus gesehen werden, eine Frau aus einem Fenster winkt uns zu. Ein Fotograf vom Bayerischen Rundfunk macht Fotos. Jean-Louis Zeien aus Luxemburg spricht ausführlich mit uns. Zwei tschechische Frauen kommen des Weges. Sie sprechen kein Englisch und kein Deutsch, aber sie sehen die Bilder von Johannes dem XXIII. und Franziskus auf unseren Plakaten. Das gefällt ihnen.

Am Abend feierlicher Gottesdienst im Veitsdom. Zelebrant ist Kardinal Grech. Seine Rede über „Präpositionen“, innen und außen, Beziehungen und Unterscheidungen dürfte nur von einem Bruchteil der Zuhörer verstanden worden sein. Die nicht explizite Botschaft lautet aus meiner Sicht: Ihr dürft keinesfalls die Unterschiede zwischen Männern und Frauen oder zwischen Laien und Priestern ignorieren. Von den vier Predigten, die ich hier bisher gehört habe (Graupner, Hollerich, Quellet und Grech) hat mich nur eine angesprochen, das war die von Hollerich – die einzige, die frei gehalten wurde.

Die Fürbitten werden von verschiedenen Laien vorgetragen. Sie stehen schon vorgedruckt in dem Ablauf der Messe, der verteilt wurde. Alle Fürbitten sind, wie üblich, sehr allgemein gehalten. Die englische Sprecherin weicht von der gedruckten Fürbitte ab und bittet konkret für mehr Rechte für die Frauen.

Kurz nach der Messe im Veitsdom stehen wir mit unserem Banner „Equality“ vor dem Ausgang. Alle Gottesdienstbesucher kommen an uns vorbei, auch die Kardinäle. Viele reagieren positiv. Herr Grech kommt auf mich zu und sagt: „We are all equal“. Ich antworte: „I take this as a hopeful message“.

 

Pressemitteilung Wir sind Kirche International 8.2.2023:
Keine Abstimmung bedeutet keinen Fortschritt. Wir sind Kirche ruft zu Abstimmungen in Prag auf
> deutsch     > english

Presse-Echo Keine Abstimmung bedeutet keinen Fortschritt. Wir sind Kirche ruft zu Abstimmungen in Prag auf
> kath.ch 8.2.2023

Presse-Echo Synodenversammlung in Prag: Spannungen und Dialog
> vaticannews.va 8.2.2023

Presse-Echo Synod assembly hears calls for renewal and healing
> thetablet.co.uk 8.2.2023

Bei Frauen und LGBTQ zeigt sich der Eiserne Vorhang
> kath.ch 8.2.2023

Was Frauen aus der Kirche treibt: ZdK-Präsidentin kritisiert „stures Beharren“ kirchlicher Lehre
> zdk.de 8.2.2023   

Söding: Synodalität ist kein leerer Begriff, sondern voller Energie
> katholisch.de 8.2.2023

Söding sieht Deutschland bei Weltsynode nicht im Abseits: "Auf die leisen Stimmen hören"
> domradio.de 8.2.2023

Theologe Söding: „Hören auf Volkes Stimme gehört zum Kirche-Sein“ 
> de.catholicnewsagency.com 8.2.2023

Votum von Helena Jeppesen, Schweizer Delegierte an der Europasynode in Prag
> gleichwuerdig.ch 8.2.2023


Dienstag, 7. Februar 2023  

Zeichen des heiligen Geistes?
Marlies Prinz
, Theologiestudentin, Wir sind Kirche Österreich

Der Tag beginnt früh. Wir haben, wie auch schon gestern, die Erlaubnis, an der Morgenmesse der Delegierten teilzunehmen.
Kaum betreten wir das Hotel Pyramida, sehen wir schon die ersten Priester herumwuseln, die meisten gekleidet in Messgewand und Stola. Wir finden ganz hinten im großen Saal einen Platz und haben einen guten Blick auf das Podium, wo Kardinal Ouellet, umgeben von Männern, der Messe vorsteht, bei der, wie auch in den letzten Tagen bei den Gottesdiensten, Latein als Kirchensprache wieder ausgepackt wird. „In nomine patris et fillii et spiritus santci.“

Wir lauschen der Lesung, die heute auf Deutsch vorgelesen wird, und dem Evangelium auf Englisch. Die Predigt, die Kardinal Marc Quellet auf Französisch vorträgt, lesen wir parallel dazu mit, die Zettel dazu wurden in den verschiedenen Sprachen beim Eingang verteilt. Doch für unsere innere Ruhe und unseren psychischen Zustand wäre es wohl besser gewesen, hätten wir nicht gewusst, was Quellet da vorne von sich gibt.

Der Gottesdienst geht weiter, Wandlung, Kommunionspendung, einige Lieder. Nach dem abschließenden Segen verschwinden die Delegierten zum Frühstück in den ersten Stock. Wir bleiben in der Lobby, trinken Kaffee und installieren unsere Laptops.

Um 9 Uhr beginnt der Livestream. Im Gegensatz zu gestern spricht der Moderator heute Englisch, doch die unterschiedlichen Beiträge der einzelnen Länder werden im Livestream auch weiterhin nicht übersetzt. Wir freuen uns über einige wirklich gute Beiträge, allen voran von Irland, aber auch einige, die uns nur ein Kopfschütteln entlocken und bei denen, die auf Italienisch oder Polnisch reden, können wir ja sowieso nur raten, worum es geht (und allmählich gelange ich wirklich zur Überzeugung, es wäre besser, im Theologiestudium Italienisch zu lernen, anstelle von Hebräisch und Griechisch...)

Als die Gruppenphase beginnt, verabschieden wir uns vorübergehend und machen uns auf den Weg in die Stadt. Wir schießen unzählige Fotos von der Karlsbrücke und der Altstadt, und beobachten auch die Apostel, die zu jeder vollen Stunde in der Prager Rathausuhr vorbeischauen. Dort treffen wir dann auch Martin Vaňáč, der uns ein nettes Restaurant in der Altstadt zeigt und uns des Weiteren ein Treffen für den morgigen Mittwoch mit Missbrauchsopfern aus der tschechischen Kirche vermittelt.

Die „Mittagspause“ geht schnell vorbei und bald treffen wir wieder im Hotel Pyramida ein, wo wir uns, welch Überraschung, wieder hinter unseren Laptops verschanzen. Fotos posten, Emails schreiben, Livestream schauen, ... die Zeit verfliegt. Einige Beiträge führen, wie bereits am Vormittag, zu einem ratlosen Kopfschütteln oder einem genervten Aufstöhnen unsererseits, bei anderen wiederum geraten wir in Versuchung, laut zu klatschen. In den Pausen kommen wir auch ins Gespräch mit ein paar Delegierten, darunter mit der Deutschen Irme Stetter-Kap, die uns interessante Einblicke in das Geschehen im Versammlungssaal geben.

Doch als der Tag sich dem Ende zuneigt, bemerken wir langsam eine gewisse Müdigkeit, die von uns Besitz ergriffen hat. So brechen wir auf und finden direkt neben dem Kloster Strahov ein nettes Restaurant, das in die Felsen hineingebaut ist. Ganz kurz kommen wir in Versuchung, uns als „Katakombengruppe“ der Kontinentalversammlung in Prag zu bezeichnen.

Das Essen schmeckt gut und wir sind schon fast beim Aufbruch, als wir auf drei andere Personen aufmerksam werden, die einzigen anderen Gäste. Bald stellt sich heraus, dass das genau jene sind, mit denen wir am morgigen Tag schon ein Treffen vereinbart hatten. Zufall? Oder doch ein kleines Zeichen des heiligen Geistes?
Schau‘n wir, was uns bzw. vor allem der Kirche diese Woche noch so bringt.

 

Irish Synod delegates call for synodal Church which ‘reconciles wounds of abuse’
> synodaltimes.com 7.2.2023

Deutscher Lateinamerika-Bischof: Kritik am Synodalen Weg ist Klerikalismus
> catholicnewsagency.com 7.2.2023

Ouellet betont bei Synodentreffen biblische Lehre von Mann und Frau 
> katholisch.de 7.2.2023    
> prague.synod2023.org 7.2.2023

Halik: Der Synodale Weg hat wichtige Fragen scharf artikuliert. Theologe sieht deutsche Reformideen als Beitrag für Weltsynode 
> katholisch.de 7.2.2023

Weltsynode in Prag: Am Ende entscheiden nur die Bischöfe
> katholisch.de 7.2.2023

Tomáš Halík insists that Church needs "profound reform"
> international.la-croix.com 7.2.2023

 


Montag, 6. Februar 2023

Einüben des Zuhörens
Christian Weisner
, Wir sind Kirche-Bundesteam Deutschland

Beim Eröffnungsgottesdienst gestern Abend waren es, jemand hat nachgezählt, 97 Männer, die feierlich in die prächtige Prämonstratenserkirche einzogen. Die Messe heute um 7:30 Uhr im nüchternen Tagungsraum war da sehr viel schlichter. Kardinal Jean-Claude Hollerich in seiner knappen Predigt: Gott ist größer. Und wir als Kirche müssen Christus zu den Menschen bringen, „egal ob die unseren moralischen Ansprüchen entsprechen oder nicht“. neu (https://youtu.be/2DtayaZ-WeU ab Minute 18)

Liebe Schwestern, liebe Brüder!  
Wir gedenken heute des Heiligen Paul Miki und seiner Gefährten, die ersten Märtyrer von Nagasaki. Sie wurden in Kyoto verhaftet, dann als Spektakel zu Fuß durch ganz Japan nach Nagasaki geführt. Es sollte abschrecken. Aber das Gegenteil war der Fall; da die Verfolgung nicht komplett war, sind überall unterwegs die Christen zusammengekommen und die zukünftigen Märtyrer [haben] mit ihnen zusammen gesungen und gefeiert. 
In Nagasaki wurden sie dann gekreuzigt. Jesuiten, Franziskaner, Laien. Paul Miki war zwei Jahre vor seiner Priesterweihe in der Gesellschaft Jesu. Und er hat am Kreuz allen verziehen. Er hat am Kreuz aufgefordert, dass die Soldaten, die Kerkermeister sich taufen lassen sollten. Und die Leute bewunderten seine Rede und deshalb wurden sie dann mit Lanzen erstochen, damit die Predigt am Kreuz nicht weitergehen sollte.  
Was können wir aus ihrem Beispiel lernen? Dass Gott so groß ist, dass er größer ist, als das Leid, die Widerwärtigkeiten, die uns widerfahren können. Ist Gott wirklich so groß in unserem Leben? Wir brauchen kein Martyrium zu fürchten, vielleicht, aber doch manchmal so Unannehmlichkeiten. Ist Gott größer? Richten wir uns an Gott aus, an seinem allgemeinen Heilswillen. Paul Miki hat noch auf dem Kreuz zur Taufe aufgefordert.
Sind wir uns bewusst, dass wir als Kirche eine Mission haben? Den Gekreuzigten und Auferstandenen Herrn zu verkünden.
Die Lesung heute zeigt uns, wie schön Gott die Schöpfung geordnet hat. Das Töten von Menschen, der Hass, die Sünde, der Grund davon ist Zerstören dieser Ordnung Gottes. Als Kirche sind wir aufgerufen, uns für die Welt, und auch die Umwelt, zu engagieren, dass diese Ordnung Gottes wiederhergestellt wird. Und auch da, in Lateinamerika und in vielen anderen Orten dieser Welt, werden Leute getötet, Hass ausgeliefert, weil sie, ja, diese göttliche Ordnung für den Menschen erhalten wollen. 
Im Evangelium sehen wir, wie alle Kranken und Leidenden zu Christus gebracht werden. Tun wir das. Bringen wir alle Kranken und Leidenden zu Christus. Bringen wir alle Leute, ob sie jetzt unseren moralischen Ansprüchen genügen, oder nicht, zu Christus. Und lassen wir dann zu, dass sie Christus berühren können, und sei es nur den Saum seines Gewandes, um geheilt zu werden, um Heil zu erlangen.
Oder machen wir Barriere? Wenn wir uns, von den japanischen Märtyrern inspirieren, müssen wir alle Leute zu Christus bringen. Die uns gefallen, und die uns nicht gefallen. Gott ist größer, als unser menschliches Herz. Amen.

Nach dem Frühstück das Ritual einer Tagungseröffnung: Begrüßung durch Antonio Ammirati, Vize der CCEE (Consilium Conferentiarum Episcoporum Europae = Rat der Europäischen Bischofskonferenzen) und deren Pressesprecher; Erzbischof Jan Graubner, Primas von Prag, Erzbischof Gintaras Grušas von Vilnius und Präsident der CCEE, sowie Kardinal Mario Grech, der Generalsekretär des Synodenbüros in Rom, verlesen ihre Grußworte; Mauricio Lopez Oropeza von der Task Force des Synodenbüros in Rom erklärt den gesamten Vorbereitungsprozess der Weltsynode wie auch den Ablauf dieser Kontinentalversammlung.

Mit nur wenigen Minuten Verspätung dann die spirituelle Einführung durch Prof. Tomáš Halík hier aus Prag, mit dem wir ja schon gestern einen Austausch hatten. Auf Englisch trägt er seine Analyse der kirchlichen Jetztzeit vor, beschreibt mit immer neuen Bildern die Notwendigkeit, zum Kern der christlichen Botschaft zurückzukehren. Seine warme Stimme, seine einladenden Gesten unterstützen sehr seine Botschaft, ohne Furcht in die Zukunft zu gehen. Dieser äußerst lesenswerte Text lag in mehreren Sprachen zum Mitlesen vor. Beim öffentlich zugänglichen Livestream gab es heute leider keine Simultanübersetzung. Die war nur für die 200 Delegierten hier in Prag und hoffentlich für die 390 Online-Delegierten vorhanden. Schade! Vielleicht ist das auch der Grund, dass der öffentliche Livestream nur sehr wenig genutzt wurde.

Das Procedere hier in Prag sieht unterschiedliche, miteinander verwobene Arbeitsschritte vor:

  • Vortrag der Antworten auf die drei Fragen „Einsichten“, „Probleme oder Fragenstellungen“ und „Prioritäten, wiederkehrenden Themen und Handlungsaufforderungen“ (Nr. 106 des Arbeitsdokuments „Mach den Raum deines Zeltes weit“). Die ersten 13 Länder beginnen am Montagvormittag in alphabetischer Reihenfolge. Für Deutschland tragen dies Bischof Georg Bätzing und Irme Stetter-Karp in der vorgegebenen Zeit von sechs Minuten sehr konzentriert vor, nachzulesen bei DBK und ZdK.
  • Gruppenarbeit in 14 nach Sprachen aufgeteilten Arbeitsgruppen mit je einer Arbeitseinheit zu den drei Fragen des Arbeitsdokuments. Nach der „Methode der spirituellen Konversation“ findet hier wohl der intensivste Austausch statt. Delegierte berichten uns, dass hier teilweise sehr kontroverse Einschätzungen aufeinander trafen. Ein Einüben des Zuhörens, das für manche Reformorientierte nur schwer auszuhalten war.
  • Kurzberichte der Gruppenarbeit im Plenum
  • Freie Redebeiträge und Beiträge von Gästen. Hier haben sich u.a. Prof. Thomas Söding und Bischof Georg Bätzing eindrücklich zu Wort gemeldet (im heutigen Livestream ab Minute 1:05 und 1:35).
  • Eine Redaktionsgruppe bereitet parallel dazu das Abschlussdokument vor, das am Donnerstag vorgestellt, diskutiert und zur Abstimmung gestellt wird. Ihr gehört auch Myriam Wijlens an, Professorin für Kirchenrecht und der Universität Erfurt und Beraterin des Generalsekretariat der Synode.

Insgesamt acht sind wir, die heute in der Lobby des Tagungshotels den Livestream verfolgen. Gruppen wie Opus Dei oder Schönstatt sind als Delegierte zugelassen worden. Vielleicht hätten wir uns Monate früher darum bemühen müssen. Aber in der Lobby mit der Möglichkeit, mit den Delegierten ins direkte Gespräch zu kommen, passt es für uns hier in Prag sehr gut. Hier werden wir auch um Interviews gebeten. Die Deutsche Presseagentur DPA brachte heute einen kurzen Bericht über die Versammlung in Prag, der z.B. auch ein Newsportal für Deutsche in Thailand erreicht. Und mit dem großen Banner „EQUALITY for Women, Laity, LGBT+, Married, All“ sind wir auch optisch präsent. Ein tschechischer Aktivist (der nicht zu unserer Gruppe gehört) verteilte ein Flugblatt gegen Vertuschung und Homophobie in der Kirche und erhielt Hausverbot.

 

   

 

Bätzing und Stetter-Karp werben in Prag für den Synodalen Weg
> katholisch.de 2023

Bätzing kritisiert Umgang mit Missbrauchsskandal bei Weltsynode    
> katholisch.de 6.2.2023

Bätzing bei Europa-Synode in Prag: Wir brauchen überzeugende Antworten
> kirche-und-leben.de 6.2.2023

Bischof Bätzing „tief erschüttert“ nach Erdbeben mit über 1000 Toten in Türkei und Syrien
> de.catholicnewsagency.com 6.2.2023

Deutschlands Diözesanräte bekräftigen Schritte zur „synodalen Kirche“
> zdk.de 6.2.2023

 


Sonntag, 5. Februar2023

Zwei Seiten der römisch-katholischen Weltkirche
Christian Weisner
, Wir sind Kirche-Bundesteam Deutschland

Heute geht die Reise von Papst Franziskus in die Demokratische Republik Kongo und den Südsudan zu Ende, über die auch deutsche Medien ausführlich berichtet haben. Ein Papstbesuch lenkt die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit auf Gewalt, Not und Fluchtbewegungen im ärmsten Teil Afrikas. Diese Reise war auch ein ökumenisches Zeichen, das die politische und soziale Kraft des Christentums zeigt. Eine Zeitung titelte: Die Zukunft des Katholizismus ist afrikanisch.

In Prag und in Sidney beginnen heute zwei kontinentale Versammlungen des weltweiten synodalen Prozesses, der vielleicht nicht diese weltweite Aufmerksamkeit erhält, der aber für die Zukunft der inneren Struktur der römisch-katholischen Weltkirche von allerhöchster Wichtigkeit ist. Der australische Kardinal George Pell dagegen, der die „Reinheit der apostolischen Tradition“ in Gefahr sieht, hat noch kurz vor seinem Tod die Weltsynode als „toxischen Albtraum“ bezeichnet. Die Versammlung in Prag könnte die schwierigste sein. Denn hier treffen die Kirchen Westeuropas, die vom Aufbruch des Zweiten Vatikanischen Konzils geprägt sind, auf die Kirchen Osteuropas, die sich angesichts jahrzehntelanger politischer Unterdrückung eher abgeschottet haben. Doch die inneren und äußeren Säkularisierungsprozesse, vor allem aber auch die Erfahrung von Missbrauch und Vertuschung in dem einst so katholischen Polen, machen überall Reformen erforderlich.

Gemeinsam mit anderen Reformgruppen unterstützt Wir sind Kirche International den weltweiten synodalen Prozess. Nach unserer internationalen Online-Pressekonferenz am letzten Montag sind wir jetzt mit einer kleinen Gruppe in Prag, werden die Synodalversammlung per Live-Stream verfolgen, aber vor allem versuchen, mit den Delegierten aus allen Ländern Europas direkt ins Gespräch zu kommen. Wir, das sind: Martha Heizer und Marlies Prinz aus Österreich, Colm Holmes aus Irland, Sigrid Grabmeier, Johannes Grabmeier, Martin Schockenhoff und Christian Weisner. Ich (Christian Weisner) konnte mich auch als Journalist akkreditieren.  

Gestern besuchten wir das Treffen der LGBT+ Katholik:innen hier in Prag. Heute wird sich unsere Delegation mit Prof. Tomáš Halík treffen, der morgen auch die offizielle Prager Versammlung eröffnen wird. Unser Hotel auf halbem Weg zwischen dem Hradschin und dem Tagungshotel der Synodalversammlung liegt zufälligerweise direkt neben der Prämonstratenserkirche, in der heute Abend der Eröffnungsgottesdienst gefeiert wird. Anfang Februar ist es in Prag noch sehr kalt, aber die Sonne scheint über die Goldene Stadt Prag. Könnte es ein Prager Frühling für die Kirche werden? Aber mit besserem Ausgang! Und was passiert in Sidney, wo jetzt gerade Sommer ist?

 

Presse-Echo Synodaler Prozess: Kontinentale Versammlung startet
> religion.orf.at 5.2.2023

 


Sonntag, 5. Februar 2023

Der Vormittag steht uns zur freien Verfügung und wir nützen ihn natürlich, um ein bisschen von der Stadt zu sehen. Gott sei Dank kennt sich Martin hier recht gut aus, und unser Hotel-Standort erweist sich wieder mal als perfekt. Wir gehen ca. 10 Minuten zum Veitsdom, der uns in seiner Majestät sehr beeindruckt, sehen dahinter auch die Georgs-Kirche aus dem 10. Jahrhundert und das „Goldene Gässchen“ mit all den historischen kleinen Häuschen. In einem davon hat auch Kafka gewohnt. Auf dem Spaziergang vom Hradschin hinunter zur Kleinseite und zur Karlsbrücke werden wir mit fotografieren nicht fertig, so wunderschön empfinden wir diese Stadt.

Um 14 Uhr sind wir mit Adela und Peter Muchova vor der Salvatorkirche der Hochschulgemeinde Prag verabredet, die sich direkt gegenüber der Karlsbrücke befindet. Wir sind eingeladen zum Gottesdienst mit Prof. Tomas Halik, der uns am Beginn eigens begrüßt (auf den für uns reservierten Plätzen). Er liest dann auch speziell für uns das Evangelium auch auf Deutsch vor und fasst seine tschechische Predigt für uns auf Deutsch noch einmal zusammen: „Ihr seid das Salz der Erde!“

Danach setzen wir uns mit Prof. Halik und Adela und Peter Muchova in der Krypta der Kirche zusammen, überreichen unsere Gastgeschenke (Speck aus Triol, Mozartkugeln aus Salzburg, Bücher der Kirchenvolks-Bewegung, Kulis mit der Aufschrift „Gleichberechtigung in der Kirche“, Feuerzeuge mit „Gebt der Kirche Feuer!“ usw.). Prof. Halik lächelt und meint, das wäre ja wie Weihnachten. Wir reden über unsere Erwartungen an diese Synodalversammlung, und Prof. Halik meint, dass zu viele unterschiedliche Kirchenverständnisse „am Tisch“ wären und dass es mehr als diese paar Tage brauchen werde, um damit zu einem guten Ergebnis für alle zu kommen. Wie Recht er doch hat! Wir verabschieden uns sehr herzlich und freuen uns sehr, dass dieses Treffen möglich war.

Zurück im Hotel begrüßen wir freudig Colm Holmes, den Vorsitzenden von We are Church-International, der aus Irland gekommen ist. Auch er mit schwerem Gepäck, wie sich noch zeigen wird…. Auch Rasto Kocan und Antonin Cech aus Bratislava (beide von OK 21 und ICRN) sind nun angekommen und werden uns bei unseren Demos und im Hotel Pyramida, wo die Versammlung stattfindet, unterstützen.

Gegen 18 Uhr bewegen wir uns zur Prämonstratenserkirche des Klosters Strahov (unser Hotel ist quasi Tür an Tür). Hierher kommen um 19 Uhr die Delegierten der Kontinentalversammlung. Wir haben unsere große Fahne aufgerollt und verteilen unsere Postkarten mit den Zitaten der Päpste. Auch die Rainbow-Leute haben ein Banner und sie verteilen Schokolade. Beides – Schokolade und Postkarten – werden von manche gerne und sehr freundlich angenommen, manche allerdings reagieren indigniert und einige auch sehr arrogant und abweisend.

Der Gottesdienst selber stimmt mich sehr eigenartig. Schon der von triumphaler Orgelmusik begleitete feierlich Einzug der Bischöfe (alle mit Hüten und langen Kleidern) und das aufliegende Textheft mit lateinischen Gebeten und gregorianischer Musik bewirken, dass ich mich hier nicht wirklich daheim fühle. Auch die Sitzordnung: alle Kleriker in den weißen Gewändern um den Altar – und wir reden hier von beinahe 100 - , alle „normalen Gläubigen“ dahinter, erzeugt bestimmte Erwartungen, und ich werde nicht enttäuscht ☹! Die Predigt in Deutsch ist zwar verständlich, aber nicht wirklich beeindruckend. Unter diesen Voraussetzungen ist es nicht einfach, sich auf die besondere Gegenwart Jesu zu konzentrieren. Umso überzeugten bin ich wieder, dass Jesus mit uns auf dem Weg ist und uns ständig begleitet. Wie es ihm mit dieser Form der Verherrlichung geht, die ja vermutlich auch gut gemeint ist und nicht nur den eigenen Bedürfnissen der Kleriker entgegenkommt, weiß ich natürlich nicht. Sie entspricht nicht wirklich dem, was er uns gelehrt hat.

Wir haben dann mit unseren slowakischen Freunden und den LGBTQ+Leuten gleich im Klosterareal zu Abend gegessen und die deftige böhmische Küche genossen. Sie ist nicht umsonst besonders berühmt!

Beim Einschlafen denke ich darüber nach, was mich wohl in den kommenden Tagen erwartet. Große Hoffnung fühlt sich anders an.

Martha Heizer, Wir sind Kirche-Österreich

 


Samstag, 4. Februar 2023

Ziemlich früh mache ich mich von Innsbruck auf den Weg nach Prag – mit schwerem Gepäck: Im Koffer sind Plakate und 500 Postkarten mit Zitaten von Johannes XXIII und Franziskus I.

In Linz treffe ich Marlies Prinz. Ich freue mich sehr, dass sie mit mir zur Kontinentalversammlung fährt. Sie ist vor kurzem in unser Leitungsteam kooptiert worden und wir haben Zeit, uns ein bisschen voneinander zu erzählen.

Wir kommen um dreiviertel vier an und haben es eilig. Hier treffen wir auf Martin Schockenhoff von WsK-Deutschland, der aus Stuttgart angereist ist. Prag empfängt uns strahlend, die Stadt wird ihrem Ruf als „Goldenes Prag“ durchaus gerecht. Allerdings ist es ziemlich kalt. Diese Kälte wird uns die ganze Woche begleiten…

Wir wollen unsere Freund*innen von den Rainbow Catholics Europe treffen – aber sie schließen ihre Versammlung um fünf. Also schnell ins Hotel, wo Christian Weisner schon auf uns wartet. Gott sei Dank versammeln sich die LGBTQ+ Leute ganz in der Nähe des Hotels, sodass wir sie auch gleich finden. Schön, viele alte Bekannte zu sehen und einige neue Gesichter zu entdecken! Miroslav Matavkà, der in unserer Pressekonferenz im Vorfeld der Versammlung ein sehr klares Statement abgegeben hatte, leitete zusammen mit der queeren Theologin Susanne Birke aus der Schweiz (sie arbeitet für das Bistum Basel) dieses Treffen. «Wir wünschen uns Akzeptanz. Offene Arme. Gott hat uns so geschaffen, wie wir sind. Wir möchten auch nicht einfach geduldet sein – wir sind Geschenk für die Kirche, mit all unseren Charismen und Talenten“, sagt Chris aus Malta.

Nach einer abschließenden Andacht ist noch ein kleiner Rundgang durch die „Kleinseite“ Prags drin und ein gutes Abendessen im Restaurant „St. Martin“, das uns einer der Rainbow Catholics empfohlen hat. Die beste Ente meines Lebens!!

Martha Heizer, Wir sind Kirche-Österreich

 

 

 

Einige Stimmen im Vorfeld der Synodalversammlungen

Johanna Beck: Ohne die Betroffenen?
> Christ in der Gegenwart 5.2.2023

Synodaler Weg und Weltsynoden-Treffen: Was beide gemeinsam haben
> katholisch.de 5.2.2023

Renovabis-Chef zu Kontinentaltreffen: Blockbildungen verhindern 
> katholisch.de 4.2.2023

Oceania Continental Assembly for the Synod begins on Sunday
> vaticannews.va 3.2.2023

Fundamentaltheologe Magnus Striet zu neuen Franziskus-Äußerungen:
Der Synodale Weg "elitär"? Ein irritierender Vorwurf
> katholisch.de 31.1.2023

 

Zuletzt geändert am 17­.04.2023