Magnus Lux beim Rotary-Club 24.7.2023 in Königsberg

Quo vadis, katholische Kirche?

Wer bin ich?

Magnus Lux, 79 Jahre,
Priesterseminar und Studium der Philosophie und Theologie in Bamberg,
nach dem sog. Freisemester in Münster geblieben bis zum Diplomexamen
1970 Priesterweihe und Kaplanzeit
1974 aufgehört, weil ich mir nicht mehr von anderen Leuten vorschreiben lassen wollte, wie ich zu leben hätte, sog. Laisierung
Studium der Germanistik in Würzburg, Staatsexamen
Lehrer am Gymnasium in Haßfurt mit den Fächern kath. Religionslehre, Deutsch, Geschichte, seit 2008 als OStR pensioniert
kirchlich verheiratet, 4 Kinder, 5 Enkelkinder
in der Diözese Würzburg jahrzehntelang aktiv in der Ehevorbereitung und in der Erwachsenenbildung sowie in Seminaren für Pfarrgemeinderäte
12 Jahre im Sprecher*innen-Team der KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche



Meine Zuhörer und Gesprächspartnerinnen heute

Junge und Ältere, auch Alte wie ich – Männer und Frauen
Glaubende Menschen in der kath. bzw. ev. Kirche – reformorientiert oder eher konservativ, aus der Kirchensteuergemeinschaft Ausgetretene
Humanisten, vielleicht Atheisten:
Inwieweit betrifft Sie das Thema „Quo vadis, katholische Kirche?“

Kirche und Gesellschaft
Wie Kirche sich darstellt, ist nicht nur ein kirchliches Problem, sondern geht die ganze Gesellschaft an.
Als Mitglied der Kirche bin ich Bürger bzw. Bürgerin in dieser Gesellschaft und in diesem Staat.
Wir alle sind Mitbürger und Mitbürgerinnen, die nach dem Gelingen menschlichen Lebens streben, in gemeinsamer Verantwortung und in Achtung vor dem Denken und Handeln der anderen. Geeint sind wir alle in der Frage nach dem Woher und Wohin und Wozu.
So geht alle an: Quo vadis, katholische Kirche?

Quo vadis, katholische Kirche?
Unterschiedliche Sichtweisen und Strömungen in der Kirche


Unterschiedliche Sichtweise Glaube – Vernunft
* Lied 18. Jh.: „Unser Glaub‘ ersetze alles, was der Sinn nicht fassen kann.“ (Christen singt mit frohem Herzen)
** Karl Rahner (1904-1984): intellektuelle Redlichkeit
Anselm von Canterbury bereits 11. Jh.: Fides quaerens intellectum – Glaube,
der nach Einsicht sucht

Unterschiedliche Sichtweise Glaube – Welt
* Tertullian als Verteidiger des Christentums im 3./4. Jh.: anima naturaliter christiana – die Seele ist von Natur aus christlich
** heute: christlicher Glaube ist von Natur aus human, auf den Menschen heute bezogen, nicht: Rette deine Seele, nicht nur das Jenseits im Blick.
Lied: Leben, Leben wird es geben, Leben, Leben vor dem Tod

* Papst Benedikt mahnt bei seinem Besuch in D Entweltlichung der Kirche an.
** Zweites Vatikanisches Konzil: als Glaubende in dieser unserer Welt und mit dieser Welt leben.

Unterschiedliche Sichtweise Kirche, Unterschiedlicher Sprachgebrauch:
* Kleriker – Laien: zwei Stände in der Kirche, Kleriker als die eigentliche Kirche
** NT: Kleriker = von Gott Erwählte, das sind alle Getauften
Laien = Mitglieder des Volkes Gottes, also auch die sog. Kleriker
Schon Papst Pius XII: Die Laien gehören nicht zur Kirche, sie sind Kirche
2. Vat. Konzil: Kirche als Volk Gottes unterwegs

* Papst: Heiliger Vater
** NT: Ihr sollt niemand auf Erden euren Vater nennen; denn nur einer ist euer Vater, der im Himmel (Mt 23,9). Vater war der Herr über das Leben.
Liturgie: In Wahrheit ist es würdig und recht, dir, Herr, heiliger Vater, immer und überall zu danken – damit ist Gott gemeint
Sprache ist verräterisch, Sprache ist Denken

Unterschiedliche Sichtweise katholische Kirche – Weltkirche
* katholische Kirche = römisch-katholische Kirche
** lateinische Kirche ist eine von 24 mit dem Papst verbundenen Teilkirchen mit je eigenem Recht und eigenem Ritus, z.B. griechisch-katholisch. Dazu alt-kath.


* Weltkirche – Teilkirche:
Papst Leo IX. und das 1. Vat. Konzil (1869-1870): Primat des Papstes > Bischofsernennungen: Bistümer als Teilkirchen, Bischöfe = Abteilungsleiter
** Die „Kirche“ ist die Ortskirche, das Bistum; der Bischof von Rom ist Leiter der Weltkirche. Italien: 155 Bistümer, Deutschland 27

* Unfehlbarkeit als Dogma: die Institution erklärt sich selbst zum Glaubenssatz und beansprucht die alleinige Deutungshoheit über das Wirken Gottes
** vgl. Karl Rahner: das absolute Geheimnis, Gott genannt
d.h.: wir können uns der Wahrheit immer nur annähern; wir: alle Getauften!

Unterschiedliche Sichtweise Kirche und kirchliche Gemeinschaften: Ökumene
* „getrennte Brüder“ als Einzelpersonen
Papst Benedikt spricht der evangelischen Kirche das Kirche-Sein ab
** Konzil: Kirchen des Ostens – Kirchen und kirchliche Gemeinschaften des Westens
heute: Überzeugung eines Großteils der Katholik*innen nicht nur in Deutschland: Einheit in Vielfalt, Einheit bedeutet nicht Einheitlichkeit



Aufbrüche in der katholischen Kirche: Reform und Beharren

* Zweites Vatikanisches Konzil (1962-1965)
* Papst Johannes XXIII. (1958-1963) kündigt zum Entsetzen der Kurie ein Konzil an: Fenster öffnen und Staub der Jahrhunderte wegfegen: Aggiornamento – Heutigwerden. Tradition heißt: „das Feuer hüten, nicht die Asche bewahren“.
** Gegner jeder Reform sehr stark, vieles steht nebeneinander: Kompromisse!
Ergebnis: beide Seiten können sich auf das Konzil berufen. Deutung: Zielrichtung ist, was neu gesagt wird. Papst Paul VI. (1963-1978) hat das Konzil zu Ende geführt, aber „gezähmt und eingefroren“ (Abt von St. Paul in Rom).

** Nachkonziliare Erstarrung
Papst Johannes Paul II. (1978-2005) und Joseph Ratzinger, der Präfekt der Glaubenskongregation (1981-2005), später Papst Benedikt XVI. (2005-2013) haben 35 Jahre lang das Rad wieder zurückgedreht. Lex ecclesiae fundamentalis (Paul VI.), ein Grundgesetz der Kirche, das die Rechte des Volkes Gottes festlegen sollte, auf Eis gelegt: Zementierung des Klerikalismus, der im NT nicht grundgelegt ist.

* Wir sind Kirche: KirchenVolksBegehren 1995
Ausgangspunkt: Skandal um sexualisierte Gewalt, also Missbrauch, durch den Wiener Kardinal Groër: ein Kardinal als Täter!
Innerhalb weniger Tage wurden die 5 Forderungen des KirchenVolksBegehrens in Österreich formuliert und von Südtirol und Deutschland übernommen.
Gefordert wurde eine Erneuerung der katholischen Kirche:
Geschwisterliche Kirche
Frauengerechtigkeit
Aufhebung Pflichtzölibat
Positive Bewertung der Sexualität
Frohbotschaft statt Drohbotschaft
Allein in Deutschland von 1,8 Millionen unterschrieben.

** Gegenwind
Kardinal Lehmann, der damalige Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, wurde gefragt, ob er mit dem Bündel von 1,8 Millionen Unterschriften nach Rom gehen werde. Seine Antwort in etwa. Das interessiert doch niemand!
Er warnt vor einem „schiefen und falschen Bild der Kirche“
(
Deutsche Tagespost, 21.11.1995),
und meint zum KirchenVolksBegehren: „kein geeigneter Beitrag zum Dialog“ (Kirche heute, Nr. 12, Dezember 1995, 12).



Quo vadis, katholische Kirche?
Der Synodale Weg in Deutschland


Ausgangspunkte
* jahrelange Kirchenkrise durch rückwärtsgewandtes Handeln der Kirchenleitung

* der Bostoner Skandal (2002):
Erzbischof Law gibt im Februar 2002 auf öffentlichen Druck hin die Namen von 90 Priestern preis, die des sexuellen Missbrauchs von Kindern beschuldigt wurden.
Kardinal Lehmann dazu: Das betrifft uns in Deutschland nicht.

* Papst Benedikt XVI. erklärt 2009/2010 zum Priesterjahr und zitiert in seinem Schreiben den Pfarrer von Ars:
„Oh, wie groß ist der Priester! … Gott gehorcht ihm: Er spricht zwei Sätze aus, und auf sein Wort hin steigt der Herr vom Himmel herab und schließt sich in eine kleine Hostie ein…“ „Nach Gott ist der Priester alles!“ Nichts geht ohne den Priester!
** Zur Erinnerung: Die irische Kirche hat 700 Jahre unter englischer Herrschaft mit nur wenigen Priestern überlebt! In Lateinamerika: Priester 1x im Jahr!

* 2010 enthüllt P. Mertes den Missbrauchsskandal am Canisius-Kolleg in Berlin:
ein Dammbruch; denn bisher wurde immer alles unter den Teppich gekehrt, in den Bistümern und in Rom. Pater Mertes als Nestbeschmutzer verunglimpft, aber die Lawine war nicht mehr aufzuhalten.

* 2018 Vorstellung der MHG Studie (
Mannheim, Heidelberg und Gießen), im Auftrag der Bischöfe erstellt: nicht nur persönliches Versagen, sondern institutionelles Versagen der Kirche. Möglicher Risikofaktor Zölibat, Missbrauch von Macht aufgrund klerikaler Machtstrukturen.

* 2019 beschließen die deutschen Bischöfe einen „synodalen Weg“ zu Sexualmoral und Zölibat.
Rechtlich keine Synode, aber auch nicht unverbindlich.
Enge Zusammenarbeit mit den „Laien“, dem ZdK
Sitzordnung alphabetisch, Einzug zur ersten Versammlung in lockerer Form,
nicht: erst Kardinäle, dann Erzbischöfe, dann Bischöfe, dann Weihbischöfe, dann erst die „Laien“. **Dazu Kardinal Woelki: Das ist nicht katholisch!
Die Gegner sagen bis heute: Der Synodale Weg ist ein Nullum.


Gründe für ein neues Format
* Die Würzburger Synode (1971-1975): Konzil in Deutschland verwirklichen. Ein Bekenntnis zum Glauben in dieser Zeit – bindende Entscheidungen!
>>> nur z.T. verwirklicht, z.T. wieder zurückgenommen, z.B. Laien-Predigt
Anfrage an Rom zum Diakonat der Frau: nicht einmal den Eingang bestätigt.
* Dialogprozess, schnell herabgestuft zum Gesprächsprozess (2011-2015): bischofzentriert, die Laien durften mitreden: „Sandkastenspiel“
lt. Bischöfen: nur „Vergewisserung“ – ohne Nachhaltigkeit


Themen des Synodalen Weges (2019-2023)
Macht und Gewaltenteilung in der Kirche –
   Gemeinsame Teilnahme und Teilhabe am Sendungsauftrag

Priesterliche Existenz heute
Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche (vom ZdK gefordert)
Leben in gelingenden Beziehungen – Liebe leben in Sexualität und Partnerschaft
>>> das sind die Themen des KirchenVolksBegehrens von Wir sind Kirche 1995!
Die Kirchenreform ist mitten in der Kirche Deutschlands angekommen!

Vorbehalte der Gegner in Deutschland und aus Rom
deutscher Sonderweg, deutsche Nationalkirche: Gefahr des Schismas, der Kirchenspaltung,
Querschüsse aus Rom – manche sagen: von deutschen Bischöfen bestellt
* Es darf nichts beschlossen werden, was dem Kirchenrecht widerspricht.
** Wer setzt das Recht? Wem dient es? Wen schließt es aus? Wer kontrolliert?
Recht entwickelt sich nachrangig nach den Gegebenheiten! Also veränderbar.

* Papst Franziskus: Wir brauchen keine zweite evangelische Kirche in D.
** Die Reformer*innen meinen: Wir brauchen eine Kirche, die sich wieder am Evangelium, nicht am Kirchenrecht und an der Dogmatik orientiert.

Synodaler Weg vor dem Scheitern? 4. Vollversammlung September 2022

Ein grundlegender Text zur kirchlichen Sexualmoral, zwar mit großer Mehrheit angenommen, scheiterte bei der Abstimmung an der notwendigen Zwei-Drittel-Mehrheit der Bischöfe
(auf Druck von Rom im Statut)

Große Enttäuschung, in der Debatte war Ablehnung nicht absehbar gewesen.
* Vorwurf: Bischöfe stehen nicht zu ihrer Meinung! Manche Bischöfe hatten verlangt, beim Streaming Kamera und Ton auszuschalten, wenn sie sprechen.
* Gefragt wurde: Was ist davon zu halten, wenn ein Bischof seine Meinung nicht vor denen vertritt, für die er Bischof ist? Oder: Warum sollen wir zu den Bischöfen stehen, wenn die Bischöfe nicht zu uns stehen?

** Für die folgenden Abstimmungen wurde namentliche Abstimmung beschlossen. Ergebnis: Die weiteren Texte wurden alle angenommen, z.T. allerdings verwässert.

Beschlüsse: 5. Vollversammlung Marz 2023
Der Synodale Weg: hören, lernen, neue Wege gehen (Präambel)
Grundtexte entsprechend den Themenbereichen

Handlungstexte
Verkündigung des Evangeliums durch Lai*innen in Wort und Sakrament
Prävention sexualisierter Gewalt, Intervention und Umgang mit Tätern in der katholischen Kirche
Synodalität nachhaltig stärken: Ein Synodaler Rat für die katholische Kirche in Deutschland
Segensfeiern für Paare, die sich lieben
Frauen in sakramentalen Ämtern – Perspektiven für das weltkirchliche Gespräch
Lehramtliche Neubewertung von Homosexualität
Umgang mit geschlechtlicher Vielfalt
Der Zölibat der Priester – Bestärkung und Öffnung
Grundordnung des kirchlichen Dienstes
Einbeziehung der Gläubigen in die Bestellung des Diözesanbischofs

Quo vadis, katholische Kirche?
Wie weiter
in Deutschland?

Synodaler Ausschuss – Synodaler Rat
Ein Synodaler Ausschuss soll den Ständigen Synodalen Rat in Deutschland vorbereiten.
* 4 Bischöfe haben die Gelder blockiert; Bischof Oster: aus Gewissensgründen,
Kardinal Woelki bescheinigt dem SW eine mangelnde theologische Tiefe.
** Das ZdK fordert Mitspracherecht: Das Geld der Diözesen ist nicht das Privatvermögen der Bischöfe, sondern das Geld der Glaubenden.

Der Synodale Rat wird nach den Worten des Vorsitzenden der DBK, Bischof Bätzing, dennoch kommen; der römischen Kurie seien die Verhältnisse in Deutschland nicht vertraut. Im Übrigen müssen die Beschlüsse von jedem einzelnen Bischof für seine Diözese angenommen werden, kein Bischof ist dazu verpflichtet.



Quo vadis, katholische Kirche?
Wie weiter in der Weltkirche?


Bischofssynoden 2023 und 2024 in Rom
Die Themen sind letztlich die gleichen wie in Deutschland; denn Probleme gibt es überall in der Weltkirche, in allen Erdteilen
Unterschiedliche Vorstellung von Synode: Nur die Bischöfe entscheiden!
nicht ganz: Es werden 80 handverlesene „Laien“, davon 40 Frauen mitberaten und mitentscheiden. Sie fallen freilich zahlenmäßig nicht ins Gewicht. Aber immerhin ist es ein neuer Weg. Die PM von Wir sind Kirche in den vatican news!
Letztlich entscheidet der Papst allein. Bei der Amazonassynode hat er die mit großer Mehrheit gefassten Beschlüsse der Bischöfe nicht angenommen.

EB Víctor Fernández, der künftige Präfekt der Glaubenskongregation und damit der 2. Mann im Vatikan: Fortschritte beim Thema Frau in der Kirche (vn 9.7.23)
Papst Franziskus wolle Inkulturation; Einförmigkeit sei Verrat am Heiligen Geist.



Quo vadis, katholische Kirche?
Wie weiter mit der Glaubensgemeinschaft?


* Bischof Franz-Josef Overbeck, Essen (katholisch.de 19.4.23):
„Wir stehen an einer Stelle in der Geschichte der Kirche, in der es zumindest so viele Veränderungsprozesse gibt wie vor 1.000 Jahren.“ … „Das ist intensiver und radikaler als die Reformation.“

* Annette Zoch, Süddeutsche Zeitung, auf katholisch.de, der Internetseite der deutschen Bischöfe (3.6.23):
„Die katholische Kirche steckt in einer selbstverschuldeten und sich auf fatale Weise selbst beschleunigenden Abwärtsspirale. Die zunehmende Selbstbeschäftigung wird mehr Menschen aus der Kirche treiben, die sinkende Mitgliederzahl führt zu Spardruck und dem Rückgang kirchlicher Angebote in der Fläche. Doch gerade dort wäre eine sichtbare Kirche wichtig, denn gerade dort kann sie sich noch beweisen: Als Ansprechpartner für notleidende Menschen, in seelischen Krisen, an Wegscheiden des Lebens – überall dort, wo sie die Botschaft Jesu Christi erfahrbar machen kann. Die Institution Kirche ist dabei nicht so wichtig – aber das Evangelium ist es.“



Quo vadis, katholische Kirche?
Wie weiter mit dem Glauben?

* Jochen Hilberath, em. Dogmatiker: Kirche ist kein Folklore-Verein. Christentum muss authentisch und biblisch-jesuanisch sein. (katholisch 29.6.)

* Es stehen nicht nur die Verfasstheit der Kirche und ihrer Leitungssysteme in Frage, es geht darum, wie die Botschaft des Evangeliums heute gedeutet, verstanden, umgesetzt und vorbildhaft gelebt wird.
Wir können den Glauben nicht mehr mit philosophischen Kategorien der Griechen erklären, wir können den Glauben nicht mehr wie die Römer verrechtlichen. Glauben ist nicht ein Für-wahr-Halten von überkommenen Glaubens-Sätzen, sondern das Ur-Vertrauen, dass Gott auf unserer Seite steht.

Aber was meinen wir, wenn wir heute von Gott reden?

* der ev. Theologe Paul Tillich (1886-1965): Gott ist, was uns unbedingt angeht.

* Karl Rahner: das absolute Geheimnis, Gott genannt.
Auf der Würzburger Synode vor gut 50 Jahren: „Gott sei Dank gibt es das nicht, was sich 60-80 Prozent der Katholiken unter Gott vorstellen.“

* Kardinal Karl Lehmann 2004: „Das Zweite Vatikanische Konzil konnte noch relativ beruhigt von Gott reden und das Bekenntnis an ihn voraussetzen. Inzwischen sind alle Selbstverständlichkeiten, wenn sie es je waren, in diesem Bereich Vergangenheit.“ (katholisch Bistum Mainz, 22.1.2004)

Resümee: Quo vadis, katholische Kirche?

Ecclesia semper reformanda – die Kirche ist immer reformbedürftig
Die katholische Kirche wird nicht mehr wie selbstverständlich an dem festhalten können, was ist. Re-form ist immer auch ein Rückblick auf das, was früher einmal anders gelebt worden ist. Letztlich ist es eine gefährliche Erinnerung an die befreiende Botschaft vom Reich Gottes: dem Reich der Wahrheit und des Lebens, dem Reich der Gerechtigkeit, der Liebe und des Friedens. Wir brauchen eine Neu-Orientierung an der Botschaft des Mannes aus Nazaret, Jesus, den die Christ*innen als den Christus bekennen.

katholisch heißt „weltweit“ – „Die Sache Jesu braucht Begeisterte“:
Kirche ist die Gemeinde derer, die sich für eine neue Welt begeistern

* Ich bin überzeugt:
Menschen suchen die Wahrheit und lassen sich nicht mit Fake-news abspeisen
* Ich bin überzeugt:
Menschen setzen sich für das Leben ein, ein lebenswertes Leben für alle, ohne Diskriminierung nach Geschlecht, Volkszugehörigkeit oder Hautfarbe
* Ich bin überzeugt:
Menschen suchen nach Gerechtigkeit – gegen jede Form von Unterdrückung
* Ich bin überzeugt:
Menschen suchen nach Liebe, eine Liebe, die andere annimmt und gelten lässt und die sich besonders für die am Rande Stehenden einsetzt
*Ich bin überzeugt:
Menschen suchen nach Frieden, gerade heute, wo Krieg in unserer Nachbarschaft wütet
* Ich bin überzeugt:
Menschen suchen nach Menschlichkeit.

Christen und Christinnen erinnern sich an die Botschaft von Weihnachten: Erschienen ist die Güte und Menschenfreundlichkeit unseres Gottes
Christ*innen erinnern sich: Seht, ich mache alles neu! (Off 21,5)


Quo vadis, katholische Kirche?
Wir brauchen ein neues Pfingsten: Lassen wir uns be-geistern!


Magnus Lux


Karl Rahner (1904-1984): anonymes Christentum
Dorothee Sölle (1929-2003): verborgene Kirche

Zuletzt geändert am 25­.07.2023